Johanna Raudaschl

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Johanna Raudaschl 1931 als Köchin der Trapp-Familie

Johanna Raudaschl (* 26. August 1904 in Steinbach am Attersee, † 24. November 1993 in Nußdorf am Attersee) war die Köchin von Maria Augusta Freifrau von Trapp und Baron Georg Ludwig Ritter von Trapp.

Lebensgeschichte und Kochbuch

Die bewegte und zugleich bewegende Lebensgeschichte von Johanna Raudaschl erlaubt einen Blick auf die Zeit zwischen den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts im Attergau. Mit dem Makel eines unehelichen Kindes wurde sie hineingeboren in das karge Bergbauerndasein am Holzbergerhof beim Egelsee in Unterach. Mit Fleiß, Talent und etwas Glück durfte sie als (mit den Worten Maria von Trapps "gottbegnadete") Köchin der später weltweit bekannt gewordenen Trapp-Familie in Salzburg ein wenig hineinschnuppern in das "herrschaftliche" Leben dieser Zeit.

Leben

Johanna Raudaschl fünfjährig 1909 bei der Hochzeit ihres Onkels, dem "Holzberger Vetter"

Ihre Mutter, Theresia Raudaschl, war am Hof ihrer Eltern am Holzberg bei ihren Brüdern Franz und Matthias als Magd tätig, als sie Johanna als lediges Kind gebar. Die Geburt erlebte Theresia aber nicht auf dem Hof ihrer Eltern, da ihre Geschwister wenig bis gar kein Verständnis für sie hatten, sondern bei ihrer Schwester Johanna. Diese führte eine kleine Landwirtschaft am gegenüberliegenden Ufer in Steinbach am Attersee. Damit Theresia übersetzen konnte, musste sie den Fährmann am anderen Ufer verständigen. Dies geschah, indem sie ein Leintuch am Balkon des Hofes am Holzberg spannte.

Verständnisvoller als die Brüder der Mutter war da Johanna, die als Tante Johanna Raudaschl am 27. August zur Taufe trug und die ihr als Taufpatin auch den Namen „Johanna“ gab. Gerufen wurde sie aber „Hannerl“. Schon wenige Tage nach der Geburt, es war weniger als eine Woche, musste aber Theresia wieder heim auf die andere Seite des Sees. Es war Erntezeit und um 1900 wurde jede Hand dabei gebraucht. Nicht Maschinen erledigten die Arbeit, sondern mit Sichel und Sense wurde gemäht. Zwar war das „Holzberggut“ nicht reich an Wälder wie man aufgrund des Namens hätte vermuten können, aber immerhin gehörten 10 bis 15 Hektar Wald zum Besitz. Auch dort gab es immer etwas zu tun.

War die kleine Johanna anfangs noch mit ihrer Mutter am Feld, so blieb sie später dann bei ihrer Großmutter am Hof. Im trockenen, aber durchaus fruchtbaren Sommer 1911 hatte am 23. August ein verheerender Sturm am Attersee großen Schaden angerichtet. Davon blieb das Holzberggut glücklicherweise weitgehend verschont. Dies als gutes Omen gedeutet, nahmen die Großeltern von Hannerl zum Anlass, den Hof an ihren Erstgeborenen Franz zu übergeben. Sie zogen mit Hannerl ins Austragsstüberl. Seit Mai dieses Jahres besuchte Hannerl die katholische Volksschule in Unterach am Attersee. Fünf Kilometer lang war ihr täglicher Schulweg. Im Winter, es gab ja noch keine Hosen für Mädchen, war es oft bitterkalt. Oft kam Hannerl durchfroren in der Schule an, durfte sich aber, weil sie eine fleißige Schülerin war, neben den wärmenden Kachelofen setzen. Waren die rauen Schafwollstrümpfe einmal aufgetaut, begannen sie nicht nur zu trocknen, sondern juckten auch unbeschreiblich.

Schon bald wurden Hannerl Aufträge mit auf den Schulweg gegeben, denn man wusste von ihrer Zuverlässigkeit. Der Kriegsbeginn 1914 brachte Veränderungen, aber am Holzberggut merkte man nicht viel davon. 1918 schloss Hannerl bei Frau Oberlehrer Hölzl die Volksschule ab. Johannas Mutter gebar noch im Alter von 41 Jahren 1919 ein weiteres lediges Kind. Hannerls geliebte Großmutter verstarb am 2. März 1920. Dazu vermerkte Hannerl in ihrem Tagebuch: „Da ging für mich die Sonne unter“.

Kochlehre

Über Verwandte erhielt Johanna 1918 eine Lehrstelle als Köchin im Gasthof Wiesinger in Nußdorf am Attersee zu dem auch eine Fleischhauerei gehörte. Dort kehrte sehr gerne der Gastwirt und Fleischhauer Matthias Engljähringer aus Strobl am Abersee (Wolfgangsee) ein. Da Johanna bereits recht passabel kochen konnte, fragte er sie einmal, ob sie nicht bei ihm kochen möchte. Johanna, durch nichts mehr an den Attersee gebunden, nahm an und fuhr nach Strobl. Die Fahrt von Nußdorf nach Strobl mit einem Fuhrwerk dauerte einen halben Tag.

Köchin bei der Trapp-Familie

In Strobl blieb Johanna Raudaschl bis Herbst 1928. Am 1. November des Jahres trat sie eine neue Stelle als Köchin und Wirtschafterin im Sägewerk Hollweger in St. Lorenz am Mondsee an. Dort musste sie für 20 bis 30 Personen kochen, manchmal auch für Jagdgesellschaften. So weilte im Herbst 1930 Baron von Trapp im Salzkammergut und als Gast von Hollweger lernte er Johanna und ihre Kochkünste kennen. Auf der Stelle wollte er sie mitnehmen nach Salzburg, wo er in Aigen die Trapp-Villa besaß. Die 25jährige Johanna willigte ein, aber bat um einige Zeit Geduld, bis ihr Arbeitgeber Ersatz für sie gefunden hatte.

Rund zwei Monate und einige Tage nach dem Treffen mit Baron von Trapp begann Johanna Raudaschl am 6. Juni 1931 ihren Dienst im Hause des Barons. Einen neuen Hut um 16 Schilling und ein neues Kleid um 29 Schilling kaufte sie sich für den Dienstbeginn. Im Haus des Barons waren bereits neun Kinder und weitere Bedienstete neben den Herrschaften, die Johanna verpflegen musste. Die Baronin schätzte schon bald Johannas Anwesenheit. Einerseits lag der Baronin das Führen des Haushalts nicht so sehr (sie liebte es umso mehr, sich voll und ganz ihrer Familie zu widmen), andererseits mögen Parallelen in der Kindheit beider für ein gegenseitiges Verstehen und Annehmen die Gründe gewesen sein. Baronin von Trapp verlor früh ihre Eltern und wuchs in einem Pensionat auf, bevor sie zu den Benediktinerinnen im Stift Nonnberg in Salzburg kam.

Johanna Raudaschl mit ihrer Familie mit Dienstboten und den ersten drei Kindern am Niedermayrhof um 1940

Aber schon Ende 1931 bat Johanna Raudaschl um Abschied von der von ihr sehr geschätzten Familie von Trapp. Man nimmt an, dass sie damals schon ihren späteren Mann, Johann Georg Hemetsberger, kennen gelernt hatte und eine Familie gründen wollte. Am 2. Jänner 1932 beendete Johanna ihren Dienst beim Baron und kehrte an den Attersee zurück. Am 15. Mai 1933 heiratete sie Johann Georg Hemetsberger und Johanna wurde Bäuerin am Niedermayrhof in Nußdorf am Attersee. Zum Hof gehörte auch ein Sägewerk, die Niedermayrsäge, die ab 1933 Georg Hemetsberger mit seiner Frau Johanna führte. Georg verstarb 1962 und Johanna 1993. Von 1964 bis 2007 leitete Sohn Manfred Hemetsberger mit seiner Frau die Geschicke der Niedermayrsäge in Nußdorf am Attersee.

In den Artikeln Nußdorfer Dorfleben 1860-1960 und Nußdorfer Häuser ab 1890 wird das bäuerliche Umfeld und Leben dieser Zeit beschrieben.

Das Trappkochbuch

Maria Trapp mit Irmgard Wöhrl (@ Irmgard Wöhrl)

Irmgard Wöhrl, die Enkelin Johanna Raudaschls, brachte 2007 das Buch The Sound of Cooking und 2010 in 2. Auflage mit geändertem Titel DAS TRAPPKOCHBUCH im Verlag Anton Pustet mit Rezepten und der Lebensgeschichte ihrer Großmutter - einer, mit den Worten Maria von Trapp's: gottbegnadeten Köchin - heraus. Auf mehr als 40 der rund 120 Seiten wird das einfache und doch interessante Leben von Johanna Raudaschl geschildert. 28 Abbildungen von Landschaften und Gerichten, acht Rezepte für Vorspeisen, Suppen und Beilagen, neun für Hauptgerichte und 20 für süße Nachspeisen ergänzen das Buch. Die Originalrezepte wurden von ihrer Enkelin Irmgard Wöhrl, gemeinsam mit deren Co-Autorin Caroline Kleibel 2007 als „The Sound of Cooking“ und 2010 als „Das Trapp Kochbuch“ in deutscher und englischer Sprache herausgegeben.

Urkunde des Gourmand World Cookbook Awards (@ Irmgard Wöhrl)

Noch im selben Jahr fand „Das Trappkochbuch“ internationale Anerkennung. Es wurde mit dem von Edouard Cointreau gegründeten „Gourmand World Cookbook Awards“ in Paris von 6000 Nominierungen aus 136 Ländern als bestes weibliches Kochbuch ausgezeichnet.

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat den Lebenslauf von Johanna Raudaschl in ihrer Biographie des Monats Juli 2023 veröffentlicht. Das Österreichische Biographische Lexikon erfasst Personen, die in der österreichisch-ungarischen Monarchie bzw. im jeweiligen österreichischen Staatsverband geboren wurden, gelebt oder gewirkt haben. Ausgewählt werden bewusst auch Lebensläufe, die gewöhnlich nicht im Vordergrund stehen aber frag- und denkwürdige Merkmale ihrer Zeit aufzeigen.

Die „Biographie des Monats Juli 2023“ beginnt, wie Johanna Raudaschl am 26. August 1904 in Steinbach am Attersee zur Welt kam und als uneheliches Kind nicht willkommen war. Es war das Los Ihresgleichen, wie ein kirchliches Mahnmal der Sündhaftigkeit behandelt zu werden. Ihre Kindheit wird von der beschwerlichen Arbeit auf dem Bergbauernhof ihres Onkels, von den Entbehrungen durch den ersten Weltkrieg aber auch von der Fürsorge ihrer Großmutter geprägt. Mit Fleiß, Talent und etwas Glück findet Johanna trotz aller Demütigungen und gesellschaftlicher Ausgrenzung ihren Weg. Als Köchin der später weltweit bekannt gewordenen Trapp-Familie in Salzburg durfte sie ein wenig hinein schnuppern in das „Herrschaftliche Leben“ dieser Zeit. Am 24. November 2023 jährt sich Johannas Todestag zum 30. Mal.

Auch Der Standard veröffentlichte die Biographie von Johanna Raudaschl in seiner Ausgabe vom 21. Juli 2023

Quelle

  • Das Trapp Kochbuch, Irmgard Wöhrl, 2010, Verlag Anton Pustet Salzburg, ISBN 978-3-7025-0615-5
  • Irmgard Wöhrl