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Aktuelle Version vom 5. November 2023, 12:41 Uhr
Der Edelsitz Wildenhag war über Jahrhunderte ein adeliges Landgut im Attergau.
Geschichte
Die wichtigsten Besitzer und vermutlich auch die Erbauer von Wildenhag waren die Uetzinger.
Die Uetzinger
Sie haben ihren Namen nicht, wie der Atergovius schreibt, von dem Dorf Wötzing bei St. Georgen im Attergau, sondern stammen - so meint zumindest Zauner[1] - aus einem kleinen Ort bei Leonding, der heute Jetzing heißt. Zwei Vertreter dieses Geschlechtes erscheinen 1271 im Gefolge der Herrn von Traun zum erstenmal in den Urkunden. Ihre Nachkommen haben als kleine Ritter schon ein Jahrhundert rund um den Kürnberg und im unteren Mühlviertel gelebt, bis dann einer von ihnen im Attergau Fuß fasste. Als die Habsburger in den Besitz des Attergaues kommen (1379) erscheinen die Uetzinger im Besitz von Wildenhag, einem adeligen Landgut, das landesfürstliches Lehen war. Sie nahmen von diesem Schloss ihr Adelsprädikat. Die verwandtschaftlichen Zusammenhänge untereinander sind dabei nicht immer klar erfassbar.
Schon in zwei Salzburger Urkunden von 1300 und 1302 bezüglich der Au bei Hüttenstein kommen ein Gotschalk und ein Otto Uetzing vor. Von diesem Otto stammen Konrad, Laurenz und Wilhelm. Mit dem Sohne Wilhelms, Berthold, und dem Enkel Wilhelms, Ulrich, betreten wir gesicherten Boden.
Dieser wurde schon um 1400 mit dem Landsitz Wildenhag belehnt, den ihm nach 1411 auch Herzog Albrecht V. überließ. Gleichzeitig mit ihm lebte ein Jakob Uetzing, der ebenfalls Lehen in der Gegend besaß. Ulrich muss vor 1418 gestorben sein, weil zu diesem Zeitpunkt sein Sohn Erasmus für sich und seine Brüder Veit und Valentin die Lehen des Vaters bekam.
Veit gründet die Linie der Haunsperg. Sein Enkel Ulrich wird nach dem Tode Erhards - des Enkels von Erasmus - 1497 Wildenhag als Lehen bekommen. Zunächst aber folgt Erasmus seinem Vater als Besitzer der Herrschaft Wildenhag nach. Er besaß Güter zu Buch, Au, Waldweg, Hohenperg in der St. Georgener Pfarre, Zehentrechte in der Frankenmarkter und Pöndorfer Pfarre und Güter in Vöcklamarkt, Asten und Volkerding. Erasmus dürfte um 1400 geboren sein. 1455 wird er ein letztes Mal genannt. Den Sitz Wildenhag bekam er sicher schon von Albrecht V.
Wildenhag bekam Marktrecht
Friedrich III. verleiht seinem Besitz das Marktrecht. In der am 23. Jänner 1449 zu Wiener Neustadt ausgestalteten Urkunde heißt es u. a.:
"Wir haben auch den vorgenannten Uetzinger die besunder gnad getan und vergundt, alle seine güetter zu nächst an dem obegenanten Berg gelegen zueinander zu legen und daraus einen markht zu machen und imdaselbsthin Burkfridt und markht Recht gegeben. Und also das unser Erben und nachkhumen alle wochen auf dem Erichtag [Dienstag] einen Wochenmarkht und eines jeglichen Jar zwen Jahrmarkht. Einen an des heyligen Kreuztag als es funden worden [3. Mai] und en andern an der he Uli gen zwölfbotten Sandt Synum und Sand Judastag [28. Oktober]. Daselbs haben und darzu allen und jeglichen gnaden freyhaiten rechten gerechtigkheiten und guetten gewonhaiten daselbs."
Die Marktverleihung Kaiser Friedrichs III. ist deshalb interessant, weil sich der Ort trotzdem nicht zum Markt entwickelt hat. Aus der Formulierung des Privilegs ist zu entnehmen, dass Wildenhag zum Zeitpunkt der Markterhebung noch eine rein agrarische Siedlung war. Erasmus von Uetzing erhielt nämlich das Recht, seine Güter in der Nähe des Berges, auf dem der Sitz lag, zusammenzulegen und daraus einen Markt zu machen. Diesem wurden ein Burgfried, ein Wochenmarkt an jedem Dienstag und zwei Jahrmärkte verliehen. Außerdem bekam er für diese Burg und die umliegenden Güter die Freiung für alle ehrlichen Verbrechen, nicht aber für Mörder, Räuber und Diebe oder andere Täter unehrlicher Taten, d.h. vor allem landschädliche Leute.
Unter ,Burgfried' ist hier der befriedete Bezirk um einen Markt zu verstehen, also der Geltungsbereich des Marktrechtes und die Grenzen desselben. ,Freiung' meint einen besonderen Schutz und ein Asylrecht.
Wildenhag konnte sich nicht entwickeln
Offenbar waren die Mittel der kleinen Herrschaft zu gering und die Stellung der Uetzinger als treue Anhänger des Kaisers nach 1452 zu schwierig, um die geplante Gründung Wirklichkeit werden zu lassen. Hätte sie Erfolg gerhabt, wäre die Markterhebung von St. Georgen in unmittelbarer Nähe, die bald darauf (1463) erfolgte, nicht möglich gewesen. König Ladislaus verlieh ihm erneut den Sitz Wildenhag und als Gnadenlehen ein Gut in Spielberg, das nach dem Tod des Jörg Eckart ledig geworden war.
Entsprechend dem Schicksale der einzelnen Ritterfamilien konnte die weitere Entwicklung dieser kleinen Grundherrschaften wie Wildenhag im 16. und 17. Jh. sehr verschieden verlaufen. Manche von ihnen sind auf den Ausgangspunkt des 15. Jhs., an dem sie alle noch sehr ähnlich waren, stehengeblieben. Zu dieser Gruppe gehört Wildenhag. Hier bestand zwischen der Gruppe jener Lehen, die schon im 15. Jh. mit dem Sitz verliehen wurden, und der neuzeitlichen Herrschaft kaum ein Unterschied. Andere haben ihren Besitz abrunden und eine ansehnliche Zahl von Untertanen dazu erwerben können.
Erasmus war mit Ursula, einer Tochter des Dankwart Hauzenberger verheiratet und hatte drei Söhne: Wolfgang, Ulrich und Siegmund. Wolfgang war Pfleger in Lieben stein, Siegmund Hofrichter in Lambach und Anwalt der Landeshauptmannschaft Linz.
Ulrich folgte seinem Vater. Er hatte 4 Töchter und einen Sohn, der den Namen des Großvaters der Mutter Erhard erhielt. Er nannte sich 1495 nach Wildenhag und ein Jahr später wurde er für sich und Ulrich, den Sohn seines Onkels Hans, mit diesem Sitz belehnt.
Erhard starb 1497 ohne Erben als Hofrichter von Lambach. Den Sitz Wildenhag mit den dazugehörenden Lehen bekam Ulrich, der Sohn von Hans; er wurde 1523 erneut mit Wildenhag belehnt. Dieser Ulrich war verheiratet mit Veronika von Mitterberg und hatte von ihr zwei Töchter und den Sohn Jakob. Dieser wurde nach dem Tode seines Vaters, der 1544 starb, im Jahre 1546 mit Wildenhag belehnt.
Der letzte Uetzinger
Jakob starb als Letzter seines Geschlechtes 1554. Wie das 2. Wappen auf seinem Grabstein zeigt, gehörte seine Frau Barbara dem aus Niederösterreich stammenden Geschlecht der Sonderndorf an. Sein Grabstein in der Pfarrkirche St. Georgen (bisher links von der kleinen Kirchentür) wird zum Schutz vor Wind und Wetter in der Vorhalle eingemauert und trägt die Inschrift:
Hie ligt begraben der Edl und Vest Jakob Vezinger zu Wildenhag der lest dises Namens und Stambes der gestorben ist am Phincztag nach unser Frauen Schidung tag 1554 de Got genad. (16. August, Donnerstag nach Maria Himmelfahrt)
Jakob Uetzinger war bei seinem Tod hoch verschuldet und seine Mutter Veronika führte mit ihrer Schwiegertochter, der Witwe des Jakob, einen Prozess, der aber gütlich beigelegt wurde.
Weitere Lehensnehmer
Nach dem Aussterben der Uetzinger verlieh König Ferdinand der I. Wildenhag dem Erasmus von Gera als Gnadenlehen, der es jedoch 1556 dem Georg Arnsteiner verkaufte. Dieser gab Wildenhag jedoch schon im folgenden Jahr seinem Bruder Hans weiter. Hans hinterließ 1561 die unmündigen Söhne Tobias und Christoph, für die ihr Onkel Georg wieder mit Wildenhag belehnt wurde. Im Jahre 1565 dürfte dieser gestorben sein, denn Ursula, die Witwe des Hans, erwirkte zuerst einen Aufschub von der Belehnung, die dann für die immer noch Minderjährigen an Achaz von Inderseer erfolgte.
Erst 1583 wurde Tobias für sich und seinen Bruder belehnt. Sie verkauften Wildenhag aber im nächsten Jahr an Leonhard Hohenzeller, der 1593 starb und die Tochter Susanne hinterließ. Für sie nahm zuerst Sigmund Widerroiter den Sitz in Empfang, bis sie Ludwig von Schmelzing heiratete, der sich 1597 auf Wildenhag nachweisen lässt, aber erst 1603 belehnt wurde. Nach Meinung des Pflegers von Kogl wollte Ludwig Schmelzing nämlich 1597 von Wildenhag aus etwas zu weit das ,Reisgejaid' (Jagd im Unterholz, niedere Jagd) ausdehnen.
Am 27. März 1599 wurde ihm ein Sohn Ludwig geboren und von Georg Hack und Wilhelm Stockhamer, den Inhabern der Herrschaft Kammer und Frankenburg, sowie von David Engl, Bruder des Simon Engl, aus der Taufe gehoben.
L. Schmelzing verkaufte die kleine Herrschaft 1606 dem Georg Hutstocker, der sie 1614 dem Max Hohenfelder überließ. Für die Söhne desselben, Ferdinand und Wolf Ludwig, wurde 1623 ihr Onkel Ludwig belehnt.
Schließlich kaufte den Sitz 1624 Hans Paul Geumann, der ihn 1633 dem Franz Christoph Khevenhüller weitergab. Der aber behielt Wildenhag auch nicht lange, sondern verkaufte Wildenhag mit Walchen schon 1638 an Nikolaus Gerland. 1750 erwarben die Schallenberger das Schloss, 1767 und 1788 werden die Klaus als Besitzer genannt, dann ein Dr. Preuner.
Der Niedergang des Schlosses
Seit 1808 ist laut Franzisceischem Kataster Christian Freiherr von Aretin der Besitzer, von dem der Kataster weiß:
... sofort wurde das Schloss abgebrochen und das ganze Dominium (Herrengüter) rustikalisiert (verbäuerlicht). Die große Meyerei bildet nun ein wohlbestelltes Bauerngut unter dem Namen Verwanger zu Wildenhag; der noch bewohnbare Theil des Schlosses blieb der Rosalie Breuner, welche an einen Landarzt selbes verkaufte, der neue Bauten und Verschönerungen vornimmt, eine eigene Straße zu seinem Wohnsitze anlegte, und überhaupt durch die Ausübung seiner glücklichen Churart gegnwärtig von dem Landmanne den Namen Wunderdoktor erhalten hat.
Dieser ,Wunderdoktor' war der Chirurg Joseph Hamberger, der das ,Schloss' noch 1830 besitzt. Jedenfalls hatte der Adelssitz Wildenhag schon vor Auflösung der Grundherrschaften (1848) zu bestehen aufgehört und war zu einem bloßen Wohnsitz geworden.
Die Güter, die einst zu Wildenhag gehört hatten, sind seit 1395 bis zu seiner Auflösung gleich geblieben.
B. Pillwein beschreibt Wildenhag um die Mitte des 19. Jhs. folgendermaßen: ein Dorf von 33 Häusern, 42 Wohnparteyen, 201 Einwohner mit einem größtentheils in Ruinen liegenden Schlosse gleichen Namens, eine halbe Stunde von St. Georgen.
Und der Atergovius schreibt am Beginn des 20 Jhs.: Vom Schlosse Wildenhag sind nur mehr spärliche Reste vorhanden.
Das Schloss Wildenhag dürfte spätestens in der 1. Hälfte des 16. Jhs. als dreistöckiger, teilweise gewölbter Bau errichtet worden sein.
Es wird nämlich 1574 und zwischen 1578 und 1581 bereits als baufällig bezeichnet. Der genauen Beschreibung, die das zweite Mal gegeben wird, können wir entnehmen, dass der Bau im Erdgeschoss und im ersten Stock je vier Räume besaß und im zweiten Geschoss eine Kapelle:
Erstlich der Syz Wildennhag ... ist ain gemauert Hauß zwayer Gadn hoch die Hauptmaur so sonnsten zimblich starkhainstails zerrissen, hat herunden im Hauß ain Wein- oder Millichgrübl unnd vier unnderschiedliche gewelb, darunder ein khlaines unnd ist der Einganng des Hauß also auch die yeztbemelten vier gwelb oder Gemach alle gewelbt. Auf dem ersten Poden ist dasVorhauß auch gewelbt, hat auf der ainen Seiten ein zimbliche weite Stuben daran ain Camer, genuber ain clains Stübl daraun ain zimbliche weite Camer, mer auf diesem Poden ain Khuchl. Auf dem andern Poden unnderm Dach sein zwen offen Traitcässten unnd ain clains Capelel. Es ist aber das Tach gleichfals die Zimer an Fenster, Öfen Pöden alles paufällig gebrochen unnd sorglich, der ober Poden werde ainstails bald einfallen, dann daran durch Regen unnd Ungewitter, weil das Tach zerissen unnd nit guet ist, grosser Schaden beschehen. Stiftsbibl. Göttweig Hs. Katalognr. 508, Standortnr. 404
Der Kupferstich von G. M. Vischer aus der 2. Hälfte des 17. Jhs. zeigt das Schloss in einem recht guten Zustand. Und dieses Schloss, wie es Vischer dargestellt hat, wird auch der aus St. Georgen stammende Barockautor Johann Beer (1655-1700) vor Augen gehabt haben, als er 1683 sein ,Kurzweiligen Sommertäge' drucken ließ. Denn hier verwendet er als Pseudonym den Namen ,Wolffgang von Willenhag / Oberösterreichischen von Adel'. Und in der ,Zuschrift' dieses Romans nennt er sich: Wolffgang von Willenhag, Herr aus Stampf und Nußdorf am Adersee, etc.
Quellen
- Helmut Pachler: Berg - St. Georgen - Straß im Attergau - Streiflichter und Zeugnisse aus 4000 Jahren, Heimatverein Attergau 2006
- Dieses Buch ist beim Heimatverein Attergau erhältlich.
- ↑ Alois Zauner: Vöcklabruck und der Attergau; OÖ. Landesarchiv; Verlag Böhlau, Graz, 1971, ISBN 3 205 01111 2