Atterwiki:Urgeschichte: Unterschied zwischen den Versionen

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== Besiedlung ==
Seit der vollständigen Entschlüsselung des menschlichen Genoms vor mehr als 20 Jahren müssen viele Geschichtsbücher neu geschrieben werden. Denn Archäogenetiker können sogar von sehr alten Menschenskeletten bzw. Zähnen DNA gewinnen und analysieren, und dadurch die Migrationsbewegung vor- und urgeschichtlicher Gruppen nachzeichnen.
Europa wurde in drei Wellen vom Homo Sapiens (dem modernen Menschen) besiedelt.
Vor ca. 45.000 Jahren lösten die modernen Menschen, die ursprünglich aus Afrika ausgewandert waren, in Europa die Neandertaler ab.  
Nach etwa 5000 Jahren waren die Neandertaler verschwunden.
Entweder waren sie von den Neuankömmlingen verdrängt worden oder wie Archäogenetiker Johannes Krause (Die Reise unserer Gene, 2019) behauptet, durch einen Vulkanausbruch getötet worden, den auch
ein Großteil der modernen Menschen nicht überlebte.  
Ein neuer Kälteeinbruch mit dem Höhepunkt der Vergletscherung vor 24.000 setzte den verbliebenen Jägern und Sammlern zu, sodass vor allem für den Alpenraum kaum Funde existieren.
Nachdem vor ca. 10.000 Jahren im „fruchtbaren Halbmond“ (Gebiet in der heutigen Türkei) die Jäger und Sammler begonnen hatten, sesshaft zu werden, Wildgetreide anzubauen und Tiere zu domestizieren, dauerte es etwa 3.000 Jahre, bis dieses Wissen nach Mitteleuropa gelangte.


Anatolische Bauern wanderten im Neolithikum um ca. 5.500 v. Chr. mit ihren domestizierten Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen, Hunden und Getreide nach Mitteleuropa ein und brachten die Kultur der Linearbandkeramik mit. In Österreich siedelten sie in den fruchtbaren Lössgebieten im Nordosten, bauten Langhäuser (6 x 35m) und Brunnen und bestatteten ihre Toten in Einzelgräbern. Sie drangen aber nicht in den Voralpenraum vor.
== Besiedlung von Mitteleuropa ==
Europa wurde in drei Wellen vom Homo sapiens (dem modernen Menschen) besiedelt. Vor ca. 45.000 Jahren lösten die modernen Menschen, die ursprünglich aus Afrika ausgewandert waren, die Neandertaler ab.


Das taten dann erst die sogenannten Pfahlbauer, die etwa 1000 Jahre später  um 4300 - 4000 vor Chr.  die Alpenrandseen von Italien, Frankreich, Schweiz, Süddeutschland und Österreich besiedelten und hier zum ersten Mal Landwirtschaft betrieben. Um ca. 3800 vor. Chr. entstanden auch die [[Atterwiki:Pfahlbaustationen in Unterach|Pfahlbausiedlungen in Misling]], Gemeinde Unterach am Attersee.
Nach etwa 5000 Jahren waren die Neandertaler entweder von den Neuankömmlingen verdrängt oder wie Archäogenetiker (''Johannes Krause, Die Reise unserer Gene, 2019'') behauptet, durch einen Vulkanausbruch getötet worden, den auch ein Großteil der modernen Europäer – ebenfalls noch Jäger und Sammler - nicht überlebte. Ein neuer Kälteeinbruch mit dem Höhepunkt der Vergletscherung vor 24.000 Jahren setzte auch den verbliebenen zu, sodass vor allem für den Alpenraum kaum Funde existieren.
   
   
Die dritte große Einwanderungswelle kam wiederum aus dem Südosten, diesmal aber aus der südrussischen Steppe. Die Jamnaja – halbnomadische Reiterhirten - brachten ab 2800-1000 v. Chr. die Milchwirtschaft, Pferd und Wagen bzw. verbesserte Metallurgie mit.
== Neolithische Revolution ==
Ob die Glockenbecherkultur auch auf sie zurückgeht, ist nicht ganz klar. Die Jamnaja werden auch mit der Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen in Verbindung gebracht, da sie sich nicht nur bis West-und Nordeuropa, sondern auch bis ins Industal (Pakistan, Nordindien) ausgebreitet haben.
Nachdem vor ca. 11.000 Jahren in Teilen des fruchtbaren Halbmonds (heutiges Gebiet des Iran, Irak, von Syrien, der Türkei und der östlichen Mittelmeerküste) die Jäger und Sammler begonnen hatten, sesshaft zu werden, Wildgetreide anzubauen und Tiere zu domestizieren, dauerte es etwa 3.000 Jahre, bis dieses Wissen (Neolithische Revolution) nach Mitteleuropa gelangte.


Diese drei Einwanderungsgruppen – vor allem die anatolischen Bauern und die südrussischen Reiterhirten ¬¬- machen heute noch einen Großteil unserer Gene aus.
Anatolische Bauern wanderten um ca. 5.500 v. Chr. mit ihren domestizierten Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen, Hunden und ihrem Saatgut nach Mitteleuropa ein und brachten die Kultur der Linearbandkeramik mit.
Diese erste Bauernkultur siedelte in Österreich in den fruchtbaren Lössgebieten im Nordosten, baute Langhäuser (ca. 6 x 35m) und bestatteten ihre Toten in Einzelgräbern. Sie drangen aber nicht in den Voralpenraum vor.
Das taten dann erst die sogenannten Pfahlbauer, die etwa 1000 Jahre später um 4300 - 4000 vor Chr.  die Alpenrandseen von Italien, Frankreich, Schweiz, Süddeutschland und Österreich besiedelten und hier zum ersten Mal Landwirtschaft und Viehzucht betrieben.
   
   
Eine Korrektur ist auch in Bezug auf die Illyrer notwendig. Mück schreibt (S.27), dass Illyrer um 700, also zur Hallstattzeit, unsere Heimat bewohnten. Außerdem führt er den Namen des Attersees und den Namen des Abflusses Ager auf einen illyrischen Sprachstamm zurück. Das ist völkisches Gedankengut und schon lange widerlegt.
== Jamnaja  (ab 2.800 bis 1000 v.Chr.) ==
Die dritte große Einwanderungswelle kam wiederum aus dem Südosten, diesmal aber aus der südrussischen Steppe. Die Kaukasusregion gilt als Brücke der Kulturen und trug zu großen Innovation in der Bronzezeit bei.
Die Jamnaja - halbnomadische Reiterhirten - brachten ab 2800-1000 v. Chr. Milchwirtschaft, Pferd und Wagen bzw. verbesserte Metallurgie (Bronze) nach Europa mit.
 
Genetiker haben erstaunt festgestellt, dass nach relativ kurzer Zeit etwa 70% der männlichen Bevölkerung in vielen Teilen Europas Jamnaja-Gene besessen haben. Ob die Reiterhirten gewaltsam vorgedrungen sind, ist noch nicht bewiesen.  (''Johannes Krause, Die Reise unserer Gene, 2019'')
 
Heute setzt man die Expansion der Jamnaja auch mit der Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen in Verbindung, da sie sich nicht nur bis West-und Nordeuropa, sondern auch bis ins Industal (Pakistan, Nordindien) ausgebreitet haben. (''Medienportal der Universität Wien, Der „Southern Arc“ und seine bewegte genetische Geschichte, 2022'')
 
Die Menschen dieser Zeit standen über weite Entfernungen miteinander in Verbindung und sorgten so auch für die Verbreitung der Technologie der Bronzeherstellung, die im Nahen Osten bereits länger bekannt war. Bronze ist eine Legierung von Kupfer mit Zinn, das es in größeren Vorkommen nur in Spanien und Cornwall, England gab und von dort seinen Weg sogar bis nach Israel gefunden hat. (https://www.geschichte.de/uebergreifend/zinn/)
 
Noch heute machen die Gene vor allem der letzten zwei Einwanderungsgruppen – der anatolischen Bauern und der Steppenhirten - die sich vorher im Vorderen Orient bereits mit anderen Jägern und Sammlern vermischt hatten, einen großen Prozentsatz unserer DNA aus.
 
== Illyrer ==
Die Illyrer sind ein Volk, dass keine Rolle in Österreich gespielt hat, aber in alten Geschichtsbüchern erwähnt wird. Mück schreibt (''Chronik Unterach, S.27''), dass Illyrer um 700 v.Chr., also zur Hallstattzeit, unsere Heimat bewohnten. Außerdem führt er den Namen des [[Attersee]]s und den Namen des Abflusses [[Ager]] auf einen illyrischen Sprachstamm zurück. Das ist völkisches Gedankengut und schon lange widerlegt.
Illyrische Volksgruppen gab es nur im heutigen Albanien.


Illyrische Volksgruppen gab es nur auf dem Balkan (heutiges Albanien).
Ob der Name Attersee eine indogermanische Wurzel hat, lässt sich bis heute nicht beweisen. (''Peter Wiesinger'')
Ob der Name Attersee eine indogermanische Wurzel hat, ließ sich bis heute nicht beweisen. (Peter Wiesinger)


== Quellen ==
== Quellen ==

Version vom 15. Dezember 2024, 22:41 Uhr

Seit der vollständigen Entschlüsselung des menschlichen Genoms vor mehr als 20 Jahren müssen viele Geschichtsbücher neu geschrieben werden. Denn Archäogenetiker können sogar von sehr alten Menschenskeletten bzw. Zähnen DNA gewinnen und analysieren, und dadurch die Migrationsbewegung vor- und urgeschichtlicher Gruppen nachzeichnen.

Besiedlung von Mitteleuropa

Europa wurde in drei Wellen vom Homo sapiens (dem modernen Menschen) besiedelt. Vor ca. 45.000 Jahren lösten die modernen Menschen, die ursprünglich aus Afrika ausgewandert waren, die Neandertaler ab.

Nach etwa 5000 Jahren waren die Neandertaler entweder von den Neuankömmlingen verdrängt oder wie Archäogenetiker (Johannes Krause, Die Reise unserer Gene, 2019) behauptet, durch einen Vulkanausbruch getötet worden, den auch ein Großteil der modernen Europäer – ebenfalls noch Jäger und Sammler - nicht überlebte. Ein neuer Kälteeinbruch mit dem Höhepunkt der Vergletscherung vor 24.000 Jahren setzte auch den verbliebenen zu, sodass vor allem für den Alpenraum kaum Funde existieren.

Neolithische Revolution

Nachdem vor ca. 11.000 Jahren in Teilen des fruchtbaren Halbmonds (heutiges Gebiet des Iran, Irak, von Syrien, der Türkei und der östlichen Mittelmeerküste) die Jäger und Sammler begonnen hatten, sesshaft zu werden, Wildgetreide anzubauen und Tiere zu domestizieren, dauerte es etwa 3.000 Jahre, bis dieses Wissen (Neolithische Revolution) nach Mitteleuropa gelangte.

Anatolische Bauern wanderten um ca. 5.500 v. Chr. mit ihren domestizierten Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen, Hunden und ihrem Saatgut nach Mitteleuropa ein und brachten die Kultur der Linearbandkeramik mit. Diese erste Bauernkultur siedelte in Österreich in den fruchtbaren Lössgebieten im Nordosten, baute Langhäuser (ca. 6 x 35m) und bestatteten ihre Toten in Einzelgräbern. Sie drangen aber nicht in den Voralpenraum vor. Das taten dann erst die sogenannten Pfahlbauer, die etwa 1000 Jahre später um 4300 - 4000 vor Chr. die Alpenrandseen von Italien, Frankreich, Schweiz, Süddeutschland und Österreich besiedelten und hier zum ersten Mal Landwirtschaft und Viehzucht betrieben.

Jamnaja (ab 2.800 bis 1000 v.Chr.)

Die dritte große Einwanderungswelle kam wiederum aus dem Südosten, diesmal aber aus der südrussischen Steppe. Die Kaukasusregion gilt als Brücke der Kulturen und trug zu großen Innovation in der Bronzezeit bei. Die Jamnaja - halbnomadische Reiterhirten - brachten ab 2800-1000 v. Chr. Milchwirtschaft, Pferd und Wagen bzw. verbesserte Metallurgie (Bronze) nach Europa mit.

Genetiker haben erstaunt festgestellt, dass nach relativ kurzer Zeit etwa 70% der männlichen Bevölkerung in vielen Teilen Europas Jamnaja-Gene besessen haben. Ob die Reiterhirten gewaltsam vorgedrungen sind, ist noch nicht bewiesen. (Johannes Krause, Die Reise unserer Gene, 2019)

Heute setzt man die Expansion der Jamnaja auch mit der Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen in Verbindung, da sie sich nicht nur bis West-und Nordeuropa, sondern auch bis ins Industal (Pakistan, Nordindien) ausgebreitet haben. (Medienportal der Universität Wien, Der „Southern Arc“ und seine bewegte genetische Geschichte, 2022)

Die Menschen dieser Zeit standen über weite Entfernungen miteinander in Verbindung und sorgten so auch für die Verbreitung der Technologie der Bronzeherstellung, die im Nahen Osten bereits länger bekannt war. Bronze ist eine Legierung von Kupfer mit Zinn, das es in größeren Vorkommen nur in Spanien und Cornwall, England gab und von dort seinen Weg sogar bis nach Israel gefunden hat. (https://www.geschichte.de/uebergreifend/zinn/)

Noch heute machen die Gene vor allem der letzten zwei Einwanderungsgruppen – der anatolischen Bauern und der Steppenhirten - die sich vorher im Vorderen Orient bereits mit anderen Jägern und Sammlern vermischt hatten, einen großen Prozentsatz unserer DNA aus.

Illyrer

Die Illyrer sind ein Volk, dass keine Rolle in Österreich gespielt hat, aber in alten Geschichtsbüchern erwähnt wird. Mück schreibt (Chronik Unterach, S.27), dass Illyrer um 700 v.Chr., also zur Hallstattzeit, unsere Heimat bewohnten. Außerdem führt er den Namen des Attersees und den Namen des Abflusses Ager auf einen illyrischen Sprachstamm zurück. Das ist völkisches Gedankengut und schon lange widerlegt. Illyrische Volksgruppen gab es nur im heutigen Albanien.

Ob der Name Attersee eine indogermanische Wurzel hat, lässt sich bis heute nicht beweisen. (Peter Wiesinger)

Quellen

  • Autorin: Johanna Srdiharan

Literatur

  • Peter Wiesinger (2004): Ortsnamen und Siedlungsgeschichte im Salzkammergut. Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines – 149a: 543 - 560.