Lokalbahn Vöcklamarkt-Attersee
Die Lokalbahn Vöcklamarkt-Attersee (Attergaubahn) wird von Stern & Hafferl betrieben und ist eine öffentliche Verbindung zwischen der Westbahn und dem Attersee.
Geschichte
Die Konzession zum Bau und Betrieb der schmalspurigen (1m) Lokalbahn wurde der Marktgemeinde St. Georgen im Attergau am 6. April 1912 erteilt. Schon seit Jahren strebte die Bevölkerung des Attergaus, insbesondere des Hauptortes St. Georgen, nach einem Verkehrsmittel, das raschen und billigen Personen- und Frachtverkehr ermöglichen würde. Besondere Verdienste um den Bau erwarben sich der Reichsratsabgeordnete Heinrich Pichler und der Baumeister Johann Lukas aus St. Georgen im Attergau sowie der Gemeindearzt Dr. Anton Scheiber aus Vöcklamarkt.
Unmittelbar nach der Konzessionserteilung wurde am 6. Mai 1912 mit dem Bau durch die Baufirma Stern & Hafferl, Gmunden, begonnen. In der Folge wurde die Aktiengesellschaft "Lokalbahn Vöcklamarkt-Attersee" gegründet, welche am 5. April 1913 im Handelsregister eingetragen wurde und die Rechte der Konzession von der Marktgemeinde St. Georgen übernahm. Hauptgesellschafter wurde die Baufirma Stern & Hafferl.
Nach nur acht Monaten Bauzeit - heute schwer vorstellbar - erfolgte am 14. Jänner 1913 die feierliche Eröffnung der 13,4 km langen Bahn. Die Teilstrecke Bahnhof Attersee - Landungsplatz und des Industriegleises zum Auslieferungslager der Brauerei Zipf in Attersee wurde am 1. Juni 1913 eröffnet. Beide Teilstrecken wurden in den 1970er Jahren abgebaut.
Diese Lokalbahn war die verwirklichte Teilstrecke der geplanten Voralpenbahn von Ried - Vöcklamarkt - Attersee - Weyregg - Gmunden - Vorchdorf - Kirchdorf. Gebaut wurde lediglich noch die Strecke Gmunden - Vorchdorf. Der Attersee zwischen Attersee und Weyregg sollte dabei im Trajektverkehr mit einer Eisenbahnfähre überbrückt werden. Zwei Elektroschiffe wurden von der Firma Stern & Hafferl angeschafft und 1913 in Betrieb genommen. Der Erste Weltkrieg stoppte den weiteren Ausbau der Voralpenbahn, der auch nach dem Krieg nicht mehr zustande kam. 1923 kaufte die Firma Stern & Hafferl die bestehende Attersee-Schifffahrt und brachte ihre Elektroschifffahrt ein.
Schon 1896 wurde eine 0,76m-Spurbreite-Bahn von Timelkam über St. Georgen nach Mondsee geplant. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde wiederum eine Bahnverbindung von Mondsee - St. Georgen - Vöcklamarkt - Ried geplant. Der Ausbau der Straßen brachte das Projekt zu Fall.
Neben dem Personenverkehr, der vor allem das Ziel verfolgte, möglichst viele Sommerfrischler von der Westbahn an den Attersee und in den Attergauzu bringen, spielte der Frachtverkehr auf der Attergaubahn eine wesentliche Rolle. Vor allem Schnittholz aus den Sägewerken im Attergau wurde zur Westbahn gebracht. Das Sägewerk Häupl in Attersee besaß eine motorbetriebene Plätte aus Stahl, mit welcher nicht nur Flöße gezogen, sondern auch ganze, mit Holz beladene Eisenbahnwaggons bis 1966 vom Sägewerk zu den Anschlussgleisen der Bahn gebracht wurden. Eine Besonderheit war auch der Biertransport von der Brauerei Zipf in das Bierdepot in Attersee am Attersee.
Der Trajektverkehr mit der Häuplplätte
Eisenbahnfähren werden als Trajektschiffe bezeichnet. Das Sägewerk Franz Häupl in Attersee erwarb 1942 von der Schiffswerft Linz ein solches motorbetriebenes Trajektschiff zum Transport von Holzlieferungen mit Güterwaggons vom Sägewerk zur Schmalspurbahn in Attersee. Auf dem Stahlplattendeck des Schiffes waren Geleise montiert, auf denen drei Waggons der Länge nach Platz fanden. Gewöhnlich wurde dieses Schiff Häuplplätte genannt.
Der Schienenstrang der Attergaubahn wurde zu diesem Zweck vom Bahnhof Attersee bis zur Mole bei der Zentrale der Attersee-Schifffahrt verlängert. Der Gleisanschluß war mit Handwinden verstellbar um zwischen Schiff und Mole eine flexible Verbindung herzustellen. Die leeren Waggons wurden vom elektrischen Triebwagen mit einem leichten Zwischenwagen auf das Schiff geschoben und die beladenen Waggons mit einer Trosse vom Schiff über den steilen Anstieg vom See hinauf zum Bahnhof gezogen. Am Bahnhof Vöcklamarkt musste das Holz von den Schmalspurwaggons zum Weitertransport händisch in die Normalspurwaggons der Westbahn umgeladen werden. Auf Grund der Entwicklung im Straßenverkehr wurde der Trajektverkehr 1966 aufgelassen und die Mole 1972 abgetragen. An ihrer Stelle wurde ein Schrägaufzug errichtet um die Atterseeschiffe an Land ziehen zu können.
Der Anschluss zur Attersee-Schifffahrt
Die Häupl-Plätte mit Langholz für den Schiffsbau um 1950
Das Trajektschiff - Häuplplätte - bringt die beladenen Waggons zur Mole der Attergaubahn
Sonderfahrten
Die Attergaubahn betreibt neben dem planmäßigen Verkehr auch Sonderfahrten. Sehr beliebt sind die Bummelzugfahrt in Kombination mit der Attersee-Schifffahrt und die Fahrt zum Keltenbaumweg. Interessierte können auch einen Hobbyzugführerschein erwerben.
Zukunft
2012 wurden die Bahntrasse und Haltestellen weiter verbessert. Die Brücke über die Dürre Ager bei St. Georgen wurde neu errichtet.
Ab 2016 werden neue Zuggarnituren (Tramlink der Firma Vossloh) auf der Attergaubahn zum Einsatz kommen. Damit soll ein massiver Qualitätssprung erreicht und steigende Fahrgastzahlen - von derzeit 260.000 Beförderungen je Jahr - bewirkt werden.
Video: Fahrt von Vöcklamarkt nach Attersee
Wenn Sie 25 Minuten Zeit haben, können Sie hier die gesamte Strecke von Vöcklamarkt nach Attersee mitfahren.
100-Jahr-Jubiläumsfahrt
Exakt am gleichen Tag (14. Jänner) und zur gleichen Uhrzeit (8:45 Uhr) wie vor 100 Jahren lud der Museumsverein Vöcklamarkt zur 100-Jahr-Jubiläumsfahrt der Attergaubahn von Vöcklamarkt nach Attersee und retour. Hier ein paar Eindrücke:
Fahrplan
Lage
Quelle
- Mitteilungen des Heimatvereins Attergau, Sonderausgabe März 2003
- Stern & Hafferl
- Firmenarchiv Stern & Hafferl
Literaturhinweis
- Karl Ammerer-Willibald: Vöcklamarkt in alten Tagen, Ausgabe 1999, ISBN 3-900847-75-4.
Detailbeschreibung "Umfassende Lokalbahn-Projekte", ab Seite 417.