Attergau
Der Attergau ist eine geographische Bezeichnung für eine Region, die im Südwesten Oberösterreichs liegt und durch die Flüsse Vöckla, Dürre Ager und Ager entwässert wird.
Baiern und Franken
Der Attergau war schon in der Frühzeit ein bewohntes Gebiet. Funde aus der Jungsteinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit und Römerzeit beweisen dies. Bei den Römern zählte der spätere Mattiggau (Teile des Innviertels und Mondseeland) und der Attergau zum Territorium Iuvavum (Salzburg) in der Provinz Noricum. Die Baiern haben offensichtlich diese römischen Grenzen für ihre Gaueinteilung zumindest teilweise weiterverwendet.
Der Name Attergau taucht erst mit der Einwanderung der Baiern[1] ab dem 6. Jahrhundert auf.
Der Attergau kann zur Zeit des Agilolfinger[2]-Herzogtums im Wesentlichen als eigene Verwaltungseinheit angesehen werden, die im Westen durch den Mattiggau und im Osten durch den Traungau begrenzt war. Die enge Beziehung zwischen dem Gau- und dem Ortsnamen deutet darauf hin, dass das heutige St. Georgen im Attergau damals der Hauptort war. St. Georgen führte bis zum 16. Jahrhundert den Namen Attergaudorf, erst dann setzte sich der Name St. Georgen (nach dem Kirchenpatron) durch. Große Besitzungen im Attergau erhielt das Kloster Mondsee, das von den Agilolfingern gegründet wurde.
Im Jahr 788 ging das bayerische Herzogsgut von den Agilofingern an die Karolinger[3] über. Mittelpunkt dieses Attergaues wurde nun Atterhofen (heute Attersee am Attersee), wo ein karolingischer Königshof errichtet wurde, der auch nachweislich von karolingischen Königen besucht wurde.
977 bezeichnet König Otto II. den Atterhof als ihm gehörig. 1007 schenkte König Heinrich II. sein Königsgut im Attergau mit dem Atterhof an das neu gegründete Bistum Bamberg. Von 1046 bis 1047 war ein Bamberger Bischof auch Papst. Als Clemens II.[4] ging dieser Papst in die Geschichte ein, und wurde nach seinem Tod auch im Bamberger Dom bestattet. Die Bamberger Besitzungen im Attergau unterstanden daher unter Clemens II. direkt einem Papst. Die Anwesenheit der Bischöfe von Bamberg im Attergau ist bis ins späte 13. Jahrhundert bezeugt.
Geistliche und weltliche Grundherren und deren Verwalter
Neben Bamberg hatte der Erzbischof von Salzburg viele Besitzungen im östlichen Attergau, darunter Piesdorf und 12 Fischereirechte bei Poumgartin (war eine eigene Ortsbezeichnung zwischen Moos und Litzlberg, gehört jetzt zu Litzlberg). Weiteren Besitz im Attergau hatten die Klöster Seitenstetten, Kremsmünster, Asbach[5], St. Peter (Salzburg), Reichersberg, St. Florian, Michaelbeuern, Lambach und natürlich Mondsee. Deshalb kann der Attergau nicht als einheitliche Verwaltungseinheit angesehen werden.
Die Bischöfe und Äbte saßen nicht selber zu Gericht sondern bestellten Vögte. Sie waren Beamte und führten auch die Verwaltung durch. Mit der Vogtei fiel dem damit Bestellten eine große Machtfülle zu. Die damit verbundenen Einnahmen waren beachtlich.
Das einflussreiche Recht im östlichen Attergau (Herrschaftsbereich Kammer) kam im Erbwege um 1000 an die Grafen von Burghausen und von denen an die Grafen von Plain. Weiters erbten die Plainer auch den Besitz der Grafen von Peilstein (sie waren Gründer und Vögte von Michaelbeuern) und der Herren von Wasen, die sich im 11. Jahrhundert „Grafen von Attersee" nannten. Deshalb kann angenommen werden, dass die Plainer auch Vögte des Bistums Bamberg waren.
Vor allem im Norden des Attergaus (nördlich der Vöckla) erfolgte eine große Siedlungstätigkeit. Die neuen Siedler waren Franken, die Ortsnamen Frankenmarkt und Frankenburg weisen darauf hin. Im 12. Jahrhundert wurde die Frankenburg errichtet und damit der nördliche Teil des Attergaus als eigener Herrschaftsbereich eingerichtet.
1219 heiratete Heilwig von Plain den Schaunberger Heinrich II. und brachte die Attergauer Besitzungen in die Ehe mit. Nach dem Tod ihres Bruders 1249 starb die Linie der Plainer aus und nun kam auch das Vogtrecht der Michaelbeuerischen Besitzungen im Attergau an den Schaunberger. Heinrich begann ab 1260 mit dem Ausbau von Kammer zum Mittelpunkt seines Herrschaftsbereiches über den Attergau.
Im Jahr 1264 wurde der Schaunberger Heinrich II. Vogt des Bistums Bamberg. Er verlegte die Hofmark von Atterhofen (heute Attersee am Attersee) eine Stunde landeinwärts zur Kirche des hl. Georg nach Attergaudorf (heute St. Georgen im Attergau).
Die Ordnung wurde durch das Landgericht gefestigt. Es wurde nach dem Sitz, der Burg Kammer, benannt. Der Umkreis entsprach etwa dem Ausmaß des Attergaus.
Die Habsburger
1379 kaufte der Habsburger Herzog Albrecht III. den Bambergern den gesamten Besitz im Attergau mit den Herrschaften Attersee/Kogl und Frankenburg ab, was zu einem Konflikt mit den Schaunbergern führte, da diese ein Vorkaufsrecht hatten, das nicht berücksichtigt wurde. Vier Jahre später kam auch Kammer an die Habsburger, was dann das Ende der Schaunberger-Herrschaft bedeutete.
Die Khevenhüller
- siehe Artikel: Khevenhüller
Finanzielle Gründe waren ausschlaggebend, dass der Kaiser 1581 die Attergauer Herrschaften Kammer, Kogl und Frankenburg an die Khevenhüller verkaufte. Der Attergau mit seinen drei Herrschaften wurde zur Grafschaft Frankenburg erhoben.
Von 1810 bis 1816 wurde ein Teil des Attergaus in das Königreich Bayern einverleibt. Dank der Kriegserfolge Napoleons wurde der westliche Teil des Attergaus den mit Napoleon verbündeten Bayern übergeben. Die Grenze[6] zwischen Bayern und Österreich verlief mitten durch den Attersee und der Ager entlang. Beim Wiener Kongress wurde das 6-jährige Zwischenspiel wieder beendet. Obwohl diese Trennung nur 6 Jahre dauerte, hatte sie doch einige grundlegende Auswirkungen. So verkauften die Khevenhüller die Herrschaften Kogl und Frankenburg, die jetzt in Bayern lagen, an Dr. Andreas Pausinger. Durch die neue Grenzziehung waren auch viele infrastrukturelle Maßnahmen notwendig, so wurde z.B. die Straße zwischen Vöcklabruck und Attnang (jetzt B1) neu gebaut, da der bisherige Weg über Regau nicht mehr möglich war. Die evangelische Pfarrgemeinde Attersee wurde geschaffen, da der Weg nach Rutzenmoos ebenfalls abgeschnitten war.
Grenzen
Erste Beschreibungen des Attergaus finden sich ab dem 8. Jahrhundert in verschiedenen Übergabs- und Schenkungsurkunden, in denen einzelne Orte mit der Zusatzbezeichnung "im Attergau" angeführt sind, und damit das Gebiet des Attergaus schon sehr gut abgegrenzt werden kann.
Im Lauf der Geschichte wurden die Grenzen näher beschrieben, z. B. in einer Beschreibung aus dem Jahr 1462. Eine weitere ausführlichere Grenzbeschreibung entstand bei einer Begehung 1581, dem Jahr als die Khevenhüller den Attergau übernahmen.
Eine weitere Beschreibung gibt es bei Franz X. Pritz („Geschichten des Landes ob der Enns", Ausgabe 1846, Seite 174ff)
Demnach liegen die Grenzen für den Attergau (auszugsweise):
„westlich die Wangau bei Mondsee, die Sprenzel im Landgerichte Frankenmarkt, der Krennwald bei Friedburg, der Kobernaußerwald, nordwestlich: der Hausruck. Zum Attergau gehörten noch die Landgerichte Kammer und Wartenburg (einschließlich Vöcklabruck und Attnang).... Südlich machte die Gränze die Gegend um Unterach, die beiden Weißenbäche, im Osten die Orte Schörfling, Steinbach und Mose (=Rutzenmoos)“.
Eine Beschreibung könnte daher heute etwa lauten: im Westen der "Landgraben" (viele Jahrhunderte die Grenze Österreich-Bayern), im Norden der Kobernaußer- und Hausruckwald, im Osten der Ottnanger Redlbach nördlich der Ager, der Mündungsbereich der Vöckla in die Ager, südlich der Ager das linke Aurachtal und die Berge zwischen Traunsee und Attersee, im Süden die Gegend um das südliche Attersee-Ufer und die Berge südlich des Weißenbachtals.
Der Attergau umfasst demnach in etwa den heutigen Bezirk Vöcklabruck ohne das Mondseeland (Teil des Mattiggaus) und ohne die Region um Schwanenstadt (Teil des Traungaus).
Der Attergau heute
Verschiedene oberösterreichische Gaunamen wie Mattiggau und Traungau sind praktisch gänzlich aus dem heutigen Sprachsatz verschwunden. Die Bezeichnung Attergau wird noch verwendet. Da der Attergau aber keine politische Verwaltungseinheit mehr ist, kommt es immer wieder zu den verschiedensten „Attergau"-Interpretationen.
Nach dem Jahr 1848 kam es zur Neuorganisation der politischen Verwaltungseinheiten. Die Gemeinde- und Bezirksstruktur wurde aufgebaut. Der Bezirk Vöcklabruck mit seinen vier Gerichtsbezirken (Mondsee, Frankenmarkt, Vöcklabruck und Schwanenstadt) und den darin liegenden Gemeinden wurde eingerichtet. Die seit 1300 Jahren als Attergau bezeichnete Region liegt damit heute im Bezirk Vöcklabruck und entspricht in etwa den Gerichtsbezirken Frankenmarkt und Vöcklabruck (ohne dem 2005 einverleibten Gerichtsbezirk Schwanenstadt).
Eine engere Interpretation bezeichnet heute nur mehr die Gemeinden der Region Attersee-Attergau zum Attergau gehörig. Oft wird der Attergau sogar nur auf jene Gemeinden reduziert, die im Namen die Bezeichnung „im Attergau" tragen.
Im Tourismus wird z. B. zwischen den Seegemeinden (Ferienregion Attersee) und den Gemeinden um St. Georgen (Ferienregion Attergau) unterschieden.
Fußnoten
Siehe auch
Quellen
- Projekt Iuvavum - Römersteine im bayerisch-österreichischen Grenzraum
- Hans Dickinger: Geschichte von Schörfling, Marktgemeinde Schörfling am Attersee, 1988
- Alois Zauner: Vöcklabruck und der Attergau; OÖ. Landesarchiv; Verlag Böhlau, Graz, 1971, ISBN 3 205 01111 2
- Helmut Pachler: Das Bistum Bamberg und der Attergau, Heimatverein Attergau 2007
- Dieses Buch ist beim Heimatverein Attergau erhältlich.