Sagen aus Unterach
Die Sagen aus Unterach am Attersee wurden 1937 im Buch "Geschichte einer Salzkammergut-Sommerfrische" von Alfred Mück veröffentlicht.
Einleitung von Alfred Mück
Das oberösterreichische Sagenbuch kennt nur drei Sagen von Unterach. Es wäre unerklärlich, wenn in Unterach am Attersee nicht mehr Sagen erzählt würden. Hatten doch die Bewohner des Ortes, der doch von der Welt lange noch abgeschlossen war und erst in neuester Zeit aus seinem langen Schlaf erwachte, Ruhe und Muße genug, um Gedanken zu spinnen über manchen Ort und über manche unvergessliche Persönlichkeit. Die neue Zeit, vor allem der bedeutende Fremdenverkehr, haben jede Romantik, für die Unterach ein besonders geeigneter Boden war, vergessen machen.
Und doch erfährt man von alten Leuten viele Sagen, die, werden sie nicht auch den Jungen erzählt, allmählich in Vergessenheit geraten. Alte Leute erzählen, dass es all den Sagengestalten in Unterach zu lebhaft sei und dass sie sich in den Perngraben zurückgezogen haben und daselbst ein friedliches Leben führen. Manchmal nur, besonders in stürmischen Nächten, soll man ein unheimliches Poltern und Leuchten wahrnehmen können.
Die Buchlmandeln
Da sollen einst die kleinen Buchelmandeln (die es ähnlich trieben wie die Heinzelmännchen) teils hilfreich, teils boshaft abends mit einer Laterne oder mit einem Kienspan in der Hand in Wald und Feld und sogar auch auf dem See herumgestreift sein. Besonders den Fischern, Flößern am See hätten sie schon oft geholfen. Wenn diese in Nacht und Nebel den Heimweg nicht mehr fanden, brauchten sie nur zu rufen: „Buchel mandel hilf uns!«, und gleich erschien ein kleines Männchen an der Spitze des „Trauners“ und wies den Weg zur „Schöfhütt'n«. Weh aber dem, der es wagte, mit einem Buchelmandel zu scherzen oder es gar zu verspotten. Der wurde in den See geworfen und musste ertrinken.
Früher war es auch in der Kirche nicht geheuer. Dort sah man einmal in der Thomasnacht alle Kirchenfenster hell erleuchtet. Die Orgel spielte die schönsten Melodien, ohne dass man sich die Ursache erklären konnte. Das sollen die Buchelmandeln gewesen sein, die einen mitternächtlichen Gottesdienst feierten. Von einem neugierigen Lauscher wurden sie gestört, plötzlich hörten Gesang und Orgelspiel auf, alle Lichter erloschen, und seitdem hielten die Buchelmandeln keinen Gottesdienst mehr in der Kirche.
Der Granmeri
Im Perngraben soll auch der „Granmeri«, ein geheimnisvoller Greis, der nach hundertjährigem Wandern Ruhe fand, hausen. Auf der „Broibrükke«, gleich in der Nähe des alten Schlosses, sollen um Mitternacht drei Frauen gesehen worden sein. Als sie noch lebten, wohnten sie im Lasserschloss, wo es bis in die jüngste Zeit arg zuging. In einem Keller, der einst den Herren Lasser von Lasseregg als Gefängnis diente, hörte man angeblich in der Nacht ein Poltern und schrilles Pfeifen. Wagte sich ein Wissensdurstiger in das unterirdische Gemach, so wurde ihm von den Gespenstern in das Gesicht gespuckt. Von diesem unterirdischen Gemach ging übrigens ein Gang bis zum Gasthof Reisenzein und nach anderen Erzählungen unter der Ach durch ins Salzburgische. Der Gang soll längst verfallen sein. Jedenfalls hat diese Erzählung das geheime Wandern der Salzburger Evangelischen nach Unterach als historischen Kern.
Der Pfarrer von Unterach
Ein Pfarrer von Unterach, der einst von seiner Köchin erdrosselt wurde, spukte sowohl im Pfarrhof als auch in der Kirche herum. Am liebsten soll er auf der Kanzel gesessen sein und dabei gestöhnt und gejammert haben. Doch auch er soll im Perngraben Ruhe gefunden haben.
Der Teufelsabflug
Dort beim Perngraben hat man im See schon oft eine glänzende Kirchturmspitze gesehen. An dieser Stelle sollen nämlich einst ein Schloss und eine Kirche gestanden sein, die im See versunken sind. Am Weg zur Eisenau kommt man in etwa 800 m Höhe zu einer Stelle, die der „Teufelsabflug“ genannt wird. Drei junge Holzknechte wollten nämlich einmal in der Nacht zu den Almerinnen in der Eisenau fensterln gehen. Als sie am Sonntagmorgen heimgehen wollten, wurden sie, weil sie den Kirchgang versäumt hatten, plötzlich in die Luft gehoben und von einer geheimnisvollen Macht herum gewirbelt. Sie verloren das Bewusstsein, und als sie erwachten, lagen sie im Tal unten. Und deshalb heißt der Ort, wo der Teufel sie packte, der „Teufelsabflug«.
Der Fremde im Winter
Eine Sage, ähnlich der vom Reiter über den Bodensee, erzählte der Herr Pfarrer Koch von Attersee. Ein Fremder wanderte im Winter durch den Attergau und kam nach Steinbach. Auf die Frage, was für eine große Wiese er eben überquert habe, antwortete man ihm, „es sei der Attersee gewesen«. Darüber erschrak der Wanderer derart, dass er tot zusammenstürzte.
Die Sage von der Pest im Attergau
- siehe Artikel: Die Sage von der Pest im Attergau
Anregung von Alfred Mück
So manche Sage mag noch umgehen. Wer eine weiß, erzähle sie seinen Kindern, damit sie nicht verlorengehe. Es ist oft schwer, solche Sagen zu erfahren, denn die Leute, die sie in ihrer ursprünglichen Form erzählen, sterben langsam aus, und die Jungen lachen darüber und wollen nicht begreifen, welch ein Sinn in solch kurzen Erzählungen liegt. Mögen alle Sagen, die noch lebendig sind, oft und ohne Ausschmückung erzählt werden, bis sie zu den Ohren dessen kommen, der sie aufschreibt und der Nachwelt überliefert.
Quelle
Franz Pölzleithner, Alfred Mück: Unterach am Attersee, Gemeinde Unterach, 1990