Gesellschaftliches Leben

Das gesellschaftliche Leben war im Attergau von der Land- und Forstwirtschaft und vor allem vom kirchlichen Jahreskreis geprägt. Eine Veränderung erfuhr das Zusammenleben durch den aufkommenden Tourismus zum Ende des 19. Jahrhunderts.
Das gesellschaftliche Leben im Attergau
Ebenso wie im übrigen Österreich war bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts auch im Attergau ein großer Teil der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Die Beschaffung von Nahrung, Kleidung, Behausung, Werkzeug und Hilfsmittel erforderte einen hohen Einsatz an körperlicher Arbeit und nahm den Großteil der verfügbaren Zeit in Anspruch. Die „geistige Nahrung“ fand die Bevölkerung im religiösen Leben, im kirchlichen Jahreskreis, in Erzählungen, Mythen und Sagen. Öffentliche Pflichtschulen vermittelten die Kulturtechniken, Lesen, Schreiben und Rechnen sowie eine gewisse Allgemeinbildung. Eine musikalische Ausbildung wurde vorwiegend auf Initiative von Lehrkräften gepflegt und von den älteren Musikern an die jüngeren weiter vermittelt. Die gegenseitige Abhängigkeit bewirkte einen gesellschaftlichen Zusammenhalt, der in Nachbarschaftshilfe, sowie in Brauchtum und Festen seinen Ausdruck fand. Geburt und Sterben waren allgegenwärtig.
Überregionaler Handel mit Produkten aus den Dörfern und Märken des Attergaues gehörte zur Normalität.
Sommerfrische
Mit dem Beginn des Fremdenverkehrs im 19. Jahrhundert kam die Bevölkerung schon früh mit bis dahin Unbekanntem in Berührung. Im Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895 steht vermerkt: „Welt Ausstellung in Wien war ich und der Gruber, Resch, Domibauer, Winterleittner in der Fronleichnams Wochen 1873“.
Bereits vor 1900 mieteten sich während der Sommermonate erholungssuchende „Sommerfrischler“ in die Gasthöfe und Bauernhäuser ein. Überwiegend gutsituierte Wiener Familien kamen mitsamt ihrem Bedienungspersonal in die Orte um den Attersee. Darunter namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Die Sommerfrischlerfamilien waren den Sommer über fester Teil der Dorfgemeinschaft. Gemeinsam wurden Sommerfeste veranstaltet und von einer Plätte imposante Feuerwerke in den nächtlichen Atterseehimmel gezeichnet, die über dem ganzen See zu sehen waren.
In den Jahren nach 1945 erlangte der Fremdenverkehr eine über den ursprünglichen Sinn hinausgehende Bedeutung. Durch Kriegsschäden obdachlos gewordene Familien übersiedelten in ihre Ferienwohnungen. Für die Einheimischen wurden aus Sommerfrischlern Mitbürger. Dazu kamen Heimatvertriebene aus Ost- und Südeuropa, teils mitsamt ihren Pferdegespannen in die Attergaugemeinden. Die Heuböden der Bauernhöfe und die Kammern der Knechte und Mägde dienten als Unterkünfte. In die Barackenlager für Kriegsgefangene zogen Flüchtlingsfamilien ein. Der Artikel Nußdorf - Notquartier und Aufbruch versucht, dieses ungewöhnliche Stück Zeitgeschichte nachzuvollziehen.
Brauchtum - Vereine - Geselligkeit
Das Brauchtum hat im Attergau viele Erscheinungsformen, auf die im AtterWiki mit eigenen Artikeln eingegangen wird, wie Brauchtum im Jahreskreis, Bräuche beim Hausbau, Fronleichnamsfest, Heiliges Grab, Segenszeichen der Bauern, Totenbräuche, Hochzeitsbräuche im Attergau. Die religiösen Feste werden traditionell mit großer Anteilnahme der Bevölkerung begangen. Das kulturelle Leben wird überwiegend im kirchlichen Rahmen und von den verschiedenen Vereinen, Gruppierungen und im Zuge von bäuerlichen und handwerklichen Bräuchen getragen. Gesellige Treffpunkte sind Gasthäuser und Vereinslokale. Der Fasching ist Anlass für Bälle und Umzüge. Ebenso das Maibaumsetzen alljährlich am Vorabend des 1. Mai.
Bildergalerie
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Der Maibaum 1948 vor dem Niedermoarhof
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Auch die Kinder leisteten sich einen eigenen Maibaum 1953
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Maibaumsetzen 1954 am Schmiedangerl
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Der Brauch des Rafen (Sparren) Stehlens wird nach wie vor gepflogen, hier 1959.
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Der Rafen muss vom Bauherrn ausgelöst werden
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Zu Allerseelen wird beim Kriegerdenkmal der gefallenen Mitbürger gedacht
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33-jähriges Gründungsfest des Veteranenvereins 1912
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Vor dem 2. Weltkrieg gab es in Nußdorf einen sehr aktiven Turnverein
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Faschingszug von Zell nach Nußdorf 1926
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Faschingszug von Zell nach Nußdorf 1926
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Das Dilletantentheater Im Bräu-Saal 1931
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Eisstockschießen 1926 vor dem Roiderhaus
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Eine gesellige Runde beim Bräu 1926
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Die Kegelrunde beim Bräu 1930
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Gewerbefasching beim Bräu 1938
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Gau-Turnfest in Nußdorf
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Die neu formierte Musikkapelle gibt 1946 ihr erstes Osterkonzert auf der Bräu-Terrasse
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Die Musikkapelle Nußdorf um 1950
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Feuerwehrball am Faschingmontag 1952 beim Bräu
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Erstkommunion mit Frühstück im Pfarrhof 1950 mit Dechant Göschlberger
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Kindergartenkinder mit Tante Berta beim Umzug 1952 (Musikfest)
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Kindergarten in den 1950er Jahren
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Kinder spielen am Seeufer - 1950er Jahre
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Das Pfarrer Salettl, der Schihang der Nußdorfer Jugend in den 1950er Jahren
Rang & Namen


Der Attersee und der Attergau haben schon sehr früh eine Anziehungskraft auf Prominente ausgeübt. Fand sich die Aristokratie vornehmlich rund um die kaiserliche Sommerresidenz Bad Ischl zusammen, so errichtete sich der Geldadel seine Sommervillen häufig am Attersee. Mit ihnen trat auch die Kunst- und Kulturszene in Erscheinung. Im AtterWiki sind unter der „Kategorie: Villen“ deren Geschichte und Erbauer in eigenen Artikeln beschrieben.
Auf landwirtschaftlich minderwertig angesehenen Seeufergrundstücken wurden die ersten Ferienhäuser und Villen errichtet. Der kaiserliche Diplomat Eugen Freiherr von Ransonnet-Villez (* 1838 Wien, † 1926 Nußdorf am Attersee) war ein Pionier des örtlichen Fremdenverkehrs. Er war der Gründer des Union-Yacht-Club Attersee, des ältesten Segelclubs Österreichs, und Initiator zahlreicher Tourismuseinrichtungen. Der Ransonnet-Themenweg in Nußdorf vermittelt einen Eindruck von seinem Leben und seinem vielseitigen Wirken.
Der Armenarzt Viktor Adler, der am Parteitag vom 30. Dezember 1888 bis zum 1. Jänner 1889 im niederösterreichischen Hainfeld die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) gründete, verbrachte viele Sommerferien in Parschallen. Seine Frau Emma Adler (1858-1935) saß dem Maler Emanuel Oberhauser für ein Marienbild in der Pfarrkirche Nußdorf Modell. Dieses Bild wurde 1989 anlässlich des 100-jährigen Bestehens der SPÖ in Wien ausgestellt.
Ab den 1960er Jahren erlebte der Tourismus einen enormen Aufschwung und mit ihm kamen auch prominente Persönlichkeiten an den Attersee. Unter anderen erwarben der UNO-Generalsekretär, Außenminister und Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim und der erfolgreiche Zeitungsverleger Hans Dichand in Parschallen ihre Sommersitze direkt am See. Der "Kanzler der deutschen Einheit" Helmut Kohl und weitere Politiker aus aller Welt waren regelmäßige Besucher bei der Familie Waldheim. In den 1960er und 1970er Jahren verbrachte der Eiskunstläufer Karl Schäfer die Sommerferien in seinem Haus in Parschallen. Er gewann von 1929 bis 1936 sieben Weltmeistertitel und acht Europameistertitel in Folge. Olympiasieger wurde Schäfer 1932 in Lake Placid und 1936 in Garmisch-Partenkirchen.
Unter der „Kategorie: Künstler“ werden im AtterWiki Kunstschaffende in eigenen Artikeln beschrieben, die im Attergau geboren wurden oder hier gelebt und gewirkt haben. Darüber hinaus sei an die Schauspielerin Lotte Medelsky, die Schriftsteller Dora Stockert-Meynert, Fritz Stüber-Gunther und Heinz Konsalik erinnert. Konsalik (* 28. Mai 1921 in Köln, † 2. Oktober 1999 in Salzburg) erwarb in Aichereben hoch über dem Attersee ein Haus. Er war mit 155 Romanen und einer Weltauflage von über 83 Millionen einer der kommerziell erfolgreichsten deutschen Schriftsteller.
Bildergalerie
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Johann Beer - Schriftsteller und Komponist, * 1655 in St. Georgen im Attergau, † 1700 in Weißenfels
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Eugen Freiherr von Ransonnet-Villez (* 1838 in Wien, † 1926 in Nußdorf)
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Sigmund Walter Hampel (* 17. Juli 1867 in Wien/Reindorf; † 17. Jänner 1949 in Nußdorf)
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Ferdinand Matthias Zerlacher (* 10. März1877 in Graz; † 2. Jänner 1923 in Salzburg)
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Hubert Lechner (* 1903 in Wien; † 1990 in Nußdorf)
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Das Ehepaar Emma und Viktor Adler auf der Hochzeitsreise 1878
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Marienbild in der Pfarrkirche Nußdorf von Emanuel Oberhauser, für das Emma Adler als Modell diente
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Der Parteigründer der SPÖ, Viktor Adler, erholte sich in Nußdorf
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Die Familie von Dr. Kurt Waldheim wählte Nußdorf zu ihrer zweiten Heimat
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Karl Schäfer läuft mit dem Olympischen Feuer für München 1972 durch Parschallen-im Hintergrund Dr. Kurt Waldheim
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Der erfolgreiche Zeitungsherausgeber Hans Dichand verbrachte viele Sommerurlaube in Parschallen
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Christian Ludwig Attersee vor dem von ihm geschaffenen Gustav-Mahler-Mosaik in Steinbach am Attersee
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Gustav Mahler auf einer Briefmarke 1960
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Die Krauthäupl Musi gratuliert Nikolaus Harnoncourt zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft der Marktgemeinde St. Georgen im Attergau.
Quellen
- Walter Großpointner, Nußdorf - Heimatgeschichtliche Sammlung
- Manfred Hemetsberger, Nußdorf
- Krauthäupl Musi, Fotograf Peter Wurm
- Johann Rauchenzauner