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Aktuelle Version vom 13. April 2024, 20:19 Uhr
Brauchtum im Jahreskreis stellt dem Jahreslauf folgend einige wichtige Bräuche und Feste, wie sie in der Region Attersee-Attergau üblich sind, kurz vor. Viele von diesen Bräuchen und Festen sind auch in anderen Regionen verbreitet.
Jahresbeginn
Das Glöckeln am Vorabend des Dreikönigstages hat eine lange Tradition. Dabei geht eine Gruppe von Sängern von Haus zu Haus, Glöckellieder werden gesungen, und die Glöckler werden von den Hausleuten bewirtet. Das Glöckeln ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie sich der Sinn eines Brauches im Laufe der Zeit wandeln kann. Denn früher, als der Lebensmittelüberfluss von heute vielen Menschen unbekannt war, gingen die Glöckler nicht nur zur Unterhaltung von Bauernhaus zu Bauernhaus, sondern die erbettelten Krapfen waren auch ein begehrtes zusätzliches Nahrungsmittel. Der traditionelle Spruch der Glöckler lautete übrigens: "Bitt´ gar schön um an Glöcklerkrapfen, unser drei san ma!"
Aus diesem Brauch ist die Sternsingeraktion der Katholischen Jungschar entstanden. Dabei wird für Projekte in der Dritten Welt gesammelt.
Eine Besonderheit ist der Glöcklerlauf in Schörfling am Attersee, der alljährlich am Abend des 5. Jänner abgehalten wird. Über sechzig Darsteller mit Glöcklerkappen führen auf dem Marktplatz ihre Figuren vor und begeistern die zahlreichen Besucher. Auch in Steinbach am Attersee und Unterach am Attersee hat der Glöcklerlauf eine lange Tradition.
Einzelne Musikkapellen veranstalten auch ein "Glöckelblasen", so wie die Musikkapelle Weißenkirchen.
Wintervergnügungen
Das Eisstockschießen war und ist in den langen Wintermonaten eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten der (heute nicht mehr nur) männlichen Bevölkerung. Die Faschingszeit wird mit Bällen und Umzügen nach wie vor ausgiebig gefeiert. Der Faschingsonntag und der Faschingdienstag bilden die Höhepunkte der Faschingsveranstaltungen. Am Aschermittwoch wird die Fastenzeit mit einem Heringschmaus begonnen.
Osterbräuche
Die Palmbuschen, die am Sonntag vor Ostern geweiht werden, steckt man in die Gärten und Felder sowie in den Herrgottswinkel in der Stube. Das Ratschen als Ersatz für das Glockengeläut an den Kartagen und das Eierpecken am Ostersonntag gehören ebenso zum österlichen Brauchtum.
In den Kirchen wird das "Heilige Grab" errichtet. Im Glasmuseum Weißenkirchen ist ein 200 Jahre altes Heiliges Grab, das seit 100 Jahren nicht mehr in Verwendung steht, ausgestellt.
Die "Auferstehungsfeier" am Karsamstag, die "Speisenweihe" am Ostersonntag und das "Eierpecken" beenden die Fastenzeit.
Georgiritt
Am 24. April ist das Fest des hl. Georg. Am darauf folgenden Sonntag wird in St. Georgen im Attergau der Georgiritt mit anschließendem "Kranzlstechen" und "Blochziehen" durchgeführt.
Der erste Mai
- Hauptartikel: Maibaum
Der Aufmarsch der Musikkapellen, welche musizierend durch die einzelnen Ortschaften der jeweiligen Gemeinden ziehen, zählt ebenso zu den Maibräuchen wie das Aufstellen eines Maibaumes.
Zum Maibaumsetzen gehört auch das Maibaumkraxeln dazu, wobei junge Burschen den glatten Stamm des Baumes hochklettern, um in den Besitz der oben aufgehängten Trophäen (z.B. Würste) zu gelangen.
Wenn der Maibaum vor dem Aufstellen nicht gut bewacht wird, kann es sein, dass er gestohlen wird und ausgelöst werden muss. - Es ist dies einer der alten Stehlbräuche, die in dem alten Aberglauben wurzeln, dass "gestohlene" und wieder gewonnene Personen und Dinge einen besonders hohen Wert darstellen. Dazu gehört auch das Brautstehlen bei einer Hochzeit oder das Rafenstehlen (Rafen = ein Teil des hölzernen Dachstuhles) bei einem Hausbau.
Maiandachten und Bittprozessionen werden noch vielfach in den einzelnen Gemeinden abgehalten.
Fronleichnam
- Hauptartikel: Fronleichnamsfest
Ein Höhepunkt des kirchlichen Lebens sind die Fronleichnamsprozessionen am zweiten Donnerstag nach Pfingsten. Musikkapelle, Feuerwehrleute in Uniform, weißgekleidete Mädchen, welche Blumen streuen, und Frauen in Tracht ziehen vor dem ‘Himmel’, unter dem die Monstranz getragen wird, durch die Straßen und Felder.
Sonnenwende
Am 21. Juni wird in vielen Orten ein Sonnwendfeuer abgebrannt. Am Peter&Paul-Tag (29. Juni) wird in Berg im Attergau bei der Peterskirche in Berg ein sogenannter Feldfrüchtegottesdienst gefeiert und bei Einbruch der Dunkelheit das Petersfeuer entzündet.
Sommerfeste
Aus den Feuerwehrfesten, wie sie seit Beginn des 20. Jahrhunderts veranstaltet werden, hat sich eine Vielzahl ähnlicher Feste entwickelt. Dorf- und Pfarrfeste tragen dazu bei, das Gemeinschaftsgefühl unter den Bewohnern der einzelnen Ortschaften zu stärken. Große Seefeste mit Feuerwerk und einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm ziehen zahlreiche Besucher an.
In den einzelnen Gemeinden werden auch die Trachtensonntage abgehalten, meistens verbunden mit der Ehrung der silbernen, goldenen und diamantenen Hochzeitspaare.
Kirtage
Hauptartikel: Kirtage
Je nachdem, wann das Fest des Kirchenpatrons gefeiert wird, werden in den einzelnen Pfarrorten Kirtage abgehalten. Wie so ein Kirtag um die Jahrhundertwende in Unterach am Attersee aussah, das beschreibt Brigitte B. Fischer, die Tochter des berühmten Verlegers Samuel Fischer, mit folgenden Worten:
„Das Schönste des Sommers war der alljährliche Kirtag, das große Jahrmarktsfest. Der Marktplatz, ja das ganze Dorf Unterach, stand voller Buden, in denen man alles, was das Herz begehrte, kaufen konnte. Die Bauern brachten schöne, alte Sachen aus ihrem Besitz zum Verkauf, ihre alten seidenen Tücher, bunt gestickte seidene Dirndlkleider, gestickte Westen mit silbernen Knöpfen und Schnüren und vor allem ihren alten Bauernschmuck, die breiten Halsbänder, die aus vielen aneinandergereihten Ketten bestanden, um ihren Kropf zu verbergen, Ohrringe, Gürtelschnallen und Armbänder. Meine Mutter bekam manch schönes Stück geschenkt, von denen ich heute noch einige besitze. Der Kirtag dauerte gewöhnlich mehrere Tage, und ich habe kaum je festlichere Stunden als jene erlebt, da ich mit meinen Freunden durch die Budenstraßen ziehen durfte, in heißer Sonne, mit Leierkastenmusik und Karussellfahren.“ (B. Fischer, Sie schrieben mir..., S.75)
Sehr beliebt ist auch der Kirtag in Attersee am Attersee am 15. August. Am "Großen Frauentag" wird das Kirchweihfest der Wallfahrtskirche in Attersee gefeiert.
Erntedankfest
Wenn Ende September oder Anfang Oktober die Ernte der Feldfrüchte beendet ist, wird das Erntedankfest gefeiert. Die aus den Ähren verschiedener Getreidearten gebundene Erntekrone wird in feierlicher Prozession zu einem Dankgottesdienst in die Kirche getragen.
Leonhardiritt
- Hauptartikel Leonhardiritt
Der Leonhardiritt in Weißenkirchen im Attergau zieht jährlich viele Zuseher in seinen Bann.
Advent
Adventmärkte mit Verkauf
von Adventkränzen und
Advent- und Weihnachtssingen
gehören ebenso
zum vorweihnachtlichen
Brauchtum wie der Nikolaus,
der am Vorabend des 6. Dezember kommt und Geschenke
austeilt. Bemerkenswert ist der Einzug des
Nikolo in Schörfling am Attersee:
Der Zug wird von Krampussen mit ihren Ruten eröffnet,
es folgen die erste und die zweite "Habergoaß". Der
Nikolo wird in einer von acht maskierten Männern
geschulterten Sänfte auf den Marktplatz getragen. Dort
verteilt er aus dem von der Tanzgruppe mitgetragenen
"Goldberg" Geschenke an die Marktmusik. Der erwähnte
"Goldberg" ist übrigens nur in Seewalchen und Schörfling
bekannt und spiegelt vielleicht die Bedeutung wider, die
der heilige Nikolaus als Patron der Seefahrer und Flößer
hatte, für die die Ankunft am nördlichen Ende des Sees
ein wichtiges Etappenziel war.
Der Bedeutung des Goldberges kommt man vielleicht dadurch näher, wenn man bedenkt, wie der heilige Nikolaus für gewöhnlich dargestellt wird, und zwar in Bischofskleidung. In der Hand hält er ein Evangelienbuch, auf dem drei goldene Äpfel oder goldene Kugeln liegen, sie erinnern an eine Episode aus der Heiligenlegende, wonach Nikolaus durch ein dreifaches Almosen drei armen Jungfrauen aus ihrer Not geholfen habe.
In einzelnen Orten wie Attersee am Attersee und St. Georgen im Attergau werden seit jüngerer Zeiten auch Perchtenläufe abgehalten, die aber in der Region Attersee-Attergau keine Tradition haben.
Weihnachten
Von den neueren Bräuchen, die erst in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, erwähnen wir das Christbaumtauchen am Attersee. Auf ähnliche Weise, wie man auf die Gräber der Verstorbenen zu Weihnachten ein kleines Bäumchen zu stellen pflegt, soll der im See versenkte Weihnachtsbaum an die im See tödlich Verunglückten erinnern. Christbäume sind übrigens bei uns erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts üblich. Älter ist die Kunst des Krippenbaues, wie sie vor allem im inneren Salzkammergut (Ebensee) eine lange Tradition hat. Eine schöne Krippe, welche ganzjährig aufgestellt ist, findet man in Steinbach am Attersee.
Ein Beispiel dafür, wie sich aus alten Traditionen neue Formen entwickeln, sind die Krippen mit lebensgroßen Figuren, welche es erst seit einiger Zeit gibt. Bei der Nussdorfer Dorfkrippe etwa sind auch Personen aus der Gegend in ihren alten Trachten als Krippenfiguren gestaltet worden.
Quelle
- Franz Hauser, Berg im Attergau