Gerlhamer Moor

Aus Atterwiki
Blick ins Moor

Das Gerlhamer Moor oder "Gföhret" (auch: Gföhrat, Gfehrat) ist ein oö. Naturschutzgebiet (N061) in der Gemeinde Seewalchen am Attersee.

Beschreibung

Das Moor vom Typus eines "Flachmoores" liegt auf einer Hochterrasse in 517 m Meereshöhe und ist aus Resten eines nacheiszeitlichen Sees entstanden. Der Name "Gföhret" deutet auf Föhren hin, doch wachsen heute hier keine Föhren mehr. Die früheren Föhrenbestände wurden jedoch in einer Pollenanalyse nachgewiesen. Als Hinweis auf die Entstehungsgeschichte aus einem nacheiszeitlichen See können einige Tümpel im Kerngebiet des Moores und die ausgedehnten Schwimm- bzw. Schwingrasenflächen angesehen werden. Diese „Sauerwiesen“ weisen auf wasserdichten Ton- und Kreideablagerungen nur eine dünne Moorbodenschicht auf und "schwingen" auf dem Grundwasserhorizont (der Boden schaukelt beim Aufspringen). Der ursprünglich hier vorhandene kleine See dürfte bereits um 5000 v. Chr. langsam verlandet und zu einem Moor geworden sein (Übergang von der Kiefernzeit zur Haselzeit).

Pflanzenwelt im Moor

Knabenkraut im Moor

Die Pflanzenwelt im Moor ist vielfältig. In den Randbereichen ähnelt die Vegetation den angrenzenden Heuwiesen. Je weiter man ins Zentrum des Moores vordringt, umso mehr prägen typische Sauerwiesen- und Moorpflanzen den Bestand. Einige der hier vorkommenden Pflanzen sind selten und stehen auch aus diesem Grund unter Naturschutz. Nachgewiesen sind u.a. der Sonnentau (eine insektenfressende Pflanze der Torfmoospolster), verschiedene Orchideen (Knabenkraut), die Sumpfschwertlilie, das Salzburger Greiskraut, die Trollblume, das Wollgras, die Sumpfwurz. In einigen Bereichen des Kerngebietes existieren noch Hochmoorreste mit Torfmoosbeständen. In den Tümpeln kommt eine seltene insektenfressende („fleischfressende“) Pflanze vor, der Wasserschlauch. Unter den vielen Gräsern dominieren zahlreiche Seggen (Sauergräser). Weitere interessante Arten sind das Ruchgras (mit stark riechendem Wurzelstock) oder das Pfeifengras (das einen knotenlosen Halm hat und deshalb früher zum Pfeifenreinigen verwendet wurde). Im östlichen Teil des Moorgebietes ist ein Moorwald, der im Wesentlichen mit einer ehemaligen Torfstichfläche übereinstimmt. Hier wachsen im Wesentlichen Moorfichte, Hänge- und Moorbirke, Faulbaum, Zitterpappel, verschiedene Weidenarten, Hartriegel und Kreuzdorn, vereinzelt Esche und Erle. Im nördlich angrenzenden Buchenwald findet man Türkenbundlilie, Waldmeister, Schwalbenwurz.

Tierwelt im Moor

Ringelnattern im Moor

Die Tierwelt des Moores ist nicht sehr vielfältig und setzt sich zum Großteil aus Elementen der umliegenden Ökosysteme zusammen (Fauna der umliegenden Wälder, Hecken, Acker- und Wiesenlandschaften). Der Moorfrosch, die Ringelnatter, verschiedene Schmetterlinge ("Moorfalter") und Libellen kommen häufiger vor. Wasservögel (Storch, Reiher) kommen meist als seltene Gäste ins Moor. Wildenten vom Attersee sind häufiger anzutreffen. Im angrenzenden Buchenwald nisten Dohlen, Hohltauben und der Schwarzspecht. Das Vorkommen auch seltener Vögel wurde gelegentlich beobachtet (Othmar Endelweber, 1996), wie z.B. Kiebitz, Braunkehlchen, Rohrammer, Sumpfrohrsänger und Eisvogel. Jäger berichten, dass bis in die späten 1940er Jahre der Birkhahn, Bekassinen und sogar der Brachvogel hier zahlreich vorgekommen sind. In den Tümpeln findet man verschiedene Frösche und Kröten, die Gelbbauchunke, Posthornschnecken, den Teichmolch, Gelbrandkäfer, Blutegel, usw., und es geht hier auch die Ringelnatter auf Jagd.

Das Moor im Jahreskreis

Chronik

Das Gerlhamer Moor gehörte bis in die 1930er Jahre zum Seehof mit Bräuhaus in Litzlberg und wurde landwirtschaftlich genutzt (Streuwiesen, Torfabbau seit ca. 1900 im Bereich des jetzigen Moorwaldes), aber nur extensiv bewirtschaftet, sodass sein naturnaher Charakter weitgehend erhalten blieb.

Im Jahr 1974 wollte die Firma „Contibau” das Moor kaufen, um ein Moor-Heilbad zu errichten. Am 1. Juli 1974 fand am Gemeindeamt Seewalchen eine diesbezügliche naturschutzrechtliche Verhandlung statt, sowie eine weitere am 20. Oktober 1975. Die Errichtung einer Kuranlage im nordöstlichen Teil des Moores wäre aufgrund des Sachverständigengutachtens bei Einhaltung bestimmter Auflagen nicht ausgeschlossen gewesen, wurde jedoch aus heute nicht mehr bekannten Gründen nicht realisiert.

Bis 1988 war das Moor in Privatbesitz von Dr. Friederike Janko in Linz, aber praktisch öffentlich zugänglich. 1989 kaufte die Naturschutzjugend das Moor mit Hilfe von Spenden, sowie Subventionen des Landes O.Ö. und der Gemeinde Seewalchen um rund öS 750.000.-. Seit 1993 ist es als Naturschutzgebiet ausgewiesen (Verordnung der O.Ö. Landesregierung vom 17. Mai 1993, in Kraft getreten am 10. Juni 1993).

Pfahlbausiedlung im Moor

Im Jahr 1904 wurden vom damaligen Leiter der Prähistorischen Abteilung im Naturhistorischen Museum Wien (Josef Szombathy, Entdecker der „Venus von Willendorf“) in Begleitung von Theodor Wang bei einem Besuch des Torfstiches der damaligen Seehof- und Bräuhauseigentümer (Familie Oelinger) prähistorische Siedlungsreste entdeckt (Pfahlbauten). Von den Arbeitern wurden ihm diverse Fundstücke übergeben (Keramiken), die aber nicht so bedeutend waren wie die bereits vorher gefundenen (Langdolch, Gürtelhaken), welche der frühen bis mittleren Bronzezeit zugeordnet wurden. Im Jahr 1966 wurde von Kurt Willvonseder (Salzburger Archäologe, Direktor des Museums Carolino Augusteum) die prähistorische Siedlung im Gerlhamer Moor näher beschrieben.

Die im Gerlhamer Moor liegende Pfahlbaustation wird vom Bundesdenkmalamt (BDA) als einzige in Österreich erhaltene Moorsiedlung (Feuchtbodensiedlung) bezeichnet. Sie stellt laut Gutachten des BDA nicht nur wegen der ausgezeichneten Erhaltungsbedingungen, sondern auch wegen ihrer Außergewöhnlichkeit ein einzigartiges Kulturdenkmal dar. Am 17. August 1978 fand in Seewalchen eine denkmalschutzrechtliche Verhandlung mit den Grundeigentümern statt, die sich gegen eine Unterschutzstellung aussprachen, und schließlich wurde das Unterschutzstellungsverfahren nicht weitergeführt. Erst nach dem Erwerb des Moorgebietes durch die ÖNJ im Jahr 1988 wurde das Verfahren wieder aufgenommen, und die bronzezeitlichen Siedlungsreste im Gerlhamer Moor wurden mit Bescheid des BDA vom 4. Oktober 1994 aufgrund ihrer Einzigartigkeit unter Denkmalschutz gestellt.

Das Projekt „Wir retten das Gerlhamer Moor“

Begehung mit LR Habringer 1988
Scheckübergabe an die ÖNJ
(Mag. Reiter - Mag. Weißenbacher)

Ende der 1980er Jahre wurde bekannt, dass das Moorgebiet zum Verkauf stand und es mehrere Privatinteressenten gab. Der Biologielehrer Prof. Mag. Johann Reiter aus Litzlberg, der spätere Vizebürgermeister und Bürgermeister der Marktgemeinde Seewalchen am Attersee, der das Moor seit seiner Kindheit gut kannte und als Student im Moor botanisch arbeitete, nahm sich des Themas an. Im Jahr 1988 fand unter seiner Leitung die 1. Seewalchner Umweltwoche statt. Von 29. April bis 8. Mai 1988 gab es mehrere Veranstaltungen und Vortragsabende, darunter am 1. Mai 1988 den Lichtbildervortrag „Naturschutz und Landschaftspflege in der Gemeinde – die Bedeutung naturgeschützter Landschaftsteile am Beispiel des Gerlhamer Moores“. Dafür konnte Mag. Johann Reiter den damaligen Landesleiter der Oberösterreichischen Naturschutzjugend (ÖNJ), Prof. Mag. Herbert Weißenbacher gewinnen, der so wie Reiter AHS-Lehrer für Biologie und Umweltkunde war. Daraufhin wurde eine gemeinsame Aktion zur Erhaltung des Gerlhamer Moores gestartet. Ende Mai 1988 kam Naturschutzlandesrat Leo Habringer mit Hofrat Rechberger ins Gerlhamer Moor zu einem Lokalaugenschein und sagte seine Unterstützung zu. Die ÖNJ sammelte Spenden im Rahmen der Aktion „Schüler retten Naturlandschaften“. Mag. Reiter startete in der Marktgemeinde Seewalchen eine Spendenaktion.

In der Gemeinderatssitzung am 30. Juni 1988 stellte Mag. Reiter das Projekt „Wir retten das Gerlhamer Moor“ dem Seewalchner Gemeinderat vor. Dieser beschloss schließlich einstimmig, das Projekt zu unterstützen und die bei der geplanten Spendenaktion gesammelte Spendensumme aus Gemeindemitteln zu verdoppeln. Im Sommer 1988 wurde der Kaufvertrag zwischen Frau Janko und der ÖNJ unterzeichnet. Die von Mag. Reiter initiierte Aktion „Wir retten das Gerlhamer Moor“ ergab mit Spenden aus Seewalchen ein Sammelergebnis von rund öS 55.000.-. Die Marktgemeinde Seewalchen verdoppelte den Spendenbeitrag. Am 25.Oktober 1988 wurde der Ankauf des Moores und die Übergabe an die ÖNJ mit einem Festakt im Moor mit Naturschutzlandesrat Leo Habringer, der kurz darauf das Naturschutzressort an Fritz Hochmair übergab, abgeschlossen. Mag. Reiter übergab den Spendenscheck mit den Spenden der Seewalchner Bevölkerung an Prof. Weißenbacher.

In den Folgejahren wurde eine Hecke gepflanzt, ein großer Teich gegraben, Forschungsarbeiten und ornithologische (vogelkundliche) Beobachtungen ausgeführt und im Jahr 1997 ein Info-Pavillon errichtet. Das Gerlhamer Moor ist immer wieder auch Ziel von naturkundlichen Exkursionen, sowie „Umweltlernort“ für den Schulunterricht, Schulland- und Projektwochen. Auch Mag. Reiter führt immer wieder Gruppen (Schüler etc.) durch das Moor. Im Mai 2010 fand anlässlich der Erneuerung der Info-Tafeln beim Pavillon ein großer Aktionstag mit zahlreichen ÖNJ-Gruppen statt.

Die Moorschmiede - Ausgangspunkt für Moorwanderungen

Die ÖNJ führt im Rahmen der außerschulischen Jugenderziehung immer wieder Aktionen durch und bietet auch Führungen an. Dabei wird auch die alte Schmiede im Haus der Familie Reiter in Gerlham 6 unter der Bezeichnung „Moorschmiede“ miteinbezogen. „Schmied in Gerlham“ ist das Elternhaus des Vaters von Mag. Reiter. Der letzte Schmied, Alois Reiter, starb im Jahr 1997. Sein Sohn Johann hat das Schmiedehandwerk erlernt, die alte Schmiede praktisch unverändert belassen, und heizt die Esse gelegentlich an. Mit den alten Werkzeugen kann man dann am Amboss „Nägel mit Köpfen“ machen.

Am Nordrand des Gerlhamer Moores steht seit 2003 eine von der Jägerschaft Seewalchen errichtete Hubertuskapelle. Wenn man dem östlich der Kapelle abzweigenden Waldweg Richtung Neißing folgt, kommt man zum Naturkraftplatz Birnbaumplatz, der im Jahr 2005 vom Verein Kulturkraft errichtet wurde.

Aktionen der ÖNJ im Bild

Lage

Das Gerlhamer Moor liegt ca. 1,8 km westlich des Ortsgebietes von Seewalchen und südwestlich der L 1276 Seewalchner Landesstraße, die von Seewalchen nach St. Georgen im Attergau führt, zwischen den Ortschaften Neißing und Ainwalchen. Der wichtigste Erschließungsweg liegt jedoch in der Ortschaft Gerlham, sodass seit jeher das Moorgebiet als „Gerlhamer Moor“ bezeichnet wird. Der Fußweg beginnt beim Haus Reiter, Schmied in Gerlham 6. Die exakte geografische Lage ist mit 47°15’10" und 13°33‘30" definiert und umfasst im Wesentlichen die Grundstücke Nr. 1206/1 und 1206/2, KG. Litzlberg, im Gesamtausmaß von rund 11,9 ha. Eigentümer dieser Parzellen ist die Österreichische Naturschutzjugend, Landesgruppe Oberösterreich. Die gesamte in einer Senke zwischen zwei Jungmoränenwällen liegende Moorfläche ist größer (rd. 18 ha). Die außerhalb der o.a. Parzellen liegenden Moorgebiete sind jedoch in bäuerlichem Privatbesitz und werden landwirtschaftlich genutzt (Heuwiesen, Streuwiesen).

Quellen

  • Herbert Weißenbacher und Rudolf Fuchs: Naturschutzgebiet Gerlhamer Moor, Herausgeber: ÖNJ Vöcklabruck, 1996.
  • OSTR. Prof. Adolf Ruttner: Das Gföhrat – eine naturkundliche Betrachtung, In einem Jahresbericht des Bundesgymnasiums Vöcklabruck.
  • Kurt Willvonseder: Eine bronzezeitliche Moorsiedlung in Gerlham bei Seewalchen, Jahrbuch des O.Ö. Musealvereins 111, 1966.
  • Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck: Niederschrift der Naturschutzrechtlichen Verhandlung für den geplanten Bau einer *Moorbadeanlage durch die Fa. Contibau, Agrar-124-1974.
  • Bundesdenkmalamt Wien: Bescheid GZ 22.262/3/94 zur Unterschutzstellung des Gerlhamer Moores.
  • Chronik der Marktgemeinde Seewalchen am Attersee
  • Sammlung Mag. Johann Reiter, Seewalchen am Attersee

Weblinks