Stern & Hafferl: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 21. August 2009, 10:05 Uhr
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Vorlage:Infobox Verkehrsbetrieb Die Firma Stern & Hafferl Verkehrsgesellschaft m.b.H. ist ein österreichisches Bahnunternehmen mit Sitz in Gmunden. Sie betreibt fünf elektrische Überlandbahnen sowie die Straßenbahn in Gmunden. Zudem ist sie Eigentümer der Attersee-Schifffahrt. Das Unternehmen ist sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr tätig. Zudem werden eigene Buslinien betrieben. Unter den zehn Privatbahnbetreibern Österreichs ist Stern & Hafferl das führende Unternehmen.[1]
Geschichte
Anfänge
Am 24. Dezember 1883 erhielten die Ingenieure Josef Stern und Franz Hafferl die Konzession „zur Errichtung und zum Betriebe eines Vermittlungsbüros, ausschließlich zum Zwecke der Verfassung der Projekte für Lokalbahnen und Ausführung der hierzu benötigten Vorarbeiten“. Im selben Jahr wurde ein Büro in Wien gegründet. Josef Stern übernahm die Geschäftsführung, während Franz Hafferl sich hauptsächlich mit dem Vermessen und Projektieren von geplanten Bahntrassen beschäftigte. Der erste große Auftrag war die Projektierung von mehreren Linien; Auftraggeberin war die Wiener Tramway Gesellschaft. Es wurden acht Bahnen im Auftrag der Unternehmensgruppe Lindheim projektiert und teilweise auch gebaut. In den folgenden zwei Jahrzehnten projektierte Stern & Hafferl mehr als 200 Kilometer Lokalbahnen. Im Jahre 1881 wurde das Ingenieursbüro in die Hechtengasse verlegt. 1889 plante das Unternehmen den Bau der Salzkammergut-Lokalbahn zwischen Salzburg und Bad Ischl. Zu diesem Zweck wurde ein eigenes Büro in Sankt Wolfgang eröffnet. Nach Erteilung der Konzession vom Verkehrsministerium wurde Josef Stern mit der Bauleitung beauftragt. Ein Jahr später erhielt Stern & Hafferl die Konzession zum Bau der Schafbergbahn. Josef Stern wollte die Bahn anfangs elektrisch betreiben, da dies jedoch nicht möglich war, entschied er sich für den Betrieb mit Dampflokomotiven. Neben der Bahn wurde auch ein Hotel auf der Spitze des Schafbergs errichtet, das über eine Fernleitung von dem in Sankt Wolfgang errichteten Dampfkraftwerk mit Strom versorgt wurde.[2]
Bahnbau und Projektierungen
Zahlreiche Aufträge erhielt das Unternehmen ab 1894 durch eine Vereinfachung des Gesetzes zum Bau von Sekundärbahnen. Beim Bau der Gmundner Lokalbahn errichtete Stern & Hafferl auch zwei Personalhäuser und ein Dampfkraftwerk, um die Bahn mit Strom zu versorgen. Am 13. August des gleichen Jahres wurde die Elektrische Lokalbahn Gmunden feierlich eröffnet. Durch die Lokalbahn als Dauerabnehmer, rentierte sich die Stromerzeugung, die ab 1894 von der Gmundner Elektrizitäts Aktien Gesellschaft übernommen wurde. Diese Gesellschaft übernahm neben der Stromerzeugung auch die Straßenbahn (Gmundner Lokalbahn) sowie den Ausbau des Stromversorgungsnetzes im Raum Gmunden. Neben den laufenden Projektierungs- und Bauaufträgen wurde das Arkadenhaus, ein großes Bürogebäude, in der Gmundner Kuferzeile errichtet. Dadurch war es möglich, das Filialbüro in Sankt Wolfgang nach Gmunden zu verlegen. Am 31. August 1895 wurde der Hauptsitz des Unternehmens nach Gmunden verlegt. Ein Jahr später wurde mit der Planung der schmalspurigen Gurktalbahn begonnen. Mit dem Eintritt in die Firma von Ingenieur Hugo Neumann folgten weitere Aufträge – erstmals wurden auch Bahnen außerhalb Österreichs geplant. 1899 erhielt das Unternehmen den Auftrag, die Vellachtalbahn in „einfacher, aber solider und gefälliger Baulichkeit“ zu errichten. In nur zwei Jahren wurde diese Bahn von Stern & Hafferl geplant und gebaut. Am 5. Oktober 1902 konnte die Gurktalbahn zum Betrieb freigegeben werden; sie war zugleich die letzte Dampf betriebene Lokalbahn, die von Stern & Hafferl errichtet wurde. Ab dem 20. Jahrhundert wandte sich das Unternehmen, neben dem Bau und der Projektierung von Eisenbahnlinien, der Errichtung von Wasserkraftwerken zu. Das erste von Stern & Hafferl gebaute Wasserkraftwerk ging am 8. Februar 1902 in Betrieb. Wenige Jahre später folgte das Ditlbachkraftwerk bei St. Wolfgang.
Die meisten Bahnen in Österreich-Ungarn projektierte das Unternehmen vor dem Ersten Weltkrieg; der Großteil dieser Projekte konnte wegen des Kriegs allerdings nie verwirklicht werden. Die Firma leistete Pionierarbeit, bei der Errichtung von elektrisch betriebenen Bahnen. 1906 wurde die Elektrizitätswerke Stern & Hafferl Aktiengesellschaft gegründet, der die Leitung der von Stern & Hafferl errichteten Kraftwerke übertragen wurde – mit Ausnahme des Kraftwerks in Gmunden. Am 7. April 1907 wurde mit dem Bau der zweiten, von Stern & Hafferl errichteten, elektrisch betriebenen Bahn - der Elektrischen Bahn Unterach – See - begonnen. Nach der Fertigstellung übernahm Stern & Hafferl den Betrieb der Bahn. 1909 wurden Detailpläne zur Elektrifizierung der Salzkammergutbahn erstellt, die Verwirklichung dieses Projekts scheiterte jedoch am Widerstand des Militärs.
Im Mai 1908 wurde die Lokalbahn Neumarkt–Waizenkirchen–Peuerbach errichtet und fortan in Eigenregie betrieben. Zwischen 1911 und 1912 baute das Unternehmen die anfangs mit 650 Volt Gleichstrom betriebene Traunseebahn. Anfang des Jahres 1912 erlangte Stern & Hafferl eine Konzession für einen zweiten Schifffahrtsbetrieb am Attersee; für diesen Zweck wurden zwei Elektroboote beschafft. Im April 1912 wurde mit dem Bau der Attergaubahn begonnen. Nach mehr als zehn Monaten Bauzeit ging diese am 14. Jänner 1913 in Betrieb. Von der geplanten Bahnverbindung zwischen Linz und Steyr konnte nur ein Teilstück realisiert werden, die Florianerbahn wurde am 1. September 1913 offiziell eröffnet.[3]
- Franz Hafferl-3-ebv.gif
Franz Hafferl (1883)
- Skglb works train 1890.jpg
Bau der Salzkammergut Lokalbahn (1890)
- Kraftstation-2.JPG
Dampfkraftwerk und Remise in Gmunden (1894)
Zwischenkriegszeit
Ab dem Jahr 1918 erhielt die Firma verstärkt Aufträge zur Planung und zum Bau von E-Werken. Innerhalb von sieben Jahren wurden 32 solche Werke sowohl in der neuen Republik als auch in den ehemaligen Kronländern projektiert; acht dieser Kraftwerksprojekte wurden verwirklicht. Im Jahre 1919 wurde das Büro in Wien aufgelassen. Neben Aufträgen zur Kraftwerksplanung gelang es 1921, die Attersee-Schifffahrt komplett in den Besitz von Stern & Hafferl zu bringen. In den Jahren 1922 bis 1924 wurden die firmeneigenen Kraftwerke erweitert. Zudem erwarb das Unternehmen neben einem Kraftwerk in Steyr und der Salzkammergut-Lokalbahn auch die Schürfrechte für den Braunkohleabbau in Trimmelkam, die zur Versorgung eines nahe gelegenen Dampfkraftwerkes genutzt wurden. Der Versuch, die SKGLB zu elektrifizieren, schlug fehl, da Stern & Hafferl das nötige Kapital nicht aufbringen konnten. Nach dem Tod von Josef Stern im März 1924 wurde Franz Hafferl Präsident der Firma.[4] Nachdem auch Franz Hafferl im Juni 1925 verstorben war, übernahmen Ing. Karl Stern und Ing. Hugo Neumann das Unternehmen. Mit der Abwicklung der Verlassenschaft der beiden Gründer wurde die SKGLB wieder verkauft.[5]
Die Elektrizitätswerke Stern & Hafferl Aktiengesellschaft fusionierte 1929 mit der Oberösterreichische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft zur Österreichischen Kraftwerke Aktiengesellschaft.
1932 und 1933 übernahm das Unternehmen die einstellungsgefährdeten Lokalbahnen Lambach–Vorchdorf und Lambach–Haag am Hausruck von der Staatsbahn. Die beiden Bahnen wurden elektrifiziert und fortan mit 750 Volt Gleichstrom betrieben.
Der Beginn des von der Stern & Hafferl Verkehrsgesellschaft durchgeführten Busverkehres war der Erwerb einer Konzession zur Bedienung der Linie Kammer-Weyregg-Unterach-Attersee-Kammer rund um den Attersee im Jahre 1935. Der Busverkehr wurde mit einem angemieteten Fahrzeug, als Ergänzung zur Attersee-Schifffahrt, betrieben.[1]
1945 bis heute
In den Jahren 1950 und 1951 wurde die Lokalbahn Bürmoos–Trimmelkam errichtet, um die Versorgung des Dampfkraftwerkes zu erleichtern.
Im Jahre 1947 erhielt das Unternehmen eine Kraftfahrlinienkonzession für die Linie Kammer–Vöcklabruck–Attnang-Puchheim. Fortan übernahm das Unternehmen weitere Linien.[1]
Das 100-jährige Bestehen des Unternehmens wurde 1993 mit einem großen Fest gefeiert. 1989 erhielt die Haager Lies neue Zweisystemfahrzeuge der Baureihe 4855. Die Endstation der Traunseebahn wurde 1990 zum Seebahnhof verlegt, weshalb das Dreischienengleis erweitert werden musste. Zum 100-Jahr-Jubiläum der Straßenbahn Gmunden 1994 mietete Stern & Hafferl einen offenen Beiwagen für Nostalgiefahrten an. Die Lokalbahn Bürmoos–Trimmelkam wurde 1995 an die Salzburger Lokalbahn verkauft. Im Jahre 1996 trat Stern & Hafferl dem Oberösterreichischen Verkehrsverbund bei. 2001 wurde das 100-jährige Bestehen der Haager Lies festlichen Aktivitäten gefeiert. Zum 120-jährigen Firmenjubiläum wurde die Geschichte des Unternehmens neu aufgearbeitet und ein eigenes Buch herausgegeben.[6] Im Jahre 2006 wurde die Firma Wintereder übernommen.
Betrieb in der Gegenwart
Übersicht über die sechs von Stern & Hafferl betriebenen Bahnen:
Bahn | Spurweite (mm) | Betriebsspannung (V) | Länge (km) | Steigung (‰) | V max (km/h) |
---|---|---|---|---|---|
Lokalbahn Vöcklamarkt–Attersee | 1.000 | 750 | 13,4 | 47 | 50[7] |
Linzer Lokalbahn | 1.435 | 750 | 58,7 | 27 | 70[8] |
Lokalbahn Lambach–Haag am Hausruck | 1.435 | 750/15.000 | 26,3 | 30 | 60[9] |
Lokalbahn Lambach–Vorchdorf-Eggenberg | 1.435 | 750 | 15,6 | 15 | 50[10] |
Lokalbahn Gmunden–Vorchdorf | 1.000 | 750 | 13,4 | 43 | 50[11] |
Straßenbahn Gmunden | 1.000 | 600 | 2,3 | 100 | 40[12] |
Auf diesen 144 Kilometer langen Strecken beförderten sie 2001 insgesamt 2.700.000 Fahrgäste und 130.000 Tonnen Güter. Das Unternehmen hat derzeit 470 Mitarbeiter. Neben dem Gütertransport mit eigenen Waggons stehen auch einige LKWs zur Verfügung.
Fahrzeuge
Hauptartikel Fahrzeuge der Stern & Hafferl Verkehrsgesellschaft
Die Stern & Hafferl Verkehrsgesellschaft besitzt zur Zeit acht Lokomotiven, 47 Triebwagen, 13 Personenwaggons sowie mehrere Bahndienst- und Güterwaggons. Fünf elektrische Triebwagen und eine Elektrolokomotive sowie mehrere Personenwaggons befinden sich im Nostalgiebestand und werden regelmäßig für Sonderfahrten eingesetzt. Zudem stehen 31 Busse zur Verfügung, die jährlich bis zu 1,7 Millionen Fahrgäste befördern und 1,3 Millionen Kilometer zurücklegen. Die Stadler GTWs stellen die Paradefahrzeuge der Stern & Hafferl Verkehrsgesellschaft dar.
Die im Plandienst eingesetzten Triebfahrzeuge sind durchschnittlich 53,5 Jahre alt. Einige Fahrzeuge, die nicht dauerhaft auf einer Strecke eingesetzt werden, sind in Vorchdorf stationiert, um bei Bedarf einer Bahn kurzfristig zugeteilt werden zu können (beispielsweise V 20.011). Die Personenwaggons werden entweder bei Nostalgiefahrten eingesetzt oder bei Bedarf an die Triebwagen gekuppelt. Für Wartungsarbeiten steht der Motorturmwagen X 24.641 (ehemals ÖBB X 532.43) zur Verfügung.
Nummerierungsschema
Seit 1943 besitzt Stern & Hafferl ein eigenes Schema für die Nummerierung der Fahrzeuge. Es wird bei allen Fahrzeugen, außer jenen der Gmundner Straßenbahn, angewendet. Das Stern & Hafferl-Nummerierungsschema besteht aus einer fünfstelligen Ziffernkombination (XX.XXX). Dabei geben die erste und die zweite Stelle den Eigentümer an:
Nummer | Eigentümer/Einsatzstrecke | Abkürzung |
---|---|---|
20 | Stern & Hafferl | St&H |
22 | Linzer Lokalbahn | LILO |
23 | Lokalbahn Gmunden-Vorchdorf | GV |
24 | Lokalbahn Lambach–Haag am Hausruck | LH |
25 | Lokalbahn Lambach-Vorchdorf-Eggenberg | LV(E) |
26 | Lokalbahn Vöcklamarkt–Attersee | VA[13] |
Bei einer langfristigen Umbeheimatung eines Fahrzeuges wird auch die Betriebsnummer geändert.
Beispiel:
Das Fahrzeug 20.108 wurde der Attergaubahn fest zugeteilt. Der Triebwagen erhielt die Nummer 26.107. 26 stellt die neue Einsatzstrecke dar und 7 die fortlaufende Nummerierung – das Fahrzeug war insgesamt der siebte Triebwagen in der Geschichte der Bahn.
Vor der Betriebsnummer steht meistens noch ein Buchstabe, der über das Fahrzeug Auskunft gibt (E=Eletrolokomotive, ET=Elektrotriebwagen, G=Güterwaggon usw.)
Die darauf folgenden drei Ziffern (dritte bis fünfte Stelle) geben die Fahrzeugbauart und die Ordnungsziffer an:
Nr.: | Fahrzeuge: | Abkürzung: |
---|---|---|
001 - 050 | Lokomotiven | E |
051 - 100 | selbstfahrende Gleichrichterwagen | EG |
101 - 129 | Personentriebwagen | ET |
130 - 149 | Personentriebwagen mit Vielfachsteuerung | ET |
150 - 200 | Personentriebwagen mit Gepäckabteil | ET |
201 - 229 | Personenwagen | P/B/EB |
230 - 249 | Personenwagen mit Vielfachsteuerung | ES |
250 - 279 | Personenwagen mit Gepäckabteil | P |
280 - 300 | Gepäckwagen mit Postabteil | DPost |
301 - 400 | gedeckte Güterwagen | G |
401 - 420 | offene Güterwagen (hochbordig) | G |
421 - 440 | Rungenwagen | G |
441 - 460 | Schemelwagen | G |
461 - 500 | offene Güterwagen (niederbordig) | N |
501 - 600 | Bahndienstwagen | X |
601 - 620 | Bahnwagen | N |
621 - ff | Turmwagen | X[14] |
Straßenfahrzeuge werden hingegen einfach fortlaufend nummeriert – egal, ob es sich dabei um einen Bus oder einen Anhänger handelt.
Beschriftung und Lackierungsschema
Jedes Triebfahrzeug trägt an den Fronten eine Betriebsnummer. Über dieser Nummer ist bei den meisten Triebfahrzeugen das Stern & Hafferl-Logo aufgeklebt, nur die Linzer Lokalbahn hat ein eigenes Logo. Ältere Fahrzeuge tragen seitlich zusätzlich das Kürzel jener Lokalbahn, auf der sie eingesetzt werden. Außer den Nostalgiefahrzeugen sind alle Triebfahrzeuge und Personenwaggons rot, rot/weiß oder rot/creme lackiert. Für Güterwaggons gibt es kein einheitliches Lackierungsschema.
Jedes Straßenfahrzeug trägt an der Frontseite links unten eine Nummer. Alle Linienbussse sind gelb lackiert und haben einen umbragrauen Zierstreifen. Lastkraftwagen sind hingegen rot lackiert. Für alle anderen Fahrzeuge existiert wie bei den Güterwaggons kein einheitliches Lackierungsschema.
Hauptwerkstätte
Die Stern & Hafferl Hauptwerkstätte befindet sich in Vorchdorf. Hier werden alle größeren Reparaturen, beispielsweise Unfallschäden und Hauptuntersuchungen, durchgeführt. Die Aufarbeitung von Fahrzeugen kann ebenfalls nur dort erfolgen. Es werden auch Aufträge von anderen Bahngesellschaften angenommen. Die Werkstatt befindet sich neben dem Bahnhof Vorchdorf-Eggenberg. Die Remise verfügt über meterspurige und normalspurige Gleise. Somit können Fahrzeuge aller Stern&Hafferl-Bahnen problemlos in die Wagenhalle fahren. Um Reparaturen einfacher durchführen zu können und um die Wartung zu vereinfachen, besitzen einige Gleise Untersuchungsgruben.
Zugleitsystem
Stern & Hafferl verfügt über ein eigenes Zugleitsystem, das eigens von der Fachhochschule Wels entwickelt wurde. Das System beruht auf der Ortung der Züge auf der Strecke mit Hilfe von GPS sowie einem spezifischen Funksystem, das die Kommunikation zwischen der Zentrale und den Zügen ermöglicht. Mit diesem System konnte eine kostengünstige Computerunterstützung für die Abwicklung des Zugbetriebs auf allen Stern & Hafferl Lokalbahnen realisiert werden. Es gibt zur Zeit keine Bahngesellschaft, die ein vergleichbares System benützt.
Funktionsweise
Das Zugleitsystem überwacht bei der Eingabe der Befehle des Fahrdienstleiters, dass für denselben Streckenabschnitt nie zwei Fahrerlaubnisse erteilt werden können. Bei der Vergabe der Fahrerlaubnis überträgt das System automatisch alle im Zentralrechner eingegebenen Sonderfälle (beispielsweise Langsamfahrstellen oder Baustellen) an den Triebfahrzeugführer. Die Einhaltung der vergebenen Fahrerlaubnis des Fahrzeugführers wird vom System ständig überwacht. Fährt der Triebfahrzeugführer zu schnell oder in einen als besetzt gemeldeten Streckenabschnitt, führt das Triebfahrzeug automatisch eine Notbremsung durch. Im Gefahrenfall kann ein Nothalt auch manuell vom Fahrdienstleiter ausgelöst werden. Wenn keine gültige Fahr- oder Rangiererlaubnis vorliegt, erfolgt automatisch kurz nach dem Anfahren ein Nothalt.
Außer den Fahrzeugen der Straßenbahn Gmunden und den Nostalgiefahrzeugen besitzen alle Triebfahrzeuge die Komponenten, die zum Betrieb mit dem GPS-Zugleitsystem notwendig sind. Dazu gehören ein Bordrechner, ein GPS-Empfänger und ein Display mit mehreren Tasten in jedem Fahrzeug. Bei dem verwendeten Zentralrechner handelt es sich um einen Server mit einigen zusätzlichen Sicherheitsmechanismen. Die Ausstattung des Fahrdienstleiterbüro ist abhängig von der Länge der Strecke und besteht normalerweise aus einem Computer und einem oder mehreren Bildschirmen. Das an den Bordrechner angebundene Funksystem wird im 2-m-Band betrieben. Die Funktionalität des Bordcomputers eines Fahrzeugs wird permanent von einem Überwachungstask überprüft. Sollten Probleme auftreten, kann der Überwachungstask einen Neustart des Systems veranlassen. Der Bordrechner kommuniziert mit dem Zentralrechner per Funk. In regelmäßigen Abständen werden Statusmeldungen an die Zentrale gesendet, die dann am Bildschirm des Fahrdienstleiters angezeigt werden. Somit kann immer nachvollzogen werden, wo sich der Zug gerade befindet. Sollte die Kommunikation zwischen Bordcomputer und Fahrzeug nicht funktionieren, wird der Absender umgehend benachrichtigt, um Maßnahmen ergreifen zu können. Es werden ständig Zustandsdiagramme aufgezeichnet.
- Beispiel:
- Situation auf der nebenstehenden Skizze: Der Fahrdienstleiter sieht den Zug 8112, der nach Eisengattern unterwegs ist und in Kürze Kirchham erreichen wird (oranges Rechteck, Fahrtrichtung des Zuges wird im grünen Kästchen angezeigt). Gleis 2 in Kirchham ist belegt, da Zug 8112 gleich auf Gleis 1 halten wird, darf der Fahrdienstleiter dem Zug auf Gleis 2 keine Fahrerlaubnis geben – beide Gleise werden als besetzt gemeldet. Sollte sich der Zug auf Gleis 2 in Bewegung setzen, würde er sofort abgebremst werden. In Vorchdorf sind die Gleisabschnitte 3, 4 und 6 besetzt. Auf den Abschnitten 1, 2 und 5 könnte hingegen ein Zug abgestellt werden.
Der Zentralrechner verwaltet alle Fahr- und Rangiererlaubnisse. Als Betriebssystem wird Windows 2000 verwendet. Das Zugleitsystem wurde so konzipiert, dass der Fahrdienstleiter es nach einem Systemabsturz umgehend wieder hochfahren kann. Ein Drucker protokolliert ständig wichtige Daten wie Langsamfahrstellen, Position des Zuges und gesperrte Gleise, damit der Fahrdienstleiter feststellen kann, wo sich die Züge vor dem Absturz des Systems befunden haben. Die Erteilung der Fahrerlaubnis sowie der Anzeige von besetzten Gleisen erfolgen auf einer auf Windows 2000 basierenden graphischen Benutzerschnittstelle. Die Visualisierung ist in zwei verschiedenen Ansichten möglich. Die erste Ansicht zeigt die Streckendarstellung mit den Zugbewegungen, die zweite einen Bildfahrplan.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Homepage der Stern & Hafferl Verkehrs-GmbH
- ↑ Stern & Hafferl – Visionen mit Tradition, 2003, Seite 12-29, Heinrich Marchetti
- ↑ Stern & Hafferl – Visionen mit Tradition, 2003, Seite 30-44, Heinrich Marchetti
- ↑ Stern & Hafferl – Visionen mit Tradition, 2003, Seite 137, Heinrich Marchetti
- ↑ Stern & Hafferl – Visionen mit Tradition, 2003, Seite 91-114, Heinrich Marchetti
- ↑ Stern & Hafferl Zeittafel
- ↑ sämtliche Angaben: Technische Daten der Attergaubahn
- ↑ sämtliche Angaben: Technische Daten der Linzer Lokalbahn
- ↑ sämtliche Angaben: Technische Daten der Haager Lies
- ↑ sämtliche Angaben: Technische Daten der Vorchdorferbahn
- ↑ sämtliche Angaben: Technische Daten der Traunseebahn
- ↑ sämtliche Angaben: Technische Daten der Straßenbahn Gmunden
- ↑ Von Benrath ins Bergische - Der außergewöhnliche Lebenslauf der Rheinbahn-Triebwagenserie 106 bis 119, 1999, Seite 76
- ↑ Die Unternehmung Stern & Hafferl I, 1980, Seite 3–4, Helmut Weis
Literatur
- Helmut Marchetti: Stern & Hafferl – Visionen mit Tradition. GEG Werbung, Gmunden 2003 ISBN 3-9501763-0-6
- Helmut Weis: Die Unternehmung Stern & Hafferl I. Bahn im Bild, Band 12, 1980
- Helmut Weis: Die Unternehmung Stern & Hafferl II. Bahn im Bild, Band 26, 1982
- Helmut Weis: Die Unternehmung Stern & Hafferl III. Bahn im Bild, Band 80, 1991
- Karl Zwirchmayer: 75 Jahre Linzer Lokalbahn, Linzer Lokalbahn AG, 1987
Film
- SWR: Eisenbahn-Romantik – Lokalbahnidylle im Salzkammergut (Folge 453)
- Mit Bahn & Schiff durch das Salzkammergut, Teil I
- Mit Bahn & Schiff durch das Salzkammergut, Teil II
- Mit Bahn & Schiff durch das Salzkammergut, Teil III
- RioGrande: Österreichische Ferienbahnen, Teil I – Stern & Hafferl, Idyllische Lokalbahnen im Salzburger Land
- Bahnorama: Bahn & Schiff im Salzkammergut