Villa Curzon
Die Villa Curzon (auch Lindenhof, Villa Wallace oder Amerikaner-Villa) steht in Seewalchen am Attersee, Litzlberger Straße 33.
In den Jahren 1927/28 ließ die Cembalistin Lucille Wallace (vermutlich nach Plänen eines Freundes dem Hobbyarchitekten Dr. Karl Zwiauer) die Villa in Litzlberg erbauen. Durch die Einbindung von Villa, Pförtnerhaus und Holzhaus in einen großzügig angelegten parkähnlichen Garten (mit Lärchen, Schwarzkiefern, Platanen, Zypressen und vielen anderen Bäumen) entstand mit dem im See gelegenen, möglicherweise von Clemens Holzmeister geschaffenen Bootshaus ein für das Salzkammergut einzigartiges, aus der Zwischenkriegszeit stammendes Ensemble dieser Art.
Bei den Bauarbeiten wirkten viele Litzlberger und Bewohner anderer Ortschaften mit.
Durch die Heirat (1935) von Lucille Wallace mit dem englischen Pianisten Clifford Curzon wurde die Villa fortan „Curzon-Villa” genannt. Die Familie hielt sich jedes Jahr in diesem Herrschaftshaus auf, das mit doppelten Salon, zwei Empfangsräumen, einer Hauptschlafzimmersuite, Ankleideraum und Arbeitszimmer, Balkons und Schlafzimmer ausgestattet ist. Dazu kommen noch 10 weitere Schlafzimmer mit Bädern und Balkons, die alle Richtung Süden situiert sind. Kurz vor dem Verkauf ließ Curzon noch eine Zentralheizungsanlage einbauen.
Im Anschluss an die von Hermann Muthesius beeinflusste Cottage-Architektur stellt die vorhandene großräumige und bedeutende Gartenanlage eine fortschrittliche künstlerische Leistung dar; das landschaftliche Bezugssystem zwischen See und Villa wird durch kleinere und größere formale Gartenbereiche pasticcoartig gegliedert. Vier verschiedene Stimmungsräume gruppieren sich um die Villa, die von der natur- und kulturlandschaftlichen Umgebung mehr oder weniger scharf abgetrennt sind. Bei der Eingangsseite im Ehrenhof herrscht durch die Gestaltung des Gartentores und des Brunnens der spätere Heimatstil vor. An der Seeseite der Villa befindet sich ein monumentaler Wiesenvorraum, der durch ein transparentes Waldstück prospekthaft abgeschlossen ist, wobei einzelne Vertikalakzente setzende Solitärbäume eine bühnenhafte mediterrane Welt evozieren, die an der Balkonseite des Gebäudes mit einem kleinen intimen Gartenraum verstärkt wird. Neptunstatue, Blumentröge und Steinbänke gliedern eine rechteckige Gartenfläche, die von hohen Bäumen architektonisch umgeben ist. An der gegenüberliegenden Schmalseite der Villa befindet sich ein regelmäßig gestalteter rechteckiger Gartenraum, der gegen den See hin mit einer Ballustrade sowie einer gegenüberliegenden Rosenpergola gesäumt wird. Diese beiden Gartenarrangements fußen noch in der Jugendstilzeit, die in der Zwischenkriegszeit die Grundlage für die Weiterentwicklung der Formalgärten bildete.
Das Hausmeisterhaus, das die Litzlberger Familie Seiringer bewohnte, und ein als Musikstudio verwendetes Blockhaus gehören ebenfalls zur Liegenschaft.
1939 wurde die Verwaltung an Erna Patzelt (einer Freundin der Familie Curzon) übergeben. Das Haus lag im Interesse der Nationalsozialisten, besonders der SS. Ob die Villa beschlagnahmt war, ist unklar.
Ab 1944 zogen Bombengeschädigte und Evakuierte aus Linz in das Haus.
Im Mai musste über Auftrag der Militärregierung für 37 Personen aus dem ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen Quartiere bereit gestellt werden. Sie wurden in der Villa Curzon untergebracht.
Von Juni 1945 bis Juni 1947 zogen amerikanische Offiziere in die Räumlichkeiten ein, daher auch der Name „Amerikaner-Villa”.
Danach einige Jahre, wo der Besitz eher unklar war, die Villa war zum Teil vermietet.
Schließlich wurde den Curzons die Villa zurückgegeben. Nach dem Tode von Lucille Curzon 1977 verlor der im selben Jahr geadelte Sir Clifford Curzon die Freude an der Atterseevilla. Seine beiden Söhne, Kinder der 1949 verstorbenen Opernsängerin Maria Cebotari und des Schauspielers Gustav Diessl, waren auch nicht am Besitz interessiert. So entschloss sich Curzon 1982 die Villa an den Schweden Lars Söderström zu verkaufen. Kurz darauf starb Curzon.
Immer wieder tauchten Gerüchte auf, die Villa werde abgerissen und neugebaut bzw. das Grundstück werde parzelliert. Zu Beginn der 90er Jahre wurde das Bootshaus originalgetreu restauriert.
Seit Juli 1989 steht das Gebäude unter Denkmalschutz.
1992 erwarb eine Salzburger Gesellschaft die Liegenschaft, 1999 ging es an Dr. Wolfgang und Dkfm. Traudl Berndt (aus Rhodesaint Genèse, Belgien kommend) und errichteten hier ihren dauernden Wohnsitz.
In einem Bescheid des Bundesdenkmalamtes heißt es:
Die Villa steht in der durch die Arts and Crafts-Bewegung neu belebten Tradition des englischen Landhauses und vertritt damit eine wichtige Nebenströmung der auf Adolf Loos und dem Bauhaus fußenden funktionalistischen Richtung der avantgardistischen Moderne. Das Ensemble ist im Salzkammergut einzigartig.
Quellen
Erich Bernard u.a.: Der Lindenhof, Privatdruck, Wien 2010
Josef Nöhmer, Josef Limberger: Festschrift zur Markterhebung 1978
zusammengestellt von Johann Rauchenzauner.