Elektrifizierung im Attergau
Die Versorgung des Attergaues mit elektrischer Energie ist untrennbar mit dem Unternehmen Stern & Hafferl verbunden. Ausgehend vom Wasserkraftwerk am Traunfall bei Gmunden wurde nach und nach der ganze Attergau mit Strom versorgt. Gleichzeitig wurden aber auch einige Kleinkraftwerke zur privaten Stromversorgung errichtet.
Geschichte
Im Jahr 1883 schließen sich die beiden Ingenieure Josef Stern (34) und Franz Hafferl (26) zusammen und erhalten am 24. Dezember 1883 in Wien die
Konzession zur Errichtung und zum Betriebe eines Vermittlungsbüros, ausschließlich zum Zwecke der Verfassung der Projekte für Lokalbahnen und Ausführungen der hierzu benötigten Vorarbeiten.
Bereits 1884 wurde der Hauptstandort der Firma von Wien nach Gmunden verlegt. Josef Stern erkannte die große Bedeutung der Elektrizität und leitete mit dem Bau der ersten Dampfzentrale 1894 in St. Wolfgang die öffentliche Stromversorgung in Oberösterreich ein.
Am Traunfall bei Gmunden wurde 1901 von Stern & Hafferl das erste Drehstrom-Wasserkraftwerk Oberösterreichs in Betrieb genommen. Danach begann ein zügiger Ausbau der Wasserkraft und des Stromnetzes im Salzkammergut. Bereits 1914 wurden 82 Orte in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark mit Strom versorgt und es gingen auch im Attergau die elektrischen Lichter an. Elektrisches Licht wurde im Fremdenverkehr zu einem werbewirksamen Hinweis.
Am 19. Oktober 1929 schlossen sich die Elektrizitätswerke Stern & Hafferl und der im Linzer Raum tätige Stromversorger OWEAG zur Österreichischen Kraftwerke AG (ÖKA) zusammen. Das war die Geburtsstunde der heutigen Energie AG.
In den einzelnen Orten entstehen Trafostationen, welche den Strom von den Hochspannungsleitungen in den normalen Gebrauchsstrom mit 380/220 Volt transformieren. Von dort aus werden die einzelnen Häuser und Betriebe an das Stromnetz angeschlossen. Zur Versorgung entlegener Gebiete schließen sich anfänglich auch Interessenten zu sogenannten Stromgenossenschaften zusammen und lassen auf eigene Rechnung Stromleitungen errichten. Diese werden nach dem 2. Weltkrieg vom öffentlichen Netzbetreiber übernommen.
Mit dem Ausbau der öffentlichen Energieversorgung im Attergau verbessern sich nicht nur die privaten Lebensbedingungen, es können sich auch Unternehmen in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß entfalten. Konnten sich früher Betriebe mit Energiebedarf meist nur an Wasserläufen entwickeln, so wurden die Unternehmen unabhängiger vom Standort und auch von der begrenzten Leistung der vorhandenen Wasserkraft. Viele kleine Wasserkraftwerke verlieren ihre Bedeutung und werden aufgelassen.
Im Artikel Stern & Hafferl wird das Unternehmen, seine Entwicklung im Lauf der Geschichte und die vielseitigen Aktivitäten im Attergau, wie Attersee-Schifffahrt und die Attergaubahn beschrieben. Der Artikel Sägewerk schildert die besondere Bedeutung der Elektrifizierung für die Holzverarbeitungsbetriebe im Attergau.
Kleinkraftwerke
Überall wo Wasserkraft zur Verfügung stand bot sich auch die Erzeugung von elektrischer Energie an. Somit wurden Wasserräder von Mühlen und Sägewerken durch Turbinen und Generatoren ersetzt.
Diese Investitionen waren nur dort rentabel, wo Wassermenge und Gefälle ausreichten. Es wurden verschiedene Arten von Turbinen verwendet. Bei hohem Wasserangebot und wenig Gefälle, wie etwa an der Ager oder an der Seeache, wurden Francis-Turbinen eingebaut. Bei wenig Wasser und hohem Gefälle, wie bei Bergbächen, sind Peltonturbinen im Einsatz. Manche kleine Wasserkraftwerke blieben bis heute erhalten, andere wurden wieder aufgelassen. In der Niedermayrsäge war eine Peltonturbine sowohl zum direkten Antrieb der Sägen als auch zur Stromversorgung von den 1930er bis 1960er Jahre in Betrieb.
Die Obermühle in Nußdorf am Attersee ist als Beispiel für ein privates Kleinwasserkraftwerk beschrieben, das bereits seit den Anfängen der Elektrifizierung im Attergau besteht. Seit 1826 hat die Obermühle das Wasserrecht am Nußdorfer Bach. 110 Jahre lang trieb ein Wasserrad die Mühle an. Im Jahr 1936 wurde eine damals moderne Peltonturbine mit Generator, Drehzahlregler und einer 650 Meter langen Druckrohrleitung vom Wald bis zur Obermühle eingebaut. Um das Wasserangebot zu erhöhen wurden zusätzlich mehrere kleine Wasserläufe quer zum Gelände mit einem künstlichen Graben zusammengefasst und in den Nußdorfer Bach geleitet. Dafür gibt es auch ein Erhaltungsübereinkommen von mehreren Nutzungsberechtigten in dem die Verpflichtung zum Mühlbachlräumen geregelt ist.
1982 erfolgte eine Generalsanierung mit neuer Turbine, neuem Generator und direkter Kopplung mit dem öffentlichen Stromnetz. Seither wird neben dem Eigenverbrauch auch Strom in das Netz eingespeist. Der Mühlenbetrieb wurde aufgelassen und mit einem Bäckereibetrieb begonnen.
Die Kopplung mit dem Netz bewirkt eine genaue Regelung der Betriebsspannung und der Frequenz des Drehstroms. Diese Regelung war bei Kleinanlagen sehr problematisch, weil das Einschalten von Motoren eine kurzfristige Verringerung der Drehzahl der Turbine und einen Spannungsverlust bewirkte. Man merkte an der Beleuchtung jedes Ein- und Ausschalten eines größeren Stromverbrauchers. Bei jeder Störung wurde es finster.
Erst ab den 1980er Jahren waren die öffentlichen Stromversorger bereit auch Kleinanlagen an das öffentliche Netz anschließen zu lassen. Durch verpflichtende gesetzliche Rahmenbedingungen mit geregelten Tarifen konnten kleine Anlagen wieder wirtschaftlicher betrieben werden. Die Umweltdiskussion hat die Erhaltung der dezentralen, umweltfreundlichen Energiegewinnung in Kleinkraftwerken unterstützt.
Daten des Elektrizitätswerks Auinger-Obermühle:
65 Meter Gefälle = Höhenunterschied vom Wassereinlauf in die Druckrohrleitung (Wehr) bis zur Turbine
6,5 bar Wasserdruck an der Turbine
650 Meter Länge der Druckrohrleitung mit 20 - 25 cm Durchmesser
50 Liter pro Sekunde durchfließende Wassermenge
20 KVA Leistung
ca. 60.000 KWh erzeugte Strommenge jährlich
Quellen
- Buch Glücksmomente - Stern & Hafferl Gmunden
- Firmenarchiv Stern & Hafferl
- Virtuelles Museum, Forum O.Ö. Geschichte
- Auinger Obermühle Nußdorf