Grundherrschaft

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Herrschaftssitze Kammer und Litzlberg
Grundherr
Bartholome Khevenhüller

Die Grundherrschaft - meist nur verkürzt Herrschaft genannt - war bis zur Revolution 1848 die unterste Verwaltungseinheit des Staates. Die drei wesentlichsten Grundherrschaften im Attergau waren Kogl, Kammer und Frankenburg. Neben diesen drei großen Grundherrschaften gab es noch mehrere kleinere Grundherrschaften im Attergau.

Begriff Grundherrschaft

Unter Grundherrschaft (verkürzt Herrschaft) versteht man ein Verwaltungsgebiet über Untertanen und Güter. Ein solches Verwaltungsgebiet war selten eine räumlich geschlossene Einheit, da in diesem Verwaltungsgebiet oft auch andere Grundherrschaften Güter und Untertanen hatten. Neben weltlichen Grundherrschaften waren dies auch kirchliche Grundherrschaften wie Bistümer, Klöster und Pfarren. Verwaltet wurden diese Grundherrschaften meist von Pflegern im Auftrag der Herrschaftsinhaber.

In der Feudalzeit bis 1848 übten die Herrschaften alle Verwaltungsakte aus, die seitdem Aufgabe der Gemeinden, Bezirke, Bezirksgerichte und Finanzämter sind.

Die Gerichtsbarkeit über schwere Verbrechen wie Mord, Raub, Notzucht, Gotteslästerung, Brandstiftung und schwerem Diebstahl oblag im Attergau dem Landgericht Kammer. Im Gegensatz zu den Grundherrschaften umfasste das Landgericht ein fest abgegrenztes Gebiet, dessen Grenze genau beschrieben war und in etwa den Attergau umfasste, wie er schon als karolingisches Grafschaftsgebiet angenommen werden kann.

Einteilung der Untertanen

  • Leibeigene: Persönlich unfreie Menschen, auch Eigenleute genannt. Die Leibeigenschaft wurde 1781 durch Kaiser Joseph II. aufgehoben.
  • Freistifter: Bauern, die ihre Güter zu diesem Recht besaßen, konnten von der Herrschaft jederzeit gezwungen werden, ihre Güter zurückzugeben.
  • Leibgedinger: Ein besseres Recht besaßen die Leibgedinger, welchen die Güter auf Lebenszeit oder auf 2 bis 3 Leiber (Kinder und Kindeskinder) verliehen waren. Dann fiel das Gut an die Herrschaft zurück.
  • Erbler: Hier wurden meist Urkunden ausgestellt, in welchen die Verpflichtungen genau festgehalten waren. Erbgüter konnten den Inhabern nur weggenommen werden, wenn diese unbillig und unehrbar handelten oder mit den Dienstleistungen im Rückstand blieben.
  • Freieigner: Freieigner saßen als Freie auf ihrem Eigen und brauchten keine Abgaben und Dienste leisten. Dafür mussten die Freieigner für Polizei- und Wachtdienst zur Verfügung stehen.

Die Herrschaften unterhielten Ämter, geleitet von den Amtsleuten, denen die Untertanen zugewiesen wurden.

Das Urbar von 1581 (Besitzaufstellung aller Güter anlässlich der Übernahme der Herrschaften Kogl, Kammer und Frankenburg durch die Khevenhüller) unterscheidet zwischen Behausten Gütern und Überlandgründen.

  • Behauste Güter: Wohnhaus, Wirtschaftsgebäude und die dazu gehörigen Hausgründe waren mit dem Grunddienst und aller Jurisdiktion zu der Herrschaft gehörig. Der Grunddienst bestand wiederum aus einer jährlichen Abgabe (Zehent), die die Untertanen für die Nutzung des Gutes der Herrschaft zu entrichten hatten, und der Robot, das sind Arbeiten, die die Untertanen jährlich seinem Grundherrn unentgeltlich zu leisten hatten. Die jährliche Abgabe war üblicherweise in Form von Getreide oder in Geld, an festgelegten Tagen zu leisten. Die Höhe der Abgabe wurde von der Herrschaft bestimmt. Der Zehent, der zehnte Teil des Ertrages, war die angemessene Abgabe. Robotleistungen waren genau definiert und nach Untertanenstand unterschiedlich. Robotleistungen wurden vor allem für Baumaßnahmen der Herrschat wie Ausbesserungen an Burgen und Schlössern, aber auch für die Bearbeitung der Eigenwirtschaften (Landwirtschaft und Wald) der Herrschaften angefordert. Auch Ausdinger (Auszügler/Pensionisten) mussten z. B. Holz hacken.

Weitere Einnahmen erzielten die Herrschaften durch die verschiedensten Abgaben wie Getränkesteuern, Übergabesteuern und Vorschriften. Sie führten auch eigene Wirtschaftsbetriebe wie Land- und Forstbetriebe, Brauereien mit Gaststätten usw. Den Herrschaften stand auch die Jagd zu.

Die Verpflichtung der Herrschaft war es, die Untertanen in Kriegs- und Notzeiten zu schützen. Die Herrschaften hatten dafür Geld an die Landesfürsten abzuliefern, das ebenfalls auf die Untertanen abgewälzt wurde.

Die Herrschaften wurden von den Pflegern vertreten, die oft willkürlich handelten. Während einige im Sinne der Untertanen handelten, waren andere überaus rigoros bei ihren Forderungen an die Untertanen. So ist es nicht verwunderlich, dass es über die Jahrhunderte zu den verschiedensten Beschwerden und sogar bewaffneten Aufständen der Bauern gegenüber ihren Herrschaften kam.

Herrschaften im Attergau

Große Herrschaften

Herrschaftssitz Wildenhag

Die drei wichtigsten Herrschaften im Attergau waren Frankenburg, Kammer und Kogl, die 1593 im Besitz der Khevenhüller zur Grafschaft Frankenburg erhoben wurden.

Kleinere Herrschaften

und weitere

Herrschaftssitze

Aushängeschild der Herrschaften waren die Herrschaftssitze. Burgen und Schlösser, aber auch Klöster und Pfarrhöfe waren die Verwaltungszentren. Dezentral wurden Amthöfe geführt, an die die Abgaben zu leisten waren. Der Amthof Seewalchen war die Aussenstelle für das Stift Michaelbeuern. Der Amthof Seeling, bei St. Georgen im Attergau, die Aussenstelle für das Kloster Asbach an der Rott in Bayern.

Ende der Grundherrschaft

Gedenkplakat 1948

Das feudale Herrschaftssystem wurde 1848 abgeschafft und durch die Neuordnung mit Bezirken und Gemeinden ersetzt. Die Bauern wurden frei und verfügten über privatrechtliches Grundeigentum.

Die Grundherrschaft hatte viele Nachteile. So ist es z. B. verständlich, dass kein Bauer gerne in einen Betrieb investiert, der ihm nicht einmal gehört. Ein Name ist mit der sogenannten "Bauernbefreiung" auf das Engste verbunden, Hans Kudlich. Er stellte 1848 den Antrag auf die Aufhebung des Untertänigkeitsverhältnisses und alle damit verbundenen Pflichten. Der Grundherr sollte dafür eine Entschädigung bekommen. Die Verhandlungen ergaben eine Drittellösung. Ein Drittel musste der Bauer aufbringen, ein Drittel übernahm der Staat und auf ein Drittel musste der Grundherr verzichten.

Seit 1849 ist die unterste Verwaltungseinheit die Gemeinde.

Quellen

  • Hans Dickinger: Geschichte von Schörfling, Marktgemeinde Schörfling am Attersee, 1988
  • Helmut Pachler, St. Georgen im Attergau
  • Alois Zauner: Vöcklabruck und der Attergau; OÖ. Landesarchiv; Verlag Böhlau, Graz, 1971, ISBN 3 205 01111 2