Nußdorfer Goldhaubenfrauen

Kopftuchträgerinnen auf dem Heimweg von der Sonntagsmesse im Jahr 1939 beim Fleischhacker Kreuz in Nußdorf

Goldenes Jubelpaar Aloisia und Felix Großpointner 1946

Goldhaubenfrauen und Kopftuchträgerinnen im Jahr 1952

Goldhauben-Kinder auf dem Festwagen 1977

Perlhaubenfrauen 1977

Nußdorfer Goldhaubenträgerinnen beim 70jährigen Gründungsjubiläum 2022

Bildstock der Goldhaubenfrauen bei Wienerroith 1995

Widmungstext des Bildstockes

In der Gemeinde Nußdorf am Attersee hat das Tragen von Kopftüchern und Goldhauben eine lange Tradition, aus der sich 1952 ein Gemeinschaft entwickelte. Im Jahre 1976 fand sich eine Gruppe junger Frauen zusammen, die schwarze Perlhauben für sich und Goldhauben für ihre Kinder stickten, welche gemeinsam mit den traditionellen Kopftüchern und Goldhauben getragen werden. Im Jahr 2022 feiert die Gemeinschaft der Nußdorfer Goldhauben- und Kopftuchträgerinnen ihr 70-jähriges Gründungsjubiläum. Damit gehört sie zu den ältesten ihrer Art in Oberösterreich.

Herkunft

Die sogenannte Bodenhaube, eine Vorläuferform der Linzer Goldhaube, ist seit dem 17. Jahrhundert in Oberösterreich bekannt. Die Goldhaube und die schwarze Perlhaube verbreitete sich ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ausgehend vom reichen Industrieadel im Krems- und Steyrtal begannen die Bürgersfrauen der Biedermeierzeit zur Festtracht Goldhauben zu tragen und schwarze Flor- oder Perlhauben an Wochentagen zuhause. Diese Volkstrachten blieben bis zur Bauernbefreiung um 1848 relativ konstant bis die Kleidersitten ihre Bedeutung verloren. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Goldhaube nur mehr in Gruppen und Vereinen getragen, während sich das Kopftuch im bäuerlichen Bereich bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs als Sonn- und Festtagstracht hielt. Das kunstvolle Falten der schwarzen Kopftücher will gelernt sein und wird von Generation zu Generation weiter vermittelt.

Ab den 1970er Jahren erhielt das Tragen von alten Festtagstrachten eine neue Bedeutung. Soziale Unterschiede lösten sich auf und die gesellige Gemeinschaft wurde zum sinnstiftenden Motiv. Es wurden Stickkurse veranstaltet, in denen die Frauen selbst ihre kunstvollen Hauben herstellen konnten. Die Frauengruppen beteiligen sich am kulturellen Leben, erneuern vergessenes Brauchtum und betätigen sich in sozialen und karitativen Projekten.

Von der Mitgestaltung des öffentlichen Lebens unter der Prämisse, „Altes erhalten und Neues gestalten“ geht ein Impuls zur Trachtenerneuerung aus. Innerhalb der europäischen Gemeinschaft kommt der Volkskultur der einzelnen Regionen eine steigende Bedeutung zu, wodurch auch die Freude am Tragen regionaler Trachten eine deutliche Belebung erfährt. Derzeit sind in den Mappen des Oberösterreichischen Heimatwerkes mehr als 200 Trachten präsentiert, die von nahezu 4000 Frauen getragen werden. Gab es 1976 in Oberösterreich 120 Gruppen mit etwa 2000 Mitgliedern, so sind 2011 etwa 18.000 Frauen in den Gemeinschaften Oberösterreichs tätig.

Die Herstellung und Verwendung der Linzer Goldhaube wurde 2016 von der UNESCO in das österreichische Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Am 9. November 2017 erfolgte die Urkundenverleihung im Rahmen eines Festaktes im Augartenpalais in Wien an Landesobfrau Martina Pühringer. Die besondere Rolle der Goldhaubenfrauen in der Volkskultur unseres Landes findet damit Anerkennung und Bestätigung.

Goldhauben- und Kopftuchtradition

Schon lange vor der Gründung des Vereins war das Tragen von Kopftüchern und Goldhauben in Nußdorf und der Attergauregion gebräuchlich. Fotografien von Kopftuchträgerinnen auf dem Heimweg von der Sonntagsmesse im Jahr 1939 beim Fleischhacker Kreuz in Nußdorf sowie von der Goldenen Hochzeit von Aloisia und Felix Großpointner, Schneidermeister in Nußdorf, aus dem Jahr 1946 zeigen eine gelebte Goldhauben- und Kopftuchtradition.

Das 100-jährige Gründungsjubiläum der Musikkapelle im Jahr 1952 bot den Nußdorfer Kopftuch- und Goldhaubenträgerinnen den entscheidenden Anlass, sich zum Zweck der nachhaltigen Pflege dieser Tradition in einer Gemeinschaft zusammen zu schließen. Während der folgenden Jahre wurden dann die alten Goldhauben und Kopftücher getragen, die in den Häusern von früher her vorhanden waren. Neue Goldhauben sind in dieser Zeit kaum entstanden. Festtage des kirchlichen Jahreskreises wie auch besondere Jubiläen und Feierlichkeiten, wie zum Beispiel das goldene Priesterjubiläum des Nußdorfer Pfarrers Dechant Karl Göschlberger im Jahr 1960 waren Anlässe zum Tragen der Goldhauben und Kopftücher.

Eine starke Belebung erfuhr diese Tradition als sich 1976 eine Gruppe junger Frauen zusammenfand und begann, schwarze Perlhauben zu sticken. In der Folge entstanden in weiteren Stickkursen viele neue Goldhauben und Trachtenkleider für Kinder und Erwachsene. Beim 125-jährigen Bestandsjubiläum der Nußdorfer Musikkapelle 1977 konnte bereits eine beachtliche Anzahl von großen und kleinen Gold- und Perlhauben-Trägerinnen am Festzug teilnehmen. Ein besonderes Ereignis war das 110-jährige Gründungsfest mit Fahnenweihe des Nußdorfer Kameradschaftsbundes 1988, der aus dem Militärveteranenverein hervorgegangen war.

Die Nußdorfer Goldhaubentradition erfuhr in dieser Zeit auch eine Ergänzung durch traditionell mit Frack und Zylinder gekleidete Herren. Der Tierarzt Dr. Friedrich Prodinger und der Arzt und Ferienvillenbesitzer Dr. Klaus Flemmich übernahmen als Erste diese ehrenvolle Aufgabe. Die Familie Flemmich betrieb in früherer Generation eine bekannte Weberei für hochwertige Jacquardbrokate und Tücher und ist daher der Volkskultur sehr verbunden.

Die Nußdorfer Goldhauben- und Kopftuchgemeinschaft tritt nicht nur bei kirchlichen und weltlichen Festen in Erscheinung, sondern engagiert sich auch für soziale und karitative Zwecke. Die Erlöse von verschiedenen Veranstaltungen im Sommer und im Advent werden für Hilfsprojekte im näheren und weiteren Umkreis gespendet. Im Jahr 1995 wurde in der Wienerroith ein Bildstock errichtet, an dem seither Maiandachten gehalten werden und von wo aus die traditionelle Fußwallfahrt zur Kronbergkirche beginnt.

Die Goldhaubengruppe gestaltet Muttertagsfeiern, Jubiläen der Mitglieder, Näh- und Handarbeitskurse, Faschingsfeiern, Stammtische und Ausflüge, sie kümmert sich um den Erhalt und die Betreuung der Nußdorfer Weihnachtskrippe mit lebensgroßen Figuren und vieles mehr. Die Pflege eines gesellschaftlichen Lebens über alle Gruppen der Bevölkerung hinweg, ein regelmäßiger Austausch, das gegenseitige Kennen- und Schätzenlernen trotz unterschiedlichster Lebensumstände, macht die Nußdorfer Kopftuch- und Goldhauben-Trägerinnen zu einem außerordentlich wertvollen Teil der Dorfgemeinschaft.

Obfrauen

• Emilie Lemmerer 1952 - 1981
• Josefa Roither 1981 - 1996
• Elisabeth Großpointner und Uschi Hollerweger 1996 - 2010
• Monika Meister 2010 - 2015
• Renate Neubacher ab 2015

Bildergalerie

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  Goldene Hochzeit Aloisia und Felix Großpointner 1946

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  Goldhaubengruppe Nußdorf 1946

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  Goldhaubenfrauen im Gespräch 1949

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  Maria Gruber, Hiaslbäurin, 1951

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  Bürgermeister Hollerweger mit Gattin im Festwagen 1952

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  Goldhaubenfrauen beim 100-jährigen Gründungsfest der Musik 1952

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  Drei Goldhaubenfrauen beim Kirchgang 1958

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  Gruppenbild der Goldhauben- und Kopftuchträgerinnen 1958

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  Goldhaubenträgerinnen 1960

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  Goldenes Priesterjubiläum Dechant Karl Göschlberger 1960

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  Prozession 1960

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  Goldhaubenfrauen 1960

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  Maria und Ludwig Gruber, Hiaslbauer, 1964

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  Goldhauben-Kinder 1977

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  125-jähriges Musikfest 1977

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  Festzug mit Herrenbegleitung 1977

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  Goldhauben vor dem Kriegerdenkmal 1977

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  110 Jahre Kameradschaftsbund – Goldhauben vor der Ehrentribüne 1988

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  Nußdorfer Goldhaubenfrauen

Quellen

• Sammlung Walter Großpointner, Nußdorf
• Sammlung Hemetsberger, Nußdorf