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=Nußdorfer Dorfleben 1860 – 1960=
[[Bild:Nußdorf1910.jpg|thumb|450px|Ansicht von Nußdorf um 1910]]
 
==Einleitung==
==Einleitung==
[[Nussdorf am Attersee]] war bis ins 20. Jahrhundert vom bäuerlichen Alltag geprägt. Die Beschaffung der fundamentalen Lebensgrundlagen nahm den größten Teil der Zeit und der Arbeitskraft in Anspruch.  Die zum bescheidenen Leben nötigen Dinge wurden weitgehend im Ort selbst hergestellt. Die gegenseitige Abhängigkeit bewirkte einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, der in Nachbarschaftshilfe, sowie in Brauchtum und Festen seinen Ausdruck fand.  
[[Nussdorf am Attersee]] war bis ins 20. Jahrhundert vom bäuerlichen Alltag geprägt. Die Beschaffung der fundamentalen Lebensgrundlagen nahm den größten Teil der Zeit und der Arbeitskraft in Anspruch.  Die zum bescheidenen Leben nötigen Dinge wurden weitgehend im Ort selbst hergestellt. Die gegenseitige Abhängigkeit bewirkte einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, der in Nachbarschaftshilfe, wie in Brauchtum und Festen seinen Ausdruck fand.  


Mit dem Beginn des Fremdenverkehrs im 19. Jahrhundert kam die Bevölkerung schon früh mit bis dahin Unbekanntem in Berührung und reagierte sehr aufgeschlossen. Im [[Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895]] steht vermerkt: „Welt Ausstellung in Wien war ich und der Gruber, Resch, Domibauer, Winterleittner in der Fronleichnams Wochen 1873“. Überregionaler Handel mit Produkten aus dem Dorf gehörte zur Normalität. [[Niedermayrsäge|Sägeholz]] wurde bis Wien und Budapest [[Flößer|geflöst]]. Die Ursprünge einer heute noch bestehenden [[Gerberei]] am Nussdorfer Bach geht vermutlich bis ins 13. Jahrhundert zurück.
Mit dem Beginn des Fremdenverkehrs im 19. Jahrhundert kam die Bevölkerung schon früh mit bis dahin Unbekanntem in Berührung und reagierte sehr aufgeschlossen. Im [[Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895]] steht vermerkt: „Welt Ausstellung in Wien war ich und der Gruber, Resch, Domibauer, Winterleittner in der Fronleichnams Wochen 1873“. Überregionaler Handel mit Produkten aus dem Dorf gehörte zur Normalität. [[Niedermayrsäge|Sägeholz]] wurde bis Wien und Budapest [[Flößer|geflöst]]. Die Ursprünge einer heute noch bestehenden [[Gerberei]] am Nussdorfer Bach geht vermutlich bis ins 13. Jahrhundert zurück.


Bereits vor 1900 mieteten sich während der Sommermonate erholungssuchende „Sommerfrischler“  in die Bauernhäuser ein. Überwiegend gutsituierte Wiener Familien kamen mitsamt ihrem Bedienungspersonal nach Nussdorf. Darunter namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Auf landwirtschaftlich minderwertig angesehenen Seeufergrundstücken wurden die ersten Ferienhäuser errichtet. Der kaiserliche Diplomat [[Eugen Ransonnet|Eugen Freiherr von Ransonnet-Villez]] (* 1838 Wien, † 1926 Nußdorf am Attersee) war ein Pionier des örtlichen Fremdenverkehrs. Er war der Gründer des [[Union Yachtclub Attersee]], des ältesten Segelclubs Österreichs, und Initiator zahlreicher Tourismuseinrichtungen. Der [[Ransonnet-Themenweg]] vermittelt einen Eindruck seines Wirkens.  
Bereits vor 1900 mieteten sich während der Sommermonate erholungssuchende „Sommerfrischler“  in die Bauernhäuser ein. Überwiegend gutsituierte Wiener Familien kamen mitsamt ihrem Bedienungspersonal nach Nussdorf. Darunter namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Auf landwirtschaftlich minderwertig angesehenen Seeufergrundstücken wurden die ersten Ferienhäuser und [[Villa Ransonnet|Villen]] errichtet. Der kaiserliche Diplomat [[Eugen Ransonnet|Eugen Freiherr von Ransonnet-Villez]] (* 1838 Wien, † 1926 Nußdorf am Attersee) war ein Pionier des örtlichen Fremdenverkehrs. Er war der Gründer des [[Union Yachtclub Attersee]], des ältesten Segelclubs Österreichs, und Initiator zahlreicher Tourismuseinrichtungen. Der [[Ransonnet-Themenweg]], in Nußdorf vermittelt einen Eindruck von seinem Leben und seinem vielseitigen Wirken.  


Walter Großpointner, der mit seiner Frau Elisabeth das Gasthaus „Dorfstube“ in [[Nußdorf am Attersee]] betrieb, sammelte über Jahrzehnte alte Ansichten Fotografien und Texte aus Nussdorf und Umgebung. Sie erlauben einen Einblick in das dörfliche Leben in der Zeit von etwa 1860 bis 1960. Die Fotografien sind nach Themen und nach dem Alter geordnet und erläutert. So werden bei einigen Aufnahmen auch die Veränderungen im Lauf der Zeit deutlich.
Walter Großpointner, der mit seiner Frau Elisabeth das Gasthaus „Dorfstube“ in [[Nußdorf am Attersee]] betrieb, sammelte über Jahrzehnte alte Ansichten, Fotografien und Texte aus Nussdorf und Umgebung. Sie erlauben einen Einblick in das dörfliche Leben in der Zeit von etwa 1860 bis 1960. Die Fotografien sind nach Themen und nach dem Alter geordnet und erläutert. So werden bei einigen Aufnahmen auch die Veränderungen im Lauf der Zeit deutlich.
   
   
Die Ansichten der [[Nußdorfer Häuser|Nußdorfer Häuser 1860 – 1960]] und ihre Veränderungen sind in einem eigenen Artikel behandelt.  
Die Ansichten der [[Nußdorfer Häuser|Nußdorfer Häuser 1860 – 1960]] und ihre Veränderungen sind in einem eigenen Artikel behandelt.  
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==Die Dorfgemeinschaft ==
==Die Dorfgemeinschaft ==


Die Nußdorfer „Herrenbauern“ schafften in die Früh die Arbeit an und gingen dann zum Bürgertag ins Wirtshaus, zum Bräu oder zum Fleischhacker. Das mag wohl im 19. Jahrhundert so gewesen sein. Insbesondere nach 1945 hat sich die Lage stark und schnell verändert. Die wenigen Dienstboten, die vom Krieg heimkamen orientierten sich neu und suchten ein besseres Leben als Arbeiter in den Industriebetrieben der Umgebung. Durch die Hochkonjunktur wurde die Arbeitskraft für Tätigkeiten in der Landwirtschaft nicht mehr leistbar. Der einzige Ausweg war die Anschaffung technischer Hilfsmittel und ein extrem hoher Arbeitseinsatz der Bauernfamilie. Der gute Holzpreis erleichterte die Finanzierung der kostspieligen Investitionen. Mit dem aufblühenden Tourismus, der in den 1970er Jahren seinen Höhepunkt erreichte, entstanden auf einigen Wiesen und Feldern am Seeufer große Campingplätze. Fremdenzimmer und Ferienwohnungen kamen in fast jedes, dafür geeigneten Haus.  
Die Nußdorfer „Herrenbauern“ schafften in der Früh die Arbeit an und gingen dann zum Bürgertag ins Wirtshaus, zum Bräu oder zum Fleischhacker. So mag es wohl im 19. Jahrhundert gewesen sein. Insbesondere nach 1945 hat sich die Lage stark und schnell verändert. Die wenigen Dienstboten, die vom Krieg heimkamen orientierten sich neu und suchten ein besseres Leben als Arbeiter in den Industriebetrieben der Umgebung. Durch die Hochkonjunktur wurde die Arbeitskraft für Tätigkeiten in der Landwirtschaft nicht mehr leistbar. Der einzige Ausweg war die Anschaffung technischer Hilfsmittel und ein extrem hoher Arbeitseinsatz der Bauernfamilie. Die maschinelle Ausstattung war noch nicht und die Dienstboten nicht mehr da.
Heute, im Jahr 2010, gibt es kaum mehr bewirtschaftete Bauerhöfe im Dorfgebiet von Nußdorf. Viele Gründe sind verpachtet oder wurden als Bauland für Ferienhäuser verkauft. Ein Golfplatz ist zwischen Nußdorf und Attersee entstanden. Die Besitzer der stattlichen Höfe verdienen sich ihren Lebensunterhalt anderwärtig. Trotzdem ist ein gewisser gesellschaftlicher Zusammenhalt geblieben, wie die aktiven Vereine und die gemeinsamen Feste und Veranstaltungen zeigen.  
 
Mit dem aufblühenden Tourismus, der in den 1970er Jahren seinen Höhepunkt erreichte, entstanden auf einigen Wiesen und Feldern am Seeufer große Campingplätze. Pensionen, Fremdenzimmer und Ferienwohnungen wurden gebaut, Hotels und Gasthöfe erweitert. Seit er Jahrtausendwende gibt es kaum mehr bewirtschaftete Bauerhöfe im Dorfgebiet von Nußdorf. Viele Wiesen und Felder sind verpachtet oder wurden als Bauland für Ferienhäuser verkauft. Ein Golfplatz ist zwischen Nußdorf und Attersee entstanden. Die Besitzer der stattlichen Höfe verdienen sich ihren Lebensunterhalt anderwärtig. Trotzdem ist ein gewisser gesellschaftlicher Zusammenhalt geblieben, wie die aktiven Vereine und die gemeinsamen Feste und Veranstaltungen zeigen.  
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Bild:Nußdorfer Bürger 1860.jpg|Nußdorfer Bürger um 1860
Bild:Nußdorfer Bürger 1860.jpg|Nußdorfer Bürger um 1860
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===Im und ums Haus===
===Im und ums Haus===
An jedem der Nußdorfer Bauernhöfe waren mehrere Dienstboten, Mägde und Knechte beschäftigt. Alljährlich zu Lichtmess mussten sie vom Bauern „angehalten“, also zum Weiterverbleib im nächsten Jahr aufgefordert werden. Wurde ein Dienstbote an diesem Tag nicht angehalten, hatte er ohne weitere Aufforderung den Hof zu verlassen. Der Hausknecht oder „Hausl“ bei den Knechten und das „Hausmensch“ bei den Mägden teilten die Arbeit ein. Sie waren sozusagen die Vorarbeiter bzw. Vorarbeiterinnen. Im Haus war viel zu tun. Die Stallarbeit und die Hausarbeiten mussten verrichtet und das Vieh versorgt werden. Werkzeuge wurde großteils am Hof instand gehalten. Es wurde Vieh geschlachtet, das Fleisch aufgearbeitet, geselcht und konserviert, es gab weder Gefriertruhe noch Kühlschrank. Auf die Schlachtzeit freuten sich alle im Haus. Innereien, Blunzn (Blutwurst) und andere wenig haltbare Fleischteile wurden zu frischen, ausgiebigen, köstlichen Mahlzeiten verkocht.  
An jedem der Nußdorfer Bauernhöfe waren mehrere Dienstboten, Mägde und Knechte beschäftigt. Alljährlich zu Lichtmess, den 2. Februar, mussten sie vom Bauern „angehalten“, also zum Weiterverbleib im nächsten Jahr aufgefordert werden. Wurde ein Dienstbote an diesem Tag nicht angehalten, hatte er ohne weitere Aufforderung den Hof zu verlassen. Der Hausknecht oder „Hausl“ bei den Knechten und das „Hausmensch“ bei den Mägden teilten die Arbeit ein. Sie waren die Vorarbeiter bzw. Vorarbeiterinnen. Im Haus war viel zu tun. Die Stall- und die Hausarbeiten mussten verrichtet und das Vieh versorgt werden. Werkzeuge wurde großteils am Hof instand gehalten. Es wurde geschlachtet, das Fleisch aufgearbeitet, geselcht und konserviert, es gab weder Gefriertruhe noch Kühlschrank. Auf die Schlachtzeit freuten sich alle im Haus. Innereien, Blunzn (Blutwurst) und andere wenig haltbare Fleischteile wurden zu köstlichen Mahlzeiten verkocht.  


Die Milch wurde mit der „Milchmaschine“ in Magermilch und Rahm geschleudert, zu Butter verarbeitet und die Magermilch an die Kälber verfüttert. Jeder Bauernhof hatte einige Milchkundschaften aus der Nachbarschaft, die täglich abends mit der „Milchpitschn“ die Milch holten. Die Hühnereier wurden in eine Kalkbrühe eingelegt um die schwachen Legezeiten zu überbrücken.  
Die Milch wurde mit der „Milchmaschine“ in Magermilch und Rahm geschleudert, zu Butter verarbeitet und die Magermilch an die Kälber verfüttert. Jeder Bauernhof hatte einige Milchkundschaften aus der Nachbarschaft, die täglich abends mit der „Milchpitschn“ die Milch holten. Die Hühnereier wurden in eine Kalkbrühe eingelegt um die Zeiten zu überbrücken, in denen die Hühner keine Eier in ihre Nester am Heuboden legten.  


Auch das Brot wurde auf den Höfen gebacken. Obst und andere Früchte eingeweckt, zu Most gepresst oder zu Schnaps gebrannt. Kraut wurde gehobelt und zu Sauerkraut eingemacht. Aus den Bauerngärten kamen nicht nur die verschiedensten Gemüse und Gewürze, sondern nicht selten auch Heilkräuter und die schönsten Blumen.
Auch das Brot wurde auf den Höfen gebacken. Obst und andere Früchte in Gläsern konserviert, zu Most gepresst oder zu Schnaps gebrannt. Kraut wurde gehobelt und zu Sauerkraut eingemacht. Aus den Bauerngärten kamen nicht nur die verschiedensten Gemüse und Gewürze, sondern nicht selten auch Heilkräuter und Blumen.


Neben der Land- und Forstwirtschaft mussten die Bauern noch die Molkerei, Metzgerei, Bäckerei, Obstbau, Gartenbau, Destillerie, Instandhaltung aller möglichen technischen Hilfsmittel und die Tierhaltung oft bis zum Tierarzt beherrschen. Dazu musste ein Bauer auch noch ein ausgezeichneter Kaufmann und Menschenkenner sein, sich rechtlich gut auskennen und alle seine Grundstücksgrenzen genau im Auge behalten. Um einen Bauernhof erfolgreich zu bewirtschaften, war ein enorm umfangreiches und vielschichtiges Fachwissen erforderlich. Ein komplexer, biologischer Mikrokosmos, der sich überwiegend selbst erhalten konnte. In mancher Hinsicht vielleicht ein Vorbild für die Zukunft.  
Neben der Land- und Forstwirtschaft mussten die Bauern noch die Molkerei, Metzgerei, Bäckerei, Obstbau, Gartenbau, Schnapsbrennerei, Instandhaltung aller möglichen technischen Hilfsmittel und die Tierhaltung beherrschen und oft sogar den teuren Tierarzt ersetzen. Dazu musste ein Bauer auch noch ein ausgezeichneter Kaufmann und Menschenkenner sein, sich rechtlich gut auskennen und alle seine Grundstücksgrenzen genau im Auge behalten. Um einen Bauernhof erfolgreich zu bewirtschaften, war ein enorm umfangreiches und vielschichtiges Fachwissen erforderlich. Ein komplexer, biologischer Mikrokosmos, der sich überwiegend selbst erhalten konnte. In mancher Hinsicht vielleicht ein Vorbild für die Zukunft.  
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Bild:Niedermayrhof1916 Georg Hemetsb.JPG|Das Pferd wassern und einspannen konnten schon die Jungen – Georg Hemetsberger am Niedermoarhof 1916  im Alter von 13 Jahren
Bild:Niedermayrhof1916 Georg Hemetsb.JPG|Das Pferd wassern und einspannen konnten schon die Jungen – Georg Hemetsberger am Niedermoarhof 1916  im Alter von 13 Jahren
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Bild:Sensendengeln1953.JPG|Sensen Dengeln 1953 - Eine gute Schneide beschleunigte und erleichterte den Gras- und Kornschnitt wesentlich
Bild:Sensendengeln1953.JPG|Sensen Dengeln 1953 - Eine gute Schneide beschleunigte und erleichterte den Gras- und Kornschnitt wesentlich
Bild:Sensendengeln1956.JPG|Sensen Dengeln 1956 - Die Zeit des händischen Mähens geht ihrem Ende zu und wird von mechanischen Mähwerken verdrängt  
Bild:Sensendengeln1956.JPG|Sensen Dengeln 1956 - Die Zeit des händischen Mähens geht ihrem Ende zu und wird von mechanischen Mähwerken verdrängt  
Bild:Most Hauptgetränk.jpg|Most das Hauptgetränk am Bauernhof
Bild:Most Hauptgetränk.jpg|Der Most aus dem Keller, das erfrischende Getränk am Bauernhof
Bild:Johanna+Georg Hemetsberger 1956.JPG|Die Niedermoarleute Georg und [[Johanna Raudaschl|Johanna Hemetsberger]] mit einem Sommergast auf der allseits geliebten Hausbank
Bild:Johanna+Georg Hemetsberger 1956.JPG|Die Niedermoarleute Georg und [[Johanna Raudaschl|Johanna Hemetsberger]] mit einem Sommergast auf der allseits geliebten Hausbank
Bild:Adelführen 1957.JPG|Die Jauche wurde händisch aus der Grube in das Fass geschöpft. Die Bezeichnung „Adel“ kann als Andeutung verstanden werden, was man von der herrschenden Oberschicht hielt.   
Bild:Adelführen 1957.JPG|Die Jauche wurde händisch aus der Grube in das Fass geschöpft. Die Bezeichnung „Adel“ kann als Andeutung verstanden werden, was man von der früher herrschenden Oberschicht hielt.   
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===Auf den Wiesen===
===Auf den Wiesen===
Ein üblicher Bauernhof in Nußdorf hatte etwa 20 Stück Rindvieh und 10 Schweine zu versorgen, die von Fühjahr bis Herbst mit Gras und im Winter mit Heu gefüttert wurden. Um das Heu im Frühsommer und das Grummet (Groamat) im Spätsommer als Wintervorrat auf den Heuboden zu bringen war viel Arbeit erforderlich.   
Ein üblicher Bauernhof in Nußdorf hatte etwa 20 Stück Rindvieh und 10 Schweine zu versorgen, die von Frühjahr bis Herbst mit Gras und im Winter mit Heu und Grummet gefüttert wurden. Die Pferde bekamen noch Haferschrot dazu und die Schweine gedämpfte Erdäpfel. Zeitweise wurden zerschnitzelte Futterrüben (Runkel) dazu gemischt. Um das Heu im Frühsommer und das Grummet (Groamat) im Spätsommer als Wintervorrat auf den Heuboden zu bringen war mühsame Handarbeit erforderlich.   
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Bild:Heuarbeit 1910.jpg|Heuarbeit 1910 – die Kinder mussten das Heu am Wagen richten und treten
Bild:Heuarbeit 1910.jpg|Heuarbeit 1910 – die Kinder mussten das Heu am Wagen richten und treten
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===Auf den Feldern===
===Auf den Feldern===
Bei der Getreideernte, dem Droadmahn, war die Arbeit meist so verteilt, dass die Männer mit der Sense das Korn mähten, die Frauen banden die Garben zusammen und die Kinder mussten beim Kornmandl aufstellen die Garben aufrecht halten. Nach einigen Wochen und schönem Wetter wurden die Getreidegarben heim auf den Troadboden gebracht, wo sie bis zum Dreschen lagerten.   
Bei der Getreideernte, dem Droadmahn, war die Arbeit meist so verteilt, dass die Männer mit der Sense das Korn mähten, die Frauen banden die Garben zusammen und die Kinder mussten beim Kornmandl aufstellen die Garben aufrecht halten. Nach einigen Wochen und schönem Wetter wurden die Getreidegarben heim auf den Troadboden gebracht, wo sie bis zum Dreschen lagerten.   
Auf die leeren Felder wurde  Jauche (geadelt) und Mist (mistgfiad) gebracht, der Mist ausgebreitet (mistbroat), gepflügt (umgfahrn) und geeggt (brott). Im nächsten Frühjahr war wieder Zeit zum sähen. Neben Weizen, Roggen (Korn), Hafer, Gerste wurden auch Kartoffen (Erdäpfel), Kraut und Futterrüben (Runkeln) angebaut. Für die Schulkinder rochen die umgefahrenen Felder nach Schulanfang.   
Auf die abgeernteten Felder wurde  Jauche und Mist ausgebracht (geadelt und mistgfiad), der Mist ausgebreitet (mistbroat), gepflügt (umgfahrn) und geeggt (brott). Im nächsten Frühjahr war wieder Zeit zum sähen. Neben Weizen, Roggen (Korn), Hafer, Gerste wurden auch Kartoffeln (Erdäpfel), Kraut und Futterrüben (Runkeln) angebaut. Für die Schulkinder rochen die umgefahrenen Felder nach Schulanfang.   
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Bild:Kornschnitt m Sichel 1920.jpg|Kornschnitt mit Sichel 1920
Bild:Kornschnitt m Sichel 1920.jpg|Kornschnitt mit Sichel 1920
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===Dreschen===
===Dreschen===
Die Druschtage im Herbst waren eine Herausforderung für jeden Hof. Das Dreschen war nicht nur eine sehr staubige, sondern auch eine lustige Arbeit, bei der alle im Dorf zusammen halfen. Die jungen Mädchen waren stets Ziel von Späßen der Burschen. Alle Leute wurden verköstigt und am Abend wurde in der Stube musiziert, getanzt und gespielt. Der „Maschintanz“ wurde zur Tradition.
Die Druschtage im Herbst waren eine Herausforderung für jeden Hof. Das Dreschen war nicht nur eine sehr staubige, sondern auch eine lustige Arbeit, bei der alle im Dorf zusammen halfen. Der Antrieb der großen, Dreschmaschine erfolgte mit einer Dampfmaschine über einen langen Lederriemen. Die Maschinen wurden mit Pferden von Hof zu Hof gezogen. Die jungen Mädchen waren stets Ziel von Späßen der Burschen. Alle Leute wurden verköstigt und am Abend wurde in der Stube musiziert, getanzt und gespielt. Der „Maschintanz“ wurde zur Tradition.


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Bild:DreschmaschMoarDexelbach1910.JPG|Der Moar in Dexelbach ist ein Bauernhof mit viel Wald, Wiesen und Feldern und war zugleich Wirtshaus. Beim Dreschen 1910 ging es hoch her.  
Bild:DreschmaschMoarDexelbach1910.JPG|Der Moar in Dexelbach ist ein Bauernhof mit viel Wald, Wiesen und Feldern und war zugleich Wirtshaus. Beim Dreschen 1910 ging es hoch her.  
Bild:DreschmaschRoider1912.JPG|Die Dreschmaschine im Roiderhof 1912  
Bild:DreschmaschRoider1912.JPG|Die Dreschmaschine im Roiderhof 1912 in Nußdorf
Bild:DreschmaschSchmied1937.JPG|Dreschen beim Schmied 1937  
Bild:DreschmaschSchmied1937.JPG|Dreschen beim Schmied 1937 in Nußdorf
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===Wald- und Holzarbeit===
===Wald- und Holzarbeit===
Der [[Wald]] war die Sparkasse der Bauern. In der Zeit des Wiederaufbaues nach dem 2. Weltkrieg war [[Holz]] sehr gefragt und erzielte in den sogenannten Wirtschaftswunderjahren gute Preise. Das erleichterte den Bauern die teuren Anschaffungen für landwirtschaftliche Maschinen und touristische Einrichtungen zu finanzieren. Die [[Forstwirtschaft|Wald- und Holzarbeit]] und das [[Holzfuhrwerk]] waren jedoch besonders bei den nicht seltenen Windwurfereignissen sehr gefahrvoll. Die vielen Marterl in den Nußdorfer Wäldern geben Zeugnis davon.  
Der [[Wald]] war die Sparkasse der Bauern. In der Zeit des Wiederaufbaues nach dem 2. Weltkrieg war [[Holz]] sehr gefragt und erzielte in den sogenannten Wirtschaftswunderjahren gute Preise. Das erleichterte den Bauern die teuren Anschaffungen für landwirtschaftliche Maschinen und die Finanzierung  touristischer Einrichtungen. Die [[Forstwirtschaft|Wald- und Holzarbeit]] und das [[Holzfuhrwerk]] waren besonders bei Windwurfereignissen sehr gefahrvoll. Die Marterl für verunglückte Waldarbeiter in den Nußdorfer Wäldern geben Zeugnis davon.  
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Bild:Holzknecht Neuwegstübl um 1930.jpg|Das Neuwegstübl, 1930 erbaut, auf dem Weg von Nußdorf in die Wienerroith ist heute Ausgangspunkt für Wanderungen und beherbergt manches Hüttenfest.
Bild:Holzknecht Neuwegstübl um 1930.jpg|Das Neuwegstübl, auf dem Weg von Nußdorf in die Wienerroith, wurde 1930 erbaut, ist heute Ausgangspunkt für Wanderungen und beherbergt manches Hüttenfest.
Bild:Waldarbeit 1930.jpg|Waldarbeit 1930 – im Sommer wurden die Bäume geschlägert und im Winter zu Tal gebracht
Bild:Waldarbeit 1930.jpg|Waldarbeit 1930 – im Sommer wurden die Bäume geschlägert und im Winter zu Tal gebracht
Bild:Holzfuhr Pferdezug 1937.jpg|[[Holzfuhrwerk]] mit Pferdezug 1937
Bild:Holzfuhr Pferdezug 1937.jpg|[[Holzfuhrwerk]] mit Pferdezug 1937
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==Arbeitsleben der Handwerker==
==Arbeitsleben der Handwerker==
Neben den Bauernhöfen war das Handwerk, das oft gemeinsam mit kleinen Bauernsacherln betrieben wurde, ein wesentlicher Teil der Dorfgemeinschaft. Hier wurde hergestellt, was die Leute zum Leben brauchten. Die Müller, Bäcker, Schuster, Schneider, Tischler, Bau- und Zimmerleute, Lederer, Schmiede, Wagner, die Säger, Köhler, Schindelmacher und andere. Dazu gehörten auch die Kreissler im Ort, die verkauften, was im Dorf selbst nicht hergestellt wurde. Im [[Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895]] wird neben dem bäuerlichen auch das handwerkliche Leben in Nußdorf sehr anschaulich beschrieben.  
Neben den Bauernhöfen war das Handwerk, das oft gemeinsam mit kleinen Bauernsacherln betrieben wurde, ein wesentlicher Teil der Dorfgemeinschaft. Hier wurde hergestellt, was die Leute zum Leben brauchten. Die Müller, Bäcker, Schuster, Schneider, Tischler, Bau- und Zimmerleute, [[Gerberei|Lederer]], Schmiede, Wagner, [[Niedermayrsäge|Säger]], Köhler, Sattler, Schindelmacher und andere. Die Kaufleute im Ort, verkauften, was im Dorf selbst nicht hergestellt und oft über Bahn und Schiff herangeschafft wurde. Im [[Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895]] wird neben dem bäuerlichen auch das handwerkliche Leben in Nußdorf sehr anschaulich beschrieben.  
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Bild:Hausbau 1922.jpg|Hausbau 1922
Bild:Hausbau 1922.jpg|Hausbau 1922
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==Brauchtum==
==Brauchtum==
Das Brauchtum hatte  auch in Nußdorf viele Erscheinungsformen von denen im Atterwiki mit eigenen Artikeln eingegangen wird, wie [[Bräuche beim Hausbau]], [[Religiöse Feste und Brauchtum]], [[Hochzeitsbräuche im Attergau]].
Das Brauchtum hatte  auch in Nußdorf viele Erscheinungsformen, auf die im Atterwiki mit eigenen Artikeln eingegangen wird, wie [[Bräuche beim Hausbau]], [[Fronleichnamsfest]], [[Heilige Grab]], [[Segenszeichen der Bauern]], [[Totenbräuche]], [[Hochzeitsbräuche im Attergau]].


Die nachstehenden Fotografien zeigen das Maibaumsetzen alljährlich am Vorabend des 1. Mai und das Rafenstehlen anlässlich des Dachstuhlsetzens beim Hausbau. Um den Dachstuhl fertig machen zu können, brauchte der Bauherr auch den letzten Sparren (Rafen). Er wurde ihm meist von den Nachbarn gestohlen und ins nächste Wirtshaus gebracht, wo ihn der Bauherr gegen „Trinkbares“ auslösen musste.  
Die nachstehenden Fotografien zeigen das Maibaumsetzen alljährlich am Vorabend des 1. Mai und das Rafenstehlen anlässlich des Dachstuhlsetzens beim Hausbau. Um den Dachstuhl fertig machen zu können, brauchte der Bauherr auch den letzten Sparren (Rafen). Er wurde ihm meist von den Nachbarn gestohlen und ins nächste Wirtshaus gebracht, wo ihn der Bauherr gegen „Trinkbares“ auslösen musste. Mädchen, die sich erwischen lassen, werden mit dem Kittel an den Rafen genagelt.  
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Bild:Maibaum1948.JPG|Der Maibaum 1948 vor dem Niedermoarhof
Bild:Maibaum1948.JPG|Der Maibaum 1948 vor dem Niedermoarhof
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Bild:Maibaum1954.JPG|Maibaumsetzen 1954 am Schmiedangerl
Bild:Maibaum1954.JPG|Maibaumsetzen 1954 am Schmiedangerl
Bild:Rafenstehlen1959.JPG|Der Brauch des Rafen (Sparren) Stehlens wird nach wie vor gepflogen, hier 1959.
Bild:Rafenstehlen1959.JPG|Der Brauch des Rafen (Sparren) Stehlens wird nach wie vor gepflogen, hier 1959.
Bild:RafenAuslösen1959.JPG|Der Rafen muss vom Bauherrn ausgelöst werden. Mädchen, die sich erwischen lassen, werden mit dem Kittel an den Rafen genagelt.  
Bild:RafenAuslösen1959.JPG|Der Rafen muss vom Bauherrn ausgelöst werden.  
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==Öffentliche Bauprojekte==
==Öffentliche Projekte==
In der Gemeinde Nußdorf wurden einige Bauvorhaben mit Hilfe einheimischer Arbeitskräfte verwirklicht, von denen Fotografien erhalten geblieben sind. Der Ausbau des Nesselbaches bzw. Nußdorfer Baches 1927, der durch den Ort fließt und häufige Überschwemmungen verursachte. Der Bau der Reichsautobahn, die ursprünglich über die Westseite des Attersees geplant war. Und der Bau der öffentlichen Wasserversorgung.  
Ein historisches Vorhaben war der Bau der Reichsautobahn, die ursprünglich über die Westseite des Attersees geplant war. Die Arbeiten begannen 1939 und wurden kriegsbedingt und wegen geologischer Probleme wieder eingestellt. Das Lager beim Wieserbauer wurde zunächst für die Bauarbeiter errichtet, dann für den Reichs-Arbeits-Dienst und als HJ-Lager zur Wehrertüchtigung verwendet. Später wurden Kriegsgefangene untergebracht. Nach dem Krieg diente es als Flüchtlingslager.
 
Vom Ausbau des Nußdorfer Baches 1927 und vom späteren Bau der öffentlichen Wasserversorgung ab den 1960er Jahren sind Fotografien erhalten geblieben.  
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Bild:Bachausbau Nussdorf1927.JPG|Der Nußdorfer Bach verursachte vor seinem Ausbau 1927 häufige Vermurungen
Bild:ArbeiterReichsautobahn1939.JPG|Arbeiter für den Bau der Reichsautobahn 1939
Bild:ArbeiterReichsautobahn1939.JPG|Arbeiter begannen 1939 mit dem Bau der Reichsautobahn über Nußdorf, der mit dem Krieg wieder eingestellt wurde
Bild:Lager1938-1950-2.jpg|Das Lager beim Wieserbauer 1938 – 1950
Bild:Lager1938-1950-2.jpg|Beim Wieserbauer wurde ein Lager für die Bauarbeiter errichtet, das nach dem Krieg als Flüchtlingslager diente
Bild:Bachausbau Nussdorf1927.JPG|Die Verbauung des Nußdorfer Baches 1927
Bild:Quellenfassung1968.JPG|Arbeiten an der Ortswasserleitung in Nußdorf
Bild:Quellenfassung1968.JPG|Arbeiten an der Ortswasserleitung in Nußdorf 1968
Bild:Quellfassung1968.JPG|Quellenfassung für die Ortswasserleitung
Bild:Quellfassung1968.JPG|Quellenfassung für die Ortswasserleitung 1968
Bild:Quellenfassg1968.JPG|Einheimische Arbeitskräfte machten im Winter Grabungsarbeiten für die Wasserleitung
Bild:Quellenfassg1968.JPG|Einheimische Arbeitskräfte machten im Winter 1968 Grabungsarbeiten für die Wasserleitung
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Bild:TraktorAmerika1947.JPG|Der erste Traktor kam nach dem zweiten Weltkrieg zum Rosenauer (Hauserbichler) nach Nußdorf, ein benzingetriebener Minneapolis-Moline aus Minnesota USA.
Bild:TraktorAmerika1947.JPG|Der erste Traktor kam nach dem zweiten Weltkrieg zum Rosenauer (Hauserbichler) nach Nußdorf, ein benzingetriebener Minneapolis-Moline aus Minnesota USA.
Bild:TraktorMorizenbauer1955.JPG|1955 hatten die meisten Bauern bereits Traktoren
Bild:TraktorMorizenbauer1955.JPG|1955 hatten die meisten Bauern bereits Traktoren
Bild:Unimog1955-2.jpg|Beim Getreidemähen mit dem Ablegermähwerk, welches das Getreide garbenweise ablegen konnte, durften die Kinder den Unimog steuern – beim Niedermoar 1955
Bild:Unimog1955-2.jpg|Beim Getreidemähen mit dem Ableger-Mähwerk, mit welchem sich das Getreide garbenweise ablegen ließ, durften die Kinder den Unimog steuern – beim Niedermoar 1955
Bild:Traktor1956.JPG|Kinder waren von der neuen Technik besonders fasziniert - 1956
Bild:Traktor1956.JPG|Kinder waren von der neuen Technik besonders fasziniert - 1956
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== Quellen ==
== Quellen ==
* Walter Großpointner, Nußdorf - Heimatgeschichtliche Sammlung  
* Walter Großpointner, Nußdorf - Heimatgeschichtliche Sammlung  
* Manfred Hemetsberger, Nußdorf


[[Kategorie:Geschichte]]
[[Kategorie:Geschichte]]
[[Kategorie:Nußdorf am Attersee]]
[[Kategorie:Nußdorf am Attersee]]

Version vom 2. Dezember 2010, 21:10 Uhr

Ansicht von Nußdorf um 1910

Einleitung

Nussdorf am Attersee war bis ins 20. Jahrhundert vom bäuerlichen Alltag geprägt. Die Beschaffung der fundamentalen Lebensgrundlagen nahm den größten Teil der Zeit und der Arbeitskraft in Anspruch. Die zum bescheidenen Leben nötigen Dinge wurden weitgehend im Ort selbst hergestellt. Die gegenseitige Abhängigkeit bewirkte einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, der in Nachbarschaftshilfe, wie in Brauchtum und Festen seinen Ausdruck fand.

Mit dem Beginn des Fremdenverkehrs im 19. Jahrhundert kam die Bevölkerung schon früh mit bis dahin Unbekanntem in Berührung und reagierte sehr aufgeschlossen. Im Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895 steht vermerkt: „Welt Ausstellung in Wien war ich und der Gruber, Resch, Domibauer, Winterleittner in der Fronleichnams Wochen 1873“. Überregionaler Handel mit Produkten aus dem Dorf gehörte zur Normalität. Sägeholz wurde bis Wien und Budapest geflöst. Die Ursprünge einer heute noch bestehenden Gerberei am Nussdorfer Bach geht vermutlich bis ins 13. Jahrhundert zurück.

Bereits vor 1900 mieteten sich während der Sommermonate erholungssuchende „Sommerfrischler“ in die Bauernhäuser ein. Überwiegend gutsituierte Wiener Familien kamen mitsamt ihrem Bedienungspersonal nach Nussdorf. Darunter namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Auf landwirtschaftlich minderwertig angesehenen Seeufergrundstücken wurden die ersten Ferienhäuser und Villen errichtet. Der kaiserliche Diplomat Eugen Freiherr von Ransonnet-Villez (* 1838 Wien, † 1926 Nußdorf am Attersee) war ein Pionier des örtlichen Fremdenverkehrs. Er war der Gründer des Union Yachtclub Attersee, des ältesten Segelclubs Österreichs, und Initiator zahlreicher Tourismuseinrichtungen. Der Ransonnet-Themenweg, in Nußdorf vermittelt einen Eindruck von seinem Leben und seinem vielseitigen Wirken.

Walter Großpointner, der mit seiner Frau Elisabeth das Gasthaus „Dorfstube“ in Nußdorf am Attersee betrieb, sammelte über Jahrzehnte alte Ansichten, Fotografien und Texte aus Nussdorf und Umgebung. Sie erlauben einen Einblick in das dörfliche Leben in der Zeit von etwa 1860 bis 1960. Die Fotografien sind nach Themen und nach dem Alter geordnet und erläutert. So werden bei einigen Aufnahmen auch die Veränderungen im Lauf der Zeit deutlich.

Die Ansichten der Nußdorfer Häuser 1860 – 1960 und ihre Veränderungen sind in einem eigenen Artikel behandelt.

Die Dorfgemeinschaft

Die Nußdorfer „Herrenbauern“ schafften in der Früh die Arbeit an und gingen dann zum Bürgertag ins Wirtshaus, zum Bräu oder zum Fleischhacker. So mag es wohl im 19. Jahrhundert gewesen sein. Insbesondere nach 1945 hat sich die Lage stark und schnell verändert. Die wenigen Dienstboten, die vom Krieg heimkamen orientierten sich neu und suchten ein besseres Leben als Arbeiter in den Industriebetrieben der Umgebung. Durch die Hochkonjunktur wurde die Arbeitskraft für Tätigkeiten in der Landwirtschaft nicht mehr leistbar. Der einzige Ausweg war die Anschaffung technischer Hilfsmittel und ein extrem hoher Arbeitseinsatz der Bauernfamilie. Die maschinelle Ausstattung war noch nicht und die Dienstboten nicht mehr da.

Mit dem aufblühenden Tourismus, der in den 1970er Jahren seinen Höhepunkt erreichte, entstanden auf einigen Wiesen und Feldern am Seeufer große Campingplätze. Pensionen, Fremdenzimmer und Ferienwohnungen wurden gebaut, Hotels und Gasthöfe erweitert. Seit er Jahrtausendwende gibt es kaum mehr bewirtschaftete Bauerhöfe im Dorfgebiet von Nußdorf. Viele Wiesen und Felder sind verpachtet oder wurden als Bauland für Ferienhäuser verkauft. Ein Golfplatz ist zwischen Nußdorf und Attersee entstanden. Die Besitzer der stattlichen Höfe verdienen sich ihren Lebensunterhalt anderwärtig. Trotzdem ist ein gewisser gesellschaftlicher Zusammenhalt geblieben, wie die aktiven Vereine und die gemeinsamen Feste und Veranstaltungen zeigen.

Bäuerliches Arbeitsleben

Im und ums Haus

An jedem der Nußdorfer Bauernhöfe waren mehrere Dienstboten, Mägde und Knechte beschäftigt. Alljährlich zu Lichtmess, den 2. Februar, mussten sie vom Bauern „angehalten“, also zum Weiterverbleib im nächsten Jahr aufgefordert werden. Wurde ein Dienstbote an diesem Tag nicht angehalten, hatte er ohne weitere Aufforderung den Hof zu verlassen. Der Hausknecht oder „Hausl“ bei den Knechten und das „Hausmensch“ bei den Mägden teilten die Arbeit ein. Sie waren die Vorarbeiter bzw. Vorarbeiterinnen. Im Haus war viel zu tun. Die Stall- und die Hausarbeiten mussten verrichtet und das Vieh versorgt werden. Werkzeuge wurde großteils am Hof instand gehalten. Es wurde geschlachtet, das Fleisch aufgearbeitet, geselcht und konserviert, es gab weder Gefriertruhe noch Kühlschrank. Auf die Schlachtzeit freuten sich alle im Haus. Innereien, Blunzn (Blutwurst) und andere wenig haltbare Fleischteile wurden zu köstlichen Mahlzeiten verkocht.

Die Milch wurde mit der „Milchmaschine“ in Magermilch und Rahm geschleudert, zu Butter verarbeitet und die Magermilch an die Kälber verfüttert. Jeder Bauernhof hatte einige Milchkundschaften aus der Nachbarschaft, die täglich abends mit der „Milchpitschn“ die Milch holten. Die Hühnereier wurden in eine Kalkbrühe eingelegt um die Zeiten zu überbrücken, in denen die Hühner keine Eier in ihre Nester am Heuboden legten.

Auch das Brot wurde auf den Höfen gebacken. Obst und andere Früchte in Gläsern konserviert, zu Most gepresst oder zu Schnaps gebrannt. Kraut wurde gehobelt und zu Sauerkraut eingemacht. Aus den Bauerngärten kamen nicht nur die verschiedensten Gemüse und Gewürze, sondern nicht selten auch Heilkräuter und Blumen.

Neben der Land- und Forstwirtschaft mussten die Bauern noch die Molkerei, Metzgerei, Bäckerei, Obstbau, Gartenbau, Schnapsbrennerei, Instandhaltung aller möglichen technischen Hilfsmittel und die Tierhaltung beherrschen und oft sogar den teuren Tierarzt ersetzen. Dazu musste ein Bauer auch noch ein ausgezeichneter Kaufmann und Menschenkenner sein, sich rechtlich gut auskennen und alle seine Grundstücksgrenzen genau im Auge behalten. Um einen Bauernhof erfolgreich zu bewirtschaften, war ein enorm umfangreiches und vielschichtiges Fachwissen erforderlich. Ein komplexer, biologischer Mikrokosmos, der sich überwiegend selbst erhalten konnte. In mancher Hinsicht vielleicht ein Vorbild für die Zukunft.

Auf den Wiesen

Ein üblicher Bauernhof in Nußdorf hatte etwa 20 Stück Rindvieh und 10 Schweine zu versorgen, die von Frühjahr bis Herbst mit Gras und im Winter mit Heu und Grummet gefüttert wurden. Die Pferde bekamen noch Haferschrot dazu und die Schweine gedämpfte Erdäpfel. Zeitweise wurden zerschnitzelte Futterrüben (Runkel) dazu gemischt. Um das Heu im Frühsommer und das Grummet (Groamat) im Spätsommer als Wintervorrat auf den Heuboden zu bringen war mühsame Handarbeit erforderlich.

Auf den Feldern

Bei der Getreideernte, dem Droadmahn, war die Arbeit meist so verteilt, dass die Männer mit der Sense das Korn mähten, die Frauen banden die Garben zusammen und die Kinder mussten beim Kornmandl aufstellen die Garben aufrecht halten. Nach einigen Wochen und schönem Wetter wurden die Getreidegarben heim auf den Troadboden gebracht, wo sie bis zum Dreschen lagerten. Auf die abgeernteten Felder wurde Jauche und Mist ausgebracht (geadelt und mistgfiad), der Mist ausgebreitet (mistbroat), gepflügt (umgfahrn) und geeggt (brott). Im nächsten Frühjahr war wieder Zeit zum sähen. Neben Weizen, Roggen (Korn), Hafer, Gerste wurden auch Kartoffeln (Erdäpfel), Kraut und Futterrüben (Runkeln) angebaut. Für die Schulkinder rochen die umgefahrenen Felder nach Schulanfang.

Dreschen

Die Druschtage im Herbst waren eine Herausforderung für jeden Hof. Das Dreschen war nicht nur eine sehr staubige, sondern auch eine lustige Arbeit, bei der alle im Dorf zusammen halfen. Der Antrieb der großen, Dreschmaschine erfolgte mit einer Dampfmaschine über einen langen Lederriemen. Die Maschinen wurden mit Pferden von Hof zu Hof gezogen. Die jungen Mädchen waren stets Ziel von Späßen der Burschen. Alle Leute wurden verköstigt und am Abend wurde in der Stube musiziert, getanzt und gespielt. Der „Maschintanz“ wurde zur Tradition.

Wald- und Holzarbeit

Der Wald war die Sparkasse der Bauern. In der Zeit des Wiederaufbaues nach dem 2. Weltkrieg war Holz sehr gefragt und erzielte in den sogenannten Wirtschaftswunderjahren gute Preise. Das erleichterte den Bauern die teuren Anschaffungen für landwirtschaftliche Maschinen und die Finanzierung touristischer Einrichtungen. Die Wald- und Holzarbeit und das Holzfuhrwerk waren besonders bei Windwurfereignissen sehr gefahrvoll. Die Marterl für verunglückte Waldarbeiter in den Nußdorfer Wäldern geben Zeugnis davon.

Arbeitsleben der Handwerker

Neben den Bauernhöfen war das Handwerk, das oft gemeinsam mit kleinen Bauernsacherln betrieben wurde, ein wesentlicher Teil der Dorfgemeinschaft. Hier wurde hergestellt, was die Leute zum Leben brauchten. Die Müller, Bäcker, Schuster, Schneider, Tischler, Bau- und Zimmerleute, Lederer, Schmiede, Wagner, Säger, Köhler, Sattler, Schindelmacher und andere. Die Kaufleute im Ort, verkauften, was im Dorf selbst nicht hergestellt und oft über Bahn und Schiff herangeschafft wurde. Im Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895 wird neben dem bäuerlichen auch das handwerkliche Leben in Nußdorf sehr anschaulich beschrieben.

Brauchtum

Das Brauchtum hatte auch in Nußdorf viele Erscheinungsformen, auf die im Atterwiki mit eigenen Artikeln eingegangen wird, wie Bräuche beim Hausbau, Fronleichnamsfest, Heilige Grab, Segenszeichen der Bauern, Totenbräuche, Hochzeitsbräuche im Attergau.

Die nachstehenden Fotografien zeigen das Maibaumsetzen alljährlich am Vorabend des 1. Mai und das Rafenstehlen anlässlich des Dachstuhlsetzens beim Hausbau. Um den Dachstuhl fertig machen zu können, brauchte der Bauherr auch den letzten Sparren (Rafen). Er wurde ihm meist von den Nachbarn gestohlen und ins nächste Wirtshaus gebracht, wo ihn der Bauherr gegen „Trinkbares“ auslösen musste. Mädchen, die sich erwischen lassen, werden mit dem Kittel an den Rafen genagelt.

Öffentliche Projekte

Ein historisches Vorhaben war der Bau der Reichsautobahn, die ursprünglich über die Westseite des Attersees geplant war. Die Arbeiten begannen 1939 und wurden kriegsbedingt und wegen geologischer Probleme wieder eingestellt. Das Lager beim Wieserbauer wurde zunächst für die Bauarbeiter errichtet, dann für den Reichs-Arbeits-Dienst und als HJ-Lager zur Wehrertüchtigung verwendet. Später wurden Kriegsgefangene untergebracht. Nach dem Krieg diente es als Flüchtlingslager.

Vom Ausbau des Nußdorfer Baches 1927 und vom späteren Bau der öffentlichen Wasserversorgung ab den 1960er Jahren sind Fotografien erhalten geblieben.

Die Post - das Tor zur Welt

Das Postamt in Nußdorf wurde 1894 eröffnet und 2010 geschlossen. In den 116 Jahren seines Bestehens haben sich fundamentale Veränderungen vollzogen. War zu Beginn das Postamt gleichsam das informative Tor zur Welt, wurde sie von den Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung im 21. Jahrhundert vom Markt verdrängt.

Transport – Verkehr – Motorisierung

Wenige Errungenschaften haben das Leben der Menschen mehr verändert als die Motorisierung. Mit der Entwicklung vom Pferdefuhrwerk, zum Schiff, Motorrad, Automobil, Eisenbahn, bis zum Flugzeug wurde der erreichbare Horizont immer weiter. Nußdorfer kamen in die Welt hinaus, die Welt kam nach Nußdorf. Fremde Länder und Menschen wurden vertrauter.

Quellen

  • Walter Großpointner, Nußdorf - Heimatgeschichtliche Sammlung
  • Manfred Hemetsberger, Nußdorf