Atterwiki:Pfahlbaustationen in Unterach

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Pfahlbausiedlung

Die beiden Pfahlbaustationen auf dem Gemeindegebiet von Unterach befinden sich in Misling. Misling I liegt in der Bucht am Schwendter Eck und Misling II beim Finstermannhaus am südlichen Ende der Ortschaft. Sie gehören nicht wie drei andere Seeufersiedlungen am Attersee zum Weltkulturerbe. Beide Stationen wurden vom Sandfischer Wang 1904 entdeckt. Überdeckt von Sedimenten in einer Tiefe von 3 Metern sind sie auch für Taucher kaum erkennbar.

Die Pfahlbauer waren die ersten Kolonisten, die in unserem Gebiet den Urwald mit ihren scharf geschliffen Beilen und Lochäxten rodeten und Viehzucht betrieben. Wie alle Pfahlbauer an den alpenländischen Seen wanderten sie mit dem neolithischen Paket (Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Hund und Saatgut) ein. Mit welchen Geräten (Geweihhaken?) sie den Boden bearbeiteten, ist nicht bekannt. Hakenpflüge dürften erst in der frühen Bronzezeit aufgekommen sein.

Der Fischfang mit Einbäumen war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, z. B. bei den Mondseefischern üblich. Weder am Attersee noch am Mondsee hat man allerdings bisher Überreste eines jungsteinzeitlichen Bootes gefunden. Der älteste Einbaumfund am Bodensee datiert auf 2300 vor Chr. (Bronzezeit). Trotzdem gehen Archäologen davon aus, dass Einbäume schon etwa 2000 Jahre vorher im Neolithikum am Mond- und Attersee in Gebrauch waren. Wie könnte man sich sonst den Handel mit Kupferbeilen erklären?

Misling I

Boden eines Pfahlbauhauses

Zu Misling I gibt es wenig zu berichten. Sandfischer Wang zählte von seinem Boot aus 50 Pfähle und vermutete dort 2 Hütten.

Systematische Forschung wurde erst unter Johann Offenberger vom Bundesdenkmalamt ab den 1970er Jahren in Angriff genommen. Allerdings musste er erst die Methoden entwickeln, wie man unter Wasser detailgerechte Vermessungen durchführen kann und Tauchteams entsprechend einschulen. K. Czech vom Tauchteam Wels untersuchte die Siedlung Misling I und sprach von ca. 12.000 Pfählen mit einer Dichte von 10 bis 15 pro qm.

Misling II

Steinbeile im Pfahlbaumuseum Mondsee
Kupferbeil aus Misling II

In Misling II wurde die Gesamtzahl der Pfähle auf 19.000 geschätzt, im Zentrum der Siedlung 20 bis 25 Pfähle/qm. Die durchschnittliche Dicke der Pfähle beträgt ca. 10cm. Mit einem scharfen Steinbeil konnte so ein Stamm in wenigen Minuten geschlägert werden. Als Hölzer wurden 22% Fichte, gefolgt von Pappel und Weide verwendet, während man am Landungssteg Attersee keine Fichte, sondern hauptsächlich Esche und Schwarzerle verwendete, die dort vorkamen. Die Pfahlbauer achteten nicht auf haltbares Holz, sondern verwendeten, was sich in ihrer Nähe befand.

Besonders interessant am Fundort Misling II war für Offenberger, dass er hier den Beweis fand, dass die meisten Siedlungen an Mond-und Attersee nicht im Wasser standen (außer Mooswinkel), sondern auf trockenen Strandplatten. Die kurzen Pfähle waren Befestigungen der Grundschwellen und er konnte Verzapfungen der Pfähle mit Nut-und Federverbindungen finden – also viele bautechnische Details klären, wie auch einen vom Erdboden abgehobenen Fußboden mit 2 cm dicken Brettern. Die Größe der Hütten nahm er mit etwa 3 x 5m an. Sowohl in der Station Scharfling als auch in Misling waren größere Flächen mit Rindenbahnen belegt, vermutlich um die Wege trocken zu halten. Auch deuten die Funde einiger quadratmetergroßer Lehmlinsen auf Herdunterlagen hin. Die Station hat ungefähr das gleiche Alter wie die Station See am Mondsee, sie bestand von ca. 3800 – 3500 v. Chr.

Misling II gehört wie Abtsdorf III, Litzlberg Süd, Seewalchen und Weyregg zur Mondseegruppe, die eine eigenständige reich verzierte Keramik aufweist und auch ein Kupferverarbeitungszentrum war. Hier wurde besonders hartes Kupfer, sogenanntes Arsenkupfer, geschmolzen. Das Rohmaterial dafür kam wahrscheinlich aus Südosteuropa. Misling II hat die typischen Funde, die auch in See am Mondsee und den meisten anderen Stationen gefunden wurden: als Leitfund die furchenstich-verzierten Keramikkrüge, fein polierte Steinwerkzeuge, über 200 Steinbeile, einige Gusslöffel zum Kupferschmelzen, einige Kupferbeile, Wildfrüchte, Wildäpfel, auch 165 unverkohlte Ährenreste.

Alleinstellung hat Misling bei Leinsamen, allerdings gibt es keinen Nachweis, dass Flachs versponnen wurde. Leinsamen wurde jetzt auch in Abtsdorf I, der bronzezeitlichen Siedlung, gefunden. Ein weiterer Einzelfund ist ein Bogen, während man Pfeilspitzen in allen Stationen geborgen hat. Außergewöhnlich sind auch eine Kugelkopfnadel und ein Fußschale, die eher schon in die Bronzezeit gehören.

Erstaunlich ist auch, dass man in Misling II von den 5 üblichen Haustieren nur Rinderknochen in großer Anzahl (429) gefunden hat, während sich die restlichen Tierknochen nur im einstelligen Bereich bewegen. In See am Mondsee jedoch hat man 2089 Rinderknochen gefunden und im Verhältnis 4:1 die übrigen Haustiere und 90 Hunde. In Misling II konnten 16% der Knochen gejagtem Wild zugeordnet werden - am Mondsee allerdings 30%, darunter 47 Bären. Die Rinder aller Pfahlbauer rund um die Alpen waren kleiner (115cm) als die anderer Kulturgruppen, was wiederum beweist, dass die Seeufersiedler eine andere Herkunft hatten als die Linarbandkeramiker.

Aus welchem Grund die Siedlungen aufgegeben wurden, ist nicht restlich geklärt. Menschliche Skelette wurden bisher nicht entdeckt. Misling I gilt als zerstört und die meisten Funde als verloren. Einen Großteil der Fundstücke von Misling II kann man im Pfahlbaumuseum Mondsee bewundern.

Quellen

  • Autorin: Johanna Srdiharan
  • Alle Fotos: Johanna Sridharan, Ausstellungsstücke im Pfahlbaumuseum Mondsee, OÖLKG

Literatur

  • Johann Offenberger: Die österreichischen Pfahlbauten, 1976
  • Das Mondseeland. Ausstellung des Landes Oberösterreich 1981
  • M. Schmitzberger: (unpubl.) Haus-und Wildtierreste aus der neolithischen Pfahlbaustation Unterach-Misling II am Attersse
  • Schoch W., Schweingruber F.: Hölzer und Samen aus der neolithischen Seeufersiedlung Misling am Attersee. JBOÖMV 123a, 1978: 223–227.