Atterwiki:Pfahlbaustationen in Unterach
Die beiden Pfahlbaustationen auf dem Gemeindegebiet Unterach befinden sich in Misling. Überdeckt von Sedimenten in einer Tiefe von 3 Metern sind sie auch für Taucher kaum erkennbar. Die Pfahlbauer waren die ersten Kolonisten, die in unserem Gebiet den Urwald mit ihren scharf geschliffen Beilen und Lochäxten rodeten. Mit welchen Geräten (Geweihhaken?) sie den Boden bearbeiteten, ist nicht bekannt. Hakenpflüge dürften erst in der frühen Bronzezeit aufgekommen sein.
Der Fischfang mit Einbäumen war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, z. B. bei den Mondseefischern üblich. Im Jahr 2021 wurde der älteste Einbaumfund am Bodensee, datiert auf 2300 vor Chr., in Seerhein bei Konstanz geborgen. Die meisten Funde in Pfahlbausiedlungen wie die vom Federersee datieren nicht vor der Bronzezeit. Trotzdem gehen Archäologen davon aus, dass Einbäume schon etwa 2000 Jahre vorher im Neolithikum am Mond- und Attersee in Gebrauch waren - wie könnte man sich sonst den Handel mit Kupferbeilen erklären?
Misling I
Misling I liegt in der Bucht am Schwendter Eck und Misling II beim Finstermannhaus am südlichen Ende der Ortschaft. Beide Stationen wurden vom Sandfischer Wang 1904 entdeckt.
Über Misling I gibt es wenig zu berichten. Wang zählte von seinem Boot aus 50 Pfähle und vermutete dort 2 Hütten.
Systematische Forschung wurde erst unter Johann Offenberger vom Bundesdenkmalamt ab den 1970er Jahren in Angriff genommen. Allerdings musste er erst die Methoden entwickeln, wie man unter Wasser detailgerechte Vermessungen durchführen kann und Tauchteams einschulen. K. Czech vom Tauchteam Wels untersuchte die Siedlung Misling I und sprach von ca. 12.000 Pfählen mit einer Dichte von 10 bis 15 Stück pro m². In Misling II wurde die Gesamtzahl der Pfähle auf 19.000 geschätzt, im Zentrum der Siedlung 20 – 25 Pfähle/m².
Die durchschnittliche Dicke der Pfähle beträgt ca. 10cm. Mit einem scharfen Steinbeil konnte so ein Stamm in wenigen Minuten geschlägert werden.
Als Hölzer wurden 22% Fichte, gefolgt von Pappel und Weide verwendet, während man beispielsweise am Landungssteg Attersee keine Fichte, sondern hauptsächlich Esche und Schwarzerle verwendete. Die Pfahlbauer achteten nicht auf haltbares Holz, sondern verwendeten, was sich in ihrer Nähe befand. Die Größe der Hütten nimmt man mit etwa 3x5 m an.
Besonders interessant am Fundort Misling II war für Offenberger, dass er hier den Beweis fand, dass die meisten Siedlungen an Mond-und Attersee nicht im Wasser standen, sondern auf trockenen Strandplatten. Die kurzen Pfähle waren Befestigungen der Grundschwellen und er konnte Verzapfungen der Pfähle mit Nut-und Federverbindungen finden – also viele bautechnische Details klären, wie auch einen vom Erdboden abgehobenen Fußboden mit 2 cm dicken Brettern.
Sowohl in Scharfling als auch in Misling waren größere Flächen mit Rindenbahnen belegt, vermutlich, um die Wege trocken zu halten. Auch deuten die Funde einiger quadratmetergroßer Lehmlinsen auf eine Herdunterlage. Die Station hat ungefähr das gleiche Alter wie die Station See am Mondsee (die, da IM See liegend, nicht zur Gemeinde Unterach gerechnet werden kann), sie bestand von ca. 3800 – 3500 v. Chr.
Misling II
Misling II gehört zur Mondseegruppe, die eine eigenständige reich verzierte Keramik aufweist und auch ein Kupferverarbeitungszentrum war. Hier wurde besonders hartes Kupfer, sogenanntes Arsenkupfer, geschmolzen. Das Rohmaterial kam wahrscheinlich aus Südosteuropa.
Misling II hat die typischen Funde, die auch in See a.M. und den meisten anderen Stationen gefunden wurden: als Leitfund die furchenstich-verzierten Keramikkrüge, fein polierte Steinwerkzeuge, über 200 Steinbeile, einige Gusslöffel zum Kupferschmelzen, einige Kupferbeile, Wildfrüchte, Wildäpfel, auch 165 unverkohlte Ährenreste.
Alleinstellung hat Misling bei Leinsamen, allerdings gibt es keinen Nachweis, dass Flachs versponnen wurde.
Ein weiterer Einzelfund ist ein Bogen, während man Pfeilspitzen in allen Stationen geborgen hat. Außergewöhnlich sind auch eine Kugelkopfnadel und ein Fußschale, die eher schon in die Bronzezeit gehören.
Interessant ist auch, dass man in Misling II von den 5 üblichen Haustierarten nur Rinderknochen in großer Anzahl (429) gefunden hat, während sich die restlichen Tierknochen nur im einstelligen Bereich bewegen. In Mondsee jedoch hat man 2089 Rinderknochen gefunden und im Verhältnis 4:1 die übrigen Haustiere und 90 Hunde. In Misling II gehörten 16% der Knochen zu gejagtem Wild - in Mondsee allerdings 30%, darunter 47 Bären. Die Rinder aller Pfahlbauer rund um die Alpen waren kleiner (115 cm) als die anderer Kulturgruppen, was wiederum beweist, dass die Seeufersiedler eine andere Herkunft hatten, als die Linarbandkeramiker.
Aus welchem Grund die Siedlungen aufgegeben wurden, ist nicht restlich geklärt. Menschliche Skelette wurden bisher nicht entdeckt. Misling I gilt als zerstört. Misling II steht momentan nicht im Fokus des Kuratorium Pfahlbauten, das bis zur Landesausstellung 2027 noch andere weniger erforschte Stationen untersuchen muss.
Quellen
- Autorin: Johanna Srdiharan
- Alle Fotos: Johanna Sridharan, Ausstellungsstücke im Pfahlbaumuseum Mondsee, OÖLKG
Literatur
- Johann Offenberger: Die österreichischen Pfahlbauten, 1976
- Das Mondseeland. Ausstellung des Landes Oberösterreich 1981
- M. Schmitzberger: (unpubl.) Haus-und Wildtierreste aus der neolithischen Pfahlbaustation Unterach-Misling II am Attersse
- Schoch W., Schweingruber F.: Hölzer und Samen aus der neolithischen Seeufersiedlung Misling am Attersee. JBOÖMV 123a, 1978: 223–227.