Geologie des Attergaues

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Blick von der Kronberg-Kapelle

Das Panorama am Aussichtsplatz an der Kronbergkirche zeigt die Gletschermoränen des Hausrucks, die am nördlichen Horizont den Attergauer Talkessel umrahmen. Hinter der tiefblauen Wasserfläche des Attersees erhebt sich die hügelige Flyschzone des Naturparks zwischen Attersee und Traunsee. Südlich türmen sich die Felswände des Höllengebirges auf.

Blick von Nußdorf zum Höllengebirge


Erdgeschichtliche Entwicklung

Bei den tektonischen Verschiebungen der Kontinentalplatten während der Kreide bzw. Kreidezeit[1], die vor 145 Millionen Jahren begann und 80 Millionen Jahre andauerte, bewegte sich die Afrikanische Platte gegen den europäischen Kontinent nach Norden. Das ehemals über 1000 km breite Mittelmeer mit Kontinentalrändern, Tiefseebecken und dem mittelozeanischen Rücken wurde zum weniger als 100 km breiten Alpenbogen zusammengedrückt. Geowissenschafter der Universität Wien gehen davon aus, dass in der Kreidezeit vor 80 Millionen Jahren in unseren Breiten ein tropisch-subtropisches Treibhausklima herrschte. In Feuchtgebieten wuchsen Palmen, Palmfarne sowie Schraubenbaum- und Magnoliengewächse.

Die europäische Kontinentalplatte - ein abgetragenes einstiges Hochgebirge aus Graniten und Gneisen - tritt nördlich der heutigen Donau als Böhmische Masse[2] zu Tage. Der Meeresarm zwischen den Kalkalpen[3] im Süden und der Böhmischen Masse im Norden wurde durch die alpine Erosion zugeschüttet. Es bildete sich die Molassezone[4] des Voralpenlandes (Süßwassermolasse).

Über der kristallinen Urgesteinsmasse der europäischen Kontinentalplatte wurde südöstlich von Wels in einer Tiefe von etwa 1000 – 2000 Metern Erdöl gefunden. Erdgas befindet sich dort in etwa 500 m Tiefe. Im Attergau erreichte die bisher tiefste Bohrung um die 4500 m Tiefe. Es wurden wiederholt geologische Untersuchungen durchgeführt um Öl- und Gaslagerstätten zu finden. Gesteinsverschiebungen zerteilen die Öllagerstätten und erschweren die Suche.

Gestein

Das Gestein der Alpen besteht aus den in der Trias[5] - geochronologisch vor etwa 251 bis 199,6 Millionen Jahren - unter subtropischen Bedingungen gebildeten Meeresablagerungen. Südwestlich des Attersees an den Abstürzen des Schafberges treten Gesteinsschichten der Grauwackenzone[6] an die Oberfläche. Die Grauwackenzone zieht sich zwischen den Zentralalpen und den Nördlichen Kalkalpen vom Arlberg über den Dachsteinstock, den Eisenerzer Alpen bis ins Wiener Becken und wurde vorwiegend bei der Variszischen Gebirgsbildung[7] aufgefaltet. Sie ist reich an Bodenschätzen, wie Eisen, Kupfer, Magnesit, Graphit, Salz u.s.w. Mit etwa 60 Millionen Kubikmetern auf 240 Quadratkilometern befindet sich am Fuße des Schafberges eines der größten Vorkommen an Hornsteinen und Radiolariten Europas. Der Kalk der nördlichen Kalkalpen enthält versteinerte Fossilien, welche auch im Attergau zu finden sind.

Landschaftsformen

Die Eismassen des Traungletschers während des Eiszeitalters[8] oder Pleistozän (2,5 Mill. bis 10 Tausend Jahre vor Chr.) formten die Berg- und Seenlandschaft des Attergaues zu ihrer heutigen Gestalt. Die Gletscherzungen reichten weit in das Vorland der Alpen hinaus, schürften die Seebecken aus und bildeten die Endmoränen des Attergaus.

Auf dem Höhepunkt der Nacheiszeit (Holozän)[9] vor etwa 7000 Jahren, war Europa völlig eisfrei. Die derzeitigen Gletscher sind demnach relativ jung und höchstens 6000 Jahre alt. Ihr Umfang schwankte in den letzten Jahrtausenden stark. Die verbreitete Annahme, der Dachsteingletscher sei ein Rest des großen Traungletschers der letzten Eiszeit, ist nach aktuellen Erkenntnissen nicht zu halten.

Die Landschaft um den See gehört drei verschiedenen geologischen Epochen an. Im Süden umrahmen das Höllengebirge und die Abhänge des Schafberges die Wasserfläche. Diese Gebirgszüge gehören zu den nördlichen Kalkalpen, die schon lange vor den Eiszeiten aufgetürmt wurden. Gegen Norden zu wird das Land immer hügeliger und flacher. Die Berge der Flyschzone laufen in kleinen Hügelketten aus. Es sind dies Moränengürtel, die von dem Gesteinsmaterial, das die Gletscherzungen vor sich hergeschoben hatten, geformt wurden. Im Norden des Sees schließlich beginnt das Alpenvorland, welches in Oberösterreich bis zur Donau im Norden reicht. Die abwechslungsreiche Landschaft des Atterseeraumes beschreibt der Geograph Ignaz Gielge um 1800 in poetischer Sprache: Der See ist "seiner Grundfarbe nach blaulicht; von Seewalchen hinauf umgränzen ihn üppige Felder, Wiesen, Obstbäume, niedliche Fischerhäuschen, Schlösser, Kirchörter etc. Aber bald ändert sich die Szene: die fruchtbaren lieblichen Ufer werden ernster und düster, die sanften Gegenden steigen nach und nach in die Höhe, die Gärten und Baumanlagen wechseln mit Wäldern und Felsen, kahle Steinklippen hängen jetzt in den See hinein, Felsen von ungeheurer Größe thürmen sich übereinander den Regionen der Wolken zu, in denen der Bartgeyer und die übrigen Raubvögel mit wildem Gepfeiffe ihrer Beute nachjagen."

Rutschgebiet

Jägermaisrutschung 1959
Jägermaisrutschung 1959

Das abwechslungsreiche Landschaftsbild verdankt der Attergau seiner Lage in der Flyschzone[10] am Übergang von den nördlichen Kalkalpen zur Molasse des Voralpenlandes. Die Flyschzone, ein aus Ton- und Sandsteinen aufgebauter bewaldeter Mittelgebirgsstreifen, erreicht zwischen Mondsee und Traunsee seine größte Breite.

Ein Merkmal von Flyschzonen - flyschen stammt von fließen - sind Hangrutschungen wie am Weyregger Rohrleitengraben in den Jahren 1890 und 2008 und die Jägermaisrutschung 1959, welche im Artikel Katastrophen geschildert wird. Durch starke und anhaltende Regenfälle rutschten am 14. Juni 1959 zwischen Kammer und Seeberg etwa 300.000 m³ Material mitsamt einem Haus und einem Teil der Bundesstraße in den Attersee ab. Daraufhin wurden bei sämtlichen kleineren und größeren Rutschungen zwischen Schörfling und Weißenbach Entwässerungsmaßnahmen durchgeführt. Von einer früheren Rutschung befindet sich unter der Wasseroberfläche ein ganzes Waldstück mit aufrecht stehenden Baumfragmenten, das zu einem beliebten Ziel von Tauchern im Attersee geworden ist. Die Hangrutschung am Gschliefgraben am Fuß des Traunsteins 2007 war Gegenstand internationaler Aufmerksamkeit.

Verlandungsvorgang

Die Salzkammergutseen sind vom geologischen Standpunkt aus sehr kurzlebige Gebilde. Durch den Vorgang der Erosion werden nämlich die Wasserbecken durch zu Tal getragenes Gesteinsmaterial nach und nach wieder aufgefüllt. Dieser Verlandungsvorgang des Sees dürfte beim Attersee aber erst in zirka 500 000 Jahren abgeschlossen sein. Obwohl dieser Vorgang für unser menschliches Auge mit unvorstellbar langsamer Geschwindigkeit vor sich geht, kann man doch bei genauem Studium der Landkarte sehen, wie im Mündungsgebiet von Bächen und Flüssen das Festland halbinselförmig in den See hineinwächst. Dessen ungeachtet wird der See uns und vielen kommenden Generationen noch lange Freude und Nutzen bringen.

Quellen und Fußnoten