Sägewerk
Das grundlegende Prinzip der spanabhebenden Holzbearbeitung hat sich in Jahrtausenden nicht verändert. Die Technik der Holzbearbeitung entwickelte sich aber von der Bearbeitung mit Steinen in der Urzeit bis zu den heutigen vollautomatischen Säge- und Zerspananlagen gravierend.
Entwicklung der Sägetechnik
Erste Formen der Holzbearbeitung
Welche alte Formen der Holzbearbeitung im Attergau Anwendung fanden, kann nur vermutet werden. In der folgenden Bildergalerie sehen Sie einen Auszug alter Holzbearbeitungsverfahren.
Venezianer- und Augsburger-Säge
Die Venezianer-Säge und die Augsburger-Säge waren vereinzelt noch bis in die 1960er Jahre im Attergau in Betrieb. Sie repräsentierten etwa ein halbes Jahrtausend lang den Stand der Sägetechnik.
Die Grenze zwischen den Verbreitungsgebieten von Venezianer-Säge im Südosten und Augsburger-Säge im Nordwesten verlief in Atterseenähe. Damit entschieden in der Regel Standortfaktoren über den Einsatz.
Die wesentlichen Unterschiede seien kurz dargestellt:
Venezianer-Säge
Kleines unterschlächtiges Wasserrad (Waschel) mit 50-80 cm Durchmesser und einem Wirkungsgrad von etwa 25%. Es ist gut geeignet bei großer Wassermenge und geringem Gefälle, läuft mit relativ hoher Drehzahl und kommt daher ohne Übersetzungsgetriebe aus. Der Spannwagen für die Holzstämme läuft auf breiten Holzwalzen am Sägeboden. Der Vorschub funktioniert meist über ein Hebelgestänge im Keller und zieht den Wagen über ein Seil oder eine Kette gegen die Säge. Jedes Brett wird die ganze Länge durchgeschnitten und aus dem Wagen genommen.
Augsburger-Säge
Großes oberschlächtiges Wasserrad (nur selten unterschlächtig) mit über 2,5 Meter Durchmesser und einem Wirkunsgrad von etwa 75%. Es ist auch bei wenig Wasserangebot geeignet, läuft mit geringer Drehzahl und benötigt daher ein Übersetzungsgetriebe auf etwa 150 Sägehübe pro Minute, was die Herstellungskosten um etwa 40% gegenüber der Venezianersäge erhöhte. Der Wagen läuft auf eigenen Rädern und der Holzstamm wird nur einseitig befestigt. Die Bretter werden nur bis kurz vor das Stammende eingeschnitten. Durch einen zusätzlichen Querschnitt des Endstückes fallen die Bretter ab. Das Schiebezeug für den Wagenvorschub liegt meist oberhalb des Spannwagens, der dann über eine Zahnwelle und eine lange Zahnstange unterhalb des Wagens angetrieben wird.
Bei beiden Sägetypen musste nach jedem Brett der Stamm so weit seitlich verschoben werden, wie das nächste Brett dick sein sollte. Die unregelmäßigen Seitenränder der Bretter wurden anschließend bei Bedarf mit einer Kreissäge gerade geschnitten - „besäumt“.
Energiegewinnung und Kraftübertragung
Die Kraftübertragung vom Wasserrad, meist an der Außenwand des Gebäudes, erfolgte in der Regel mit Wellen, Riemenscheiben und Lederriemen, einer sogenannten „Transmission“. Das Ein- und Ausschalten des Antriebes erfolgte bei den alten Sägen durch Umlenkung der Wasserrinne auf oder neben das Mühlrad. Später setzte sich der mechanische Schaltvorgang (Einrücken) mit einer sogenannten Vollscheibe und einer Leerscheibe durch, indem der Lederriemen seitlich von einer sich leer durchdrehenden Riemenscheibe auf eine mit der Maschine fest verbundenen Riemenscheibe verrückt werden konnte.
Zur Leistungssteigerung wurden die alten Wasserräder durch Turbinenanlagen ersetzt. Mit dem Ausbau des öffentlichen Stromnetzes wurde die elektrische Energie Hauptträger der Energieversorgung. Auch mit Sägeabfällen beheizte Dampfmaschinen und Diesel-Stromaggregate kamen zum Einsatz.
Vollgatter
Die nächste Sägengeneration, das sogenannte Vollgatter aus Gusseisen und Stahl gebaut, kam mit der Verfügbarkeit von mehr Energie und der Entwicklung im Maschinenbau etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Gebrauch.
Seltene Sonderformen
Sonderformen von Gattersägen waren Horizontalgatter mit einem waagrecht bewegten Sägeblatt und Seitengatter zum Sägen besonders großer Baumstämme.
Bandsägen
Vertikal- und horizontal laufende Bandsägen werden in der Regel für individuelle Holzauftrennung und große Baumstämme eingesetzt.
Kreissägen
Kreissägen wurden vor allem zum "Besäumen" und Aufteilen der gesägten Bretter verwendet. Das Zersägen der Baumstämme mit Kreissägen war im Atterseeraum nicht gebräuchlich. Erst in modernen Sägewerksanlagen kommen Kreissägen - die leistungsfähigste aller Sägetechniken - zum Aufteilen von vorprofiliertem Rundholz zum Einsatz.
Automatisierung
Die Sägetechnik entwickelte sich mit immer leistungsfähigeren Gattermaschinen, Doppelbesäumern, Bandsägemaschinen und Profilzerspaner- und Kreissägeanlagen weiter. Die Arbeitsabläufe für Transport, Vermessung, Sortierung und die gesamte Logistik wurden mechanisiert und mit Hilfe elektronischer Steuerungen automatisiert. Hubstapler und Kräne übernahmen die schwergewichtigen innerbetrieblichen Transport- und Verladearbeiten. Holztrocknungs-, Hobel- und Holzverleimungsanlagen erweiterten die Holzverwertung.
Mit der Leistungssteigerung der Maschinen erhöhte sich auch die Belastung der Sägeblätter und Schneidwerkzeuge. Material und Konstruktion unterlagen einem permanenten Verbesserungsprozess. In modernen Säge- und Zerspaneranlagen kommen für die hochbeanspruchten Sägeblätter Chrom/Vanadium/Stahl-Legierungen und Sägezähne aus Hartmetall zum Einsatz. Das Zerteilen des Holzes mit einer scharfen Schneide ist gleich geblieben, geändert hat sich die Geschwindigkeit. Was einmal tagelange mühevolle Handarbeit beanspruchte, geschieht heute ohne Anstrengung in Sekunden.
Das weich anmutende Naturmaterial Holz verschleißt bei seiner Bearbeitung auch hochfeste Materialien. Wurden früher die Sägezähne mit Steinen oder Feilen von Hand geschärft, so setzten sich später Schärfautomaten mit Schleifscheiben aus Korund für Gatter-, Kreis- und Bandsägeblätter durch. Moderne Hartmetallzähne werden mit Diamantwerkzeugen geschärft. Verschleißfreie Trenntechnologien wie etwa Laser, konnten sich bei Holz nicht durchsetzen.
Die Produktivität der Sägewerke vervielfachte sich innerhalb weniger Jahrzehnte, wie in anderen Bereichen der Wirtschaft auch. Einfaches Handwerk musste industriellen Produktionsprozessen Platz machen.
Baumentrindung
Die Rinde der Bäume wurde noch vor einigen Jahrzehnten bereits im Wald entfernt. Die Stämme trockneten dadurch aus und erleichterten durch das geringere Gewicht und die glatte Oberfläche das Ziehen auf den Waldwegen. Die Rinde enthält den überwiegenden Teil an Nährstoffen im Baum. Ein Verbleib im Wald schont somit den Waldboden. Die Holzstämme sind im entrindeten Zustand nicht so anfällig gegen Holzschädlinge wie z.B. dem sogenannten Nutzholzbohrer. Nachteilig wirkt sich hingegen die verstärkte Rissbildung und Pilzbefall aus. Zu einem geringen Teil wurde Fichtenrinde ehemals wegen ihres Gerbstoffgehaltes an Gerbereien geliefert.
Das händische Entrinden der Baumstämme erfolgte mit dem sogenannten Schöpser oder Schinder, einer querliegenden Messerschneide an einem langen Holzstiel. Diese zeitaufwändige und mühsame Arbeit verlagerte sich später zu den automatischen Entrindungsanlagen in den Sägewerken. Zur Vermeidung von Schädlingsbefall werden zum Teil Spritzmittel oder Berieselungsanlagen eingesetzt mit denen die Holzlagerstätten permanent mit Wasser besprüht werden. Vollständig unter Wasser bleibt Holz unversehrt erhalten, was die Reste der jahrtausende alten Pfahlbauten im Attersee belegen.
Holzvermarktung
Das Holz aus den Sägewerken um den Attersee fand einst als Bauholz, Möbelholz, für Wagnereien und sonstige Erzeugnisse in der näheren Umgebung seine Abnehmer, Die Holzreste wurden vor Ort zu Holzkohle für die Huf- und Wagenschmieden gebrannt oder als Brennholz verwendet. Heute sind sie Rohstoff für die Papier-, Spanplatten und Holzwerkstoffindustrie sowie zur Pelletsherstellung. Baumrinde dient überwiegend als Heizmaterial für die Holztrocknung und für Rindenmulch.
Noch während der Monarchie dehnte sich das Absatzgebiet mehr und mehr aus. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes im 19. Jahrhundert eröffnete Absatzmärkte in ganz Europa. In heutiger Zeit des globalen Handels muss sich auch das Holz aus der Atterseeregion weltweit behaupten. Hauptabsatzmärkte liegen im europäischen und arabischen Raum, in den USA und Japan. Österreich ist insgesamt zu 47% mit Wald bedeckt – Tendenz steigend – und fünftgrößter Holzexporteur der Erde.
Sägewerke in der Region Attersee-Attergau
In jeder Gemeinde der Region befand sich eines oder mehrere Sägewerke. Der Standort war an die Verfügbarkeit von Wasserkraft als Energiequelle gebunden. Die kleineren „Brettersägen“ lagen entlang der Bäche aus den umliegenden Bergen und wurden mit Wasserrädern und später mit Turbinen angetrieben. Die Ager als wasserreicher Atterseeabfluß erlaubte größere Betriebe. Einzigartig im Sägewerk Häupl in Attersee war eine mit Sägeabfällen beheizte Dampfmaschine in Betrieb, die eine deutliche Leistungssteigerung ermöglichte. Die Anfänge der Elektrifizierung nach 1900, als zusätzlichen Energieträger, gingen auf die Firma Stern & Hafferl in Gmunden zurück, die das Wasserkraftwerk am Traunfall betrieb. Nach 1945 ermöglichte der Ausbau eines leistungsfähigen Stromnetzes durch die Oberösterreichische Kraftwerke AG eine deutliche Leistungssteigerung in der Holzverarbeitung.
Sägewerke in Betrieb
- Raudaschlmühle an der Ager in Schörfling,
- Riedl in Schörfling-Oberhehenfeld,
- Stallinger in Weyregg,
- Lux in Steinbach-Weissenbach,
- Achleitner in Straß-Stampf,
Sägewerke nicht mehr in Betrieb
- Häupl in Attersee,
- Henkel in Unterach,
- Schernthaner (Pfannermüller) in Unterach-Misling,
- Strobl in Nußdorf-Stockwinkel,
- Hemetsberger, Stampfmannsäge in Nußdorf-Zell,
- Hemetsberger, Niedermeiersäge in Nußdorf,
- Pichler, Dickaumühle in Nußdorf,
- Meinhart-Rosenkranz (Mühle im Weidach) in St.Georgen,
- Grubermühle in St.Georgen,
- Mayr-Melnhof-Säge in St.Georgen-Thalham,
- Aumühle Kalleitner in Berg-Brandham,
- Häupl in Straß-Stampf,
Beispiel Niedermeiersäge
Am Beispiel der Niedermeiersäge in Nußdorf kann man die Entwicklung eines Sägewerkes am Attersee sehr gut nachvollziehen.
Quellen
Manfred Hemetsberger, Nußdorf am Attersee