Forstwirtschaft: Unterschied zwischen den Versionen

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*[http://www.waldwissen.net Waldwissen - Informationen für die Forstpraxis]
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Version vom 17. Juli 2012, 15:56 Uhr

Waldpanorama über dem Attergau

Die Nutzung der Attergauer Wälder reicht bis zu den ersten Steinzeitsiedlern zurück. Von Forstwirtschaft kann man erst ab der Errichtung der Sudkessel zur Salzversiedung (Pfannhaus) in Ebensee im Jahre 1607 sprechen. Ab dieser Zeit wurden die Holzreserven des Attergaus, insbesondere der "Kaiserwald", heute Österreichische Bundesforste, zur intensiven Nutzung gebraucht.

Geschichte

Als sich die Gletscher der letzten Eiszeit zurückzogen und die Berg- und Seenlandschaft des Attergaues freigaben, breitete sich allmählich eine Vegetation mit dichter Bewaldung aus. Schon zur Jungsteinzeit (Neolithikum 5000-1800 v. Chr.) diente Holz nicht nur als Brennstoff und Hilfsmaterial für Werkzeuge sondern auch als Baustoff für Ansiedlungen am Attersee. Zeugnis davon geben die Feuchtbodensiedlungen[1] bzw. Pfahlbauten, von denen die ersten im August 1870 am nördlichen Ende des Sees entdeckt wurden. Sie stammen aus der Zeit von 4000 bis 1000 vor unserer Zeitrechnung.

Die Nutzung der Wälder hat sich im Lauf der Geschichte stark verändert, ist aber bis heute eine wichtige Einkommensquelle geblieben. Die urspüngliche Naturverjüngung durch Samenanflug der vorhandenen Baumarten wurde bereits sehr früh künstlich beeinflußt. Als Brenn- und Bauholz war die Fichte sehr begehrt und wurde in Baumschulen gezogen und gezielt angepflanzt. Vereinzelt wurde auch mit Holzarten aus Übersee experimentiert. So steht im Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895 vermerkt: Den 10 Mai 1891: Ein Amerikanisches Bäumchen genannt Douglas Tanne in Lexenblaim bei den Bergbäumen gesetzt. Dieses Bäumchen sieht der gewöhnlichen Tanne sehr ähnlich.

Waldfläche Mitteleuropas um 900
Waldfläche Mitteleuropas um 1900
Holzknechte beim Bau des Neuwegstübl in Nußdorf um 1930
Der Waldexperte Ing. Hans Kissling vom Österreichischen Lebensministerium bei der großen Fichte im Dexelbacher Plenterwald
Tanne im Hochwald

Das reichlich vorhandene und nachwachsende Naturprodukt Holz übte im Lauf der Geschichte einen sehr unterschiedlichen Einfluss auf das Leben der Menschen im Attergau aus. Die Veränderungen im Lauf der Jahrtausende betreffen sowohl den Wald als auch die Holznutzung. Urwaldbereiche ohne menschliche Einflussnahme, wie sie im niederösterreichischen Ötschergebiet erhalten geblieben sind, gibt es im Atterseeraum schon lange nicht mehr.

Die Wälder im Attergau, ursprünglich Allmende, also für jedermann frei nutzbar, wurden insbesondere mit dem Bau der 40 Kilometer langen Soleleitung von Hallstatt nach Ebensee und der Errichtung des Pfannhauses 1605-1607 als Brennholzlieferant für die Salzversiedung interessant. Kaiser und Grundherrschaft sicherten sich ausschließliche Besitzrechte. Bauern erhielten Nutzungsrechte (ÖBF-Einforstungsrechte), die später überwiegend mit Waldeigentum abgelöst wurden.

Die beiden Abbildungen aus dem Technischen Museum in Wien vergleichen den Waldbestand in Mitteleuropa um 900 und nach einem Jahrtausend um 1900. Die Rodungen während der Siedlungstätigkeit im Mittelalter und der hohe Holzverbrauch durch die spätere Industriealisierung führten zu einer erheblichen Verringerung der Waldflächen.

Holztransport

Eine wesentliche Rolle für die Nutzung des Holzes spielten die verschiedenen Formen des Holztransportes zu Land und zu Wasser, die in den Artikeln Holzfuhrwerk und Flößer ausführlich beschrieben sind.

Einkommensquelle

Veränderten sich Waldstruktur und Nutzungsformen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts nur langsam, so ging die Entwicklung in der Folge um so rascher voran. Mit dem hohen Holzbedarf für den Wiederaufbau der im zweiten Weltkrieg zerstörten Städte ab 1945 begann eine Industriealisierungswelle mit nachhaltigen Auswirkungen. Die holzverarbeitenden Betriebe, wie Sägewerke, Möbelfabriken, Tischlereien, Zimmereien und die Papier-, Zellstoff- und Faserindustrie boten bis dahin nicht gekannte Perspektiven. Menschen, die zuvor vorwiegend in der Landwirtschaft tätig waren, sowie viele Heimatvertriebene aus Osteuropa fanden in der aufstrebenden Holzwirtschaft eine neue Lebensgrundlage.

Waldbewirtschaftung im 20. Jahrhundert

Nach 1945 wurden die Wälder des Attergaues mit Forststraßen aufgeschlossen. Motorsägen, Traktoren, Holzerntemaschinen und Lastkraftwägen mit Ladekränen ermöglichten in der Folge eine intensive Waldnutzung. Vermehrt werden sogenannte Harvester[2] eingesetzt, die in den frühen 1980er Jahren in Skandinavien entwickelt wurden. Das sind zumeist mehrachsige Geländefahrzeuge, die mit einem hydraulischen Kran und verschiedenen Werkzeugen ausgestattet sind. Eine Bedienungsperson führt damit halbautomatisch, die Baumfällung, Entastung, die Längenaufteilung und die Sortierung durch. Zusätzlich können die anfallenden Äste zu Hackschnitzel zerkleinert werden.

Die Aufforstung der geschlägerten Flächen orientierte sich nach hoher Wuchsleistung und gefragten Holzarten. Das führte zur Bildung von Fichten-Monokulturen, die auf den Kahlschlagflächen angepflanzt wurden. Nach erheblichen Schadensereignissen wie Windwurf und Schädlingsbefall (Fichtenblattwespe, Borkenkäfer, Tannensterben) werden mehr Mischwälder mit einem hohen Artenreichtum vor allem an Kleinlebewesen angestrebt. Auch die waldverträgliche Anpassung des Wildbestandes ist ein Anliegen.

Die nachwachsende Holzmenge blieb jedoch in Summe größer als dessen Abholzung. Aus der Waldinventur 2000/02 geht hervor, dass im Bezirk Vöcklabruck noch um 189.000 Festmeter mehr Holz pro Jahr zuwächst als geerntet wird. Trotz Nutzung der Holzressourcen über Jahrhunderte hinweg, sowohl in den kleinen bäuerlichen als auch in den großflächigen Eigentümerstrukturen, kann der Zustand des Waldes im Attergau als zufriedenstellend und nachhaltig bezeichnet werden.

Im Wesentlichen unterscheidet sich die Bewirtschaftungsform der Wälder durch den Kahlschlag einerseits und die Einzelstammentnahme, den sogenannten Plenterwald, andererseits. Beim Kahlschlag werden größere Waldflächen abgeerntet und wieder künstlich mit Jungpflanzen aufgeforstet. Das ermöglicht den rationellen Einsatz von großen Erntemaschinen, Seilkränen und dergleichen.

Im Plenterwald werden einzelne, nach umfassenden Kriterien ausgesuchte Bäume entnommen. Die Naturverjüngung erfolgt durch Samenanflug des vorhandenen Baumbestandes, der mit den vorherrschenden Umweltbedingungen harmoniert. Das erfordert ein hohes Maß an Fachwissen, Sorgfalt und mühevoller Handarbeit. Diese Bewirtschaftungsform ist selten geworden aber nach wie vor im bäuerlichen Waldbesitz gebräuchlich. Sie setzt Naturverbundenheit und die Verantwortung über mehrere Generationen voraus. Solche Wälder sind heute Ziel wissenschaftlicher Lehrveranstaltungen. An vorbildliche Waldbesitzer werden Preise verliehen. Sie finden posthum Anerkennung, weil sie sich über Jahrzehnte wissenschaftlichen Vorgaben widersetzt haben, die sich überwiegend an einer Optimierung der Wuchsleistung orientierte. Ein umfassendes Umweltverständnis misst dieser bäuerlichen Gesamtsicht des Waldes im Nachhinein einen hohen Stellenwert bei.

Ein Beispiel dafür ist im Dexelbacher Wald zu finden. Er gehört zum Moar-Hof der Familie Bruckbacher in Dexelbach, in der Gemeinde Nußdorf am Attersee. In diesem Wald steht auch noch einer der größten Fichtenbäume Oberösterreichs.


Strukturveränderungen

Der internationale Wettbewerb gepaart mit der Verteuerung der menschlichen Arbeitskraft bewirkte auch in der Forstwirtschaft ab den 1960er Jahren einen fortwährenden Rationalisierungszwang. Sowohl in der Waldarbeit als auch in der Verwaltung.

Deutlich wird diese Entwicklung am Beispiel der Österreichischen Bundesforse[3]. Vor 1960 war noch in fast jeder Gemeinde des Attergaues ein Förster beschäftigt, der mit seiner Familie in einem Forsthaus wohnte und für meist mehr als 20 dauerbeschäftigte Forstarbeiter zuständig war. Vierzig Jahre später sind alle ehemaligen Forstverwaltungen des Attersee- und Mondseeraumes aufgelöst.

Die Arbeit in den Wäldern und der Abtransport des Holzes wird fast ausschließlich an selbständige Unternehmen vergeben, die mit modernsten und leistungsfähigsten Gerätschaften ausgestattet sind. Ebenso hat sich Waldarbeit zu einem bäuerlichen Nebenerwerb entwickelt. Bauern übernehmen Forstarbeiten für andere kleine und größere Waldbesitzer um ihre Maschinen rationell einzusetzen.

Über Jahrhunderte ausgeübtes Handwerk, altes Werkzeug mitsamt dem überlieferten Wissen über seine Handhabung gerät in Vergessenheit. Menschen, die all das noch aus eigener, unmittelbarer Anwendung kennen, haben schon ein hohes Alter erreicht. Vieles ist nur mehr aus Erzählungen bekannt. Freiwillige haben bei der Schindelbaumstube eine alte Holzknecht-Sölln, in der die Holzknechte kochten und übernachteten, vor dem Verfall gerettet und wiedererrichtet. Dort sind auch alte Werkzeuge zu sehen und zwei Holzknechtmarterl zur Erinnerung verunglückte Forstarbeiter. Es ist ein lohnendes Wanderziel.

Verwandte Themen

  • Wald, Ökosysteme, Flora und Fauna
  • Waldinventur, Flächenbilanz, Eigentumsstruktur, Holzvorrat, Holzzuwachs, Holzarten, Holznutzung, Umwelt
  • Sonderfunktionen, Jagd, Tiergehege

Bildergalerie

Weblinks

Quellen

  • Wildholzweg Nußdorf
  • Technisches Museum Wien
  • Walter Großpointner - Heimatgeschichtliche Sammlung
  • Manfred Hemetsberger