Architektur und Bauwerke
Dieser Artikel behandelt die weltliche und kirchliche Architektur in der Region Attersee-Attergau.
Weltliche Bauten
Eine Architekturgeschichte der weltlichen Bauten im Atterseegebiet müsste eigentlich bereits in der Jungsteinzeit beginnen, und zwar mit den aus Holz errichteten Pfahlbauten, die man in gewisser Weise als Vorläufer der späteren Bauernhäuser bezeichnen könnte. Auch die Villen des 19. und 20. Jahrhunderts finden bereits ein frühes Pendant in Form der luxuriösen römischen Villen, deren Fundamente man zum Beispiel in Weyregg ausgegraben hat.
Bäuerliche Architektur
Wenn wir uns in diesem kurzen Überblick zuerst der bäuerlichen Architektur zuwenden, so ist zu bemerken, dass von der historischen Bausubstanz in unserer Gegend relativ wenig erhalten geblieben ist. Besonders in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele Bauernhäuser neu aufgebaut, wobei aber der ursprüngliche Haustyp, das Mittertenn-Einhaus, auch die Gliederung der Neubauten beeinflusst hat. Von Westen her kommend, verbreitete sich dieser auch als alpin-bairisches Einhaus bezeichnete Haustypus bis in den Attergau. Charakteristisch für das Mittertenn-Haus ist, dass alle Wirtschafts- und Wohnräume unter einem einzigen Dach (meist Satteldach) firstgleich in einem wohlorganisierten Zusammenhang stehen. Das Aignerhaus in St. Georgen im Attergau, Agergasse 9, ist ein Beispiel für ein renoviertes Mittertennhaus mit dem früher üblichen, mit Steinen beschwerten Legschindeldach.
In den nördlichen Gemeinden der Region Attersee-Attergau trifft man auch schon auf Bauernhäuser, die im Stil des Hausrucker Vierseithofes errichtet wurden.
Vereinzelt findet man in manchen Ortschaften noch Bauernhäuser, die völlig aus Holz erbaut sind (in Alkersdorf, St. Georgen; in Attersee das Fromingerhaus vor der ev. Kirche). Die noch frühere Form, das kaminlose Rauchhaus, welches ehemals auch im Attergau verbreitet gewesen sein dürfte, kann man heute nur mehr in Mondsee besichtigen (Freitlichtmuseum Mondseer Rauchhaus).
Bei Wanderungen durch die bäuerliche Landschaft wird man auch eine weitere Form des Bauernhauses entdecken. Diese aus Bruchsteinen aufgemauerten Bauernhäuser mit einem pyramidenartigen Walmdach wurden zumeist im 19.Jahrhundert, oft nach vorhergehenden Brandkatastrophen, aufgebaut. Sie übernehmen von der räumlichen Aufteilung her die Form des Mittertenn-Einhauses. Oft zeigen auch Jahreszahlen über dem Türstock das Jahr des damaligen Neubaues an.
Herrschaftsarchitektur
Die Architektur der Herrschaft findet ihren Ausdruck in den Schlössern, von denen Schloss Kogl bei St. Georgen und Schloss Kammer am Attersee die am besten erhaltenen Beispiele sind. In Kogl und Kammer waren schließlich auch bis zur Aufhebung der Grundherrschaft 1848 die Zentren der Verwaltung des Attergaues. Es ist aber in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es in unserer Gegend vormals viel mehr Schlossbauten gegeben hat. Diese wurden im Laufe der Zeit entweder abgebrochen (siehe Weyregg), verloren durch Umbauten ihren Schloss-Charakter (siehe Unterach), oder es wurden Neubauten an der Stelle früherer Schlösser errichtet (z.B. Wildenhag, Gemeinde Straß im Attergau; Schloss Litzlberg).
Von den Burgen des Mittelalters (auf dem Kirchberg zu Attersee, auf dem Koglberg bei St.Georgen) ist außer einigen Mauerresten nichts erhalten geblieben.
Villen
Ein neues Kapitel der profanen Architekturgeschichte beginnt mit dem Einsetzen des Fremdenverkehrs am Attersee ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Hier sind es vor allem die Sommervillen, die von begüterten Städtern errichtet wurden und die bis heute das architektonische Erscheinungsbild vieler Orte am See prägen. Insbesondere trifft dies auf Unterach und Seewalchen zu. In der Gemeinde Attersee entstanden in Aufham um die Jahrhundertwende der Morganhof und die Villa Faber (Architekt Max Fabiani). Die Formensprache dieser Bauten reicht vom Historismus (Villa Paulick, Seewalchen) über den Schweizer Stil (mit Laubsägearbeiten aus Holz vor allem im Giebelbereich) bis zum Fachwerkbau, welcher um 1900 in Mode kam. Zahlreiche Beispiele für alle diese Formen lassen sich bei einer Fahrt rund um den See entdecken.
Angeblich hat Adolf Loos, einer der bedeutendsten
Architekten des 20. Jahrhunderts, bei einem Aufenthalt
am Attersee die Bauernhäuser im Umkreis von
Seewalchen studiert. Ein Beleg dafür konnte leider noch nicht
erbracht werden. Es gibt aber einen Aufsatz von Loos,
welcher "Architektur" betitelt ist und wo der Autor eine
nicht näher lokalisierte, "abstrakte" Alpenlandschaft
beschreibt. Interessant ist, wie der damals heftig
umstrittene Architekt, der im selben Jahr (1910) das
berühmte Haus am Michaelerplatz in Wien gebaut hatte,
die Villenbauten der Jahrhundertwende beurteilt:
„Darf ich Sie an die Gestade eines Bergsee´s führen? Der Himmel ist blau, das Wasser grün und alles liegt in tiefem Frieden. Die Berge und Wolken spiegeln sich in ihm und die Häuser, Höfe und Kapellen tun es auch! Nicht wie von Menschenhand stehen sie da. Wie aus Gotteswerkstatt sind sie hervorgegangen, wie die Berge und Bäume, die Wolken und der blaue Himmel. Und alles atmet Schönheit und Ruhe... Da, was ist das! Ein Mißton in diesem Frieden. Wie ein Gekreisch, das nicht notwendig ist. Mitten unter den Häusern der Bauern, die nicht von ihnen, sondern von Gott gemacht wurden, steht eine Villa. Das Gebilde eines Architekten. Von einem guten oder schlechten Architekten. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß Friede, Ruhe und Schönheit dahin sind.“
Wie soll nun der Neubau eines Hauses in unserer Zeit
aussehen? Darüber streiten sich nicht nur die
Architekten. Ein Haus, das nicht die herkömmlichen
Klischees erfüllt (z.B. durch ein Pult- oder Flachdach),
erregt auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch immer
die Gemüter. Viel ist seit der Veröffentlichung des
Aufsatzes von Adolf Loos am Attersee und im Attergau
gebaut worden, besonders in den letzten Jahrzehnten.
Dabei gilt für einen großen Teil der Neubauten, dass sie
oft dem sogenannten "Alpeneinheitsstil" entsprechen, der
eigentlich wenig mit den überlieferten Bauformen der
jeweiligen Region zu tun hat. Eine besondere Stilform beschreibt Friedrich Achleitner mit folgenden Worten:
„Im Atterseegebiet werden heute vom Naturschutz bewegte, tief herabgezogene Walmdächer mit Fledermausgauben bevorzugt, eine Dachform, die (auf kulturpolitischen Umwegen) aus Norddeutschland stammt. Sie wird in Vorarlberg als Bodenseestil, in Kärnten als Wörtherseestil und im Burgenland als Pusztastil bezeichnet, und überall wird sie von einer bestimmten Bauherrenschicht als bodenständig empfunden. Ein Beweis dafür, daß es dabei nicht um Landschaft, sondern um bestimmte Prestige-Normen geht.“
Neuere Bauten
Das Landhaus Eichmann (erbaut 1928 in Litzlberg, Gemeinde Seewalchen) von Clemens Holzmeister gilt als Schlüsselbau einer ins Großbürgerliche gewendeten Moderne. Es wird erzählt, Holzmeister habe sich bei der Planung der zum See hin konkaven Fassade von der geschwungenen Form der einstigen Volksschule von Attersee, dem jetzigen Heimathaus Attersee (welches neben der Pfarr- und Wallfahrtskirche in Attersee auf den Ruinen der mittelalterlichen Burg Ende des 18.Jahrhunderts erbaut wurde) inspirieren lassen. Die von Holzmeister geplante Villa hat nach mehrmaligem Besitzerwechsel und Geländeumbauten (Errichtung des Freibadeplatzes Litzlberg) viel von ihrer ursprünglichen Wirkung verloren.
Ein "Schlüsselwerk der österreichischen und europäischen Moderne", welches erstklassig und authentisch erhalten wurde, ist nach Aussage von Friedrich Achleitner das Landhaus Gamerith in Unterbuchberg, Gemeinde Seewalchen (1933/34, Architekt Ernst Anton Plischke). Wie spöttische Zungen behaupten, hätte so ein Bau, für den der Architekt 1935 den österreichischen Staatspreis erhielt, heute kaum mehr eine Chance, ein behördliches Genehmigungsverfahren durchzustehen. Es handelt sich um einen Holzskelettbau, der zwar durch die Ausrichtung des Gebäudes, den Sonneneinfall und die Aussicht sehr wohl auf die Landschaft bezogen ist, durch den Verzicht auf baukulturelle Elemente (Flachdach statt des traditionellen Satteldaches) aber von vielen als Fremdkörper empfunden wird.
Ein architektonisch interessantes Haus befindet sich in Steinbach am Attersee. Die 1929/30 erbaute Biedl-Villa (Gmauret 9) erinnert in ihrem Aufbau ein wenig an Südtiroler Ansitze, durch die Verwendung eines modernen Pultdaches sollte der Kontakt zu Sonne, Aussicht und See betont werden.
Als einfacher, aber geschmackvoller Neubau aus dem Jahr 1926 präsentiert sich das "Landhaus Neuhauser und Roth" in Seewalchen am Attersee (Atterseestraße 78), welches der Architekt Josef Zotti geplant hat.
Um 1965 entstand in Abtsdorf in der Winterleiten (bei Breitenröth, Gemeinde Attersee) ein auf Pfeilern ruhendes Holzhaus am Hang mit einer großen Terrasse (Architekt Roland Rainer). Nach mehreren Umbauten und Anpflanzungen ging der ursprüngliche Charakter dieses Gebäudes weitgehend verloren.
Wie sehr ein Neubau auch in der Gegenwart noch immer zu Konflikten zwischen dem Naturschutz, der Baubehörde, den Bauherren und den Architekten führen kann, dafür ist das Haus von Riepl/Riepl in Buchberg, Gemeinde Seewalchen, ein gutes Beispiel. Das schlichte Haus mit dem über die Terrasse weit nach vorne gezogenen "flachen" Dach ist von der Attersee-Bundesstraße aus gut zu sehen (auf dem Hügel links, wenn man von Attersee kommend über das steile Straßenstück zur Kirche in Buchberg hinauffährt). Das ursprünglich geplante Flachdach musste im Laufe des Bauverfahrens durch ein flach geneigtes Walmdach ersetzt werden.
Als Beispiel für einen Architekten, der aus Attersee stammt, erwähnen wir Franz Maul. Eines der von Luger und Maul geplanten Bauwerke, welches man gut besichtigen kann, ist die Badeanlage des Campingplatzes Gruber in Nußdorf am Attersee. Für die neu errichtete Badeanlage im Ferienpark Häupl in Mühlbach (Gemeinde Attersee) erhielten die Architekten Franz Maul, Maximilian Luger und Hubert Steindl 1992 den Landeskulturpreis für Architektur. Von den Häusern, die Franz Maul am Attersee geplant hat, seien erwähnt: das Wohnhaus Frühwirth-Laaber in Attersee-Sonnleiten, den Umbau eines Mehrfamilienhauses in Attersee-Neustift und die Villa Figl in Unterbuchberg (unterhalb des Landhauses Gamerith).
In Nußdorf, am Hang an der Straße in die Wienerroith, befindet sich das "Haus Draxler", das der Architekt Johannes Spalt geplant hat.
Zeitgenössisches Bauen ist ein Thema, bei dem die Meinungen weit auseinander gehen. Man darf gespannt sein, wie die Entwicklung der Architektur im 21.Jahrhundert weitergeht und welche Neubauten die "Kulturlandschaft Attersee - Attergau" in den kommenden Jahren beleben werden.
Kirchliche Bauten
Die Mehrzahl der Kirchen zeigt heute – ebenso wie auch an vielen anderen Orten in Österreich – folgende architektonische Gestalt: Das Kirchengebäude wurde in der Zeit der Spätgotik (um 1500) errichtet, die Türme bekamen ihre Zwiebelhelme erst in der Barockzeit (um 1700). Bei der Inneneinrichtung, vor allem bei den Altären, überwiegen heute das Barock und die Neugotik (um 1900). Zahlreiche Umbauten und Umgestaltungen, die im Laufe der Zeit immer wieder durchgeführt wurden, erschweren das Verständnis dafür, wie man sich das Erscheinungsbild unserer Kirchen in früherer Zeit vorzustellen hat. So bietet die Pfarrkirche von Gampern mit ihrem für unsere Gegend einzigartigen Flügelaltar ein gutes Beispiel für die Inneneinrichtung einer gotischen Landkirche. Der mächtige Turm wurde aber erst 1890 vollendet. Es war dies eben die Zeit der Neugotik, in der auch die als ewige Baustellen seit dem Mittelalter bestehenden großen Dome (z.B. Köln) endlich fertig gebaut wurden.
Wie sahen die ersten Kirchen in unserer Gegend aus? Von den Bauten des Früh- und Hochmittelalters ist außer einigen Grundmauern (vgl. St. Johann am Ahberg) kaum etwas erhalten geblieben. Wir können aber annehmen, dass es sich ursprünglich überall um Holzbauten gehandelt hat. Als im Zuge der Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft im Hochmittelalter (12. und 13. Jh.) die Bevölkerung anwuchs, wurden diese Kirchen zu klein und im 15. und 16. Jahrhundert durch gemauerte Bauten im Stil der Spätgotik ersetzt. Der wichtigste Baumeister im Attergau war Stephan Wultinger.
Von der Raumgestaltung her handelt es sich bei den größeren Innenräumen entweder um zweischiffige Hallenkirchen mit mehreren Mittelsäulen (Pfarrkirche St. Georgen, Pfarrkirche Schörfling) oder um sogenannte Einstützkirchen mit einem einzigen Mittelpfeiler (Pfarrkirche Weißenkirchen, Pfarrkirche Steinbach). Weiters gibt es dann noch Beispiele für kleinere gotische Innenräume ohne die später so störenden Mittelpfeiler (Pfarrkirche Abtsdorf, Filialkirche Kemating).
Wohin ist die gotische Inneneinrichtung unserer Kirchen gekommen? Wie bereits erwähnt, ist die Pfarrkirche von Gampern das einzige Beispiel für einen original erhaltenen Flügelaltar in unserer Gegend. Nachdem viele Bauten schon in der Reformationszeit eines Teiles ihres gotischen Inventars beraubt worden waren (Bilderstürme, vgl. dazu die Geschichte des Gnadenbildes von Attersee), bekamen die Kirchen im Zuge der Gegenreformation eine neue, dem nun herrschenden Geschmack angepasste barocke Inneneinrichtung. Beispiele für die Wiederverwertung von gotischen Statuen, welche ehemals auf Flügelaltären gestanden waren und die man jetzt barock überarbeitete, finden sich in mehreren Kirchen (z.B. Pfarrkirche Attersee, Pfarrkirche Weyregg, Pfarrkirche Schörfling, Pfarrkirche Unterach).
Beispiele für eine original erhaltene Barockeinrichtung sind die Kirchen von Abtsdorf (Mondseer Bildhauer Meinrad Guggenbichler), Attersee und St. Georgen.
Als dann im 19. Jahrhundert der Barockstil wieder aus der Mode gekommen war, riss man vielerorts die Barockaltäre heraus und ersetzte sie durch neugotische Altäre. Was das 20. Jahrhundert betrifft, so hat es im Atterseegebiet nur einen Neubau gegeben, die evangelische Kirche in der Rosenau, ansonsten dominierten Umbauten und Erweiterungen (Pfarrkirche Weyregg, Pfarrkirche Seewalchen, Pfarrkirche Nußdorf).
Erwähnt sei abschließend noch, dass auch die Orgeln größtenteils in den letzten Jahrzehnten erneuert wurden und dass der bauliche Zustand der Kirchen durch umfangreiche Renovierungen sehr gut ist.